Herr D. hat unter anderem einen Waschzwang. Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

Herr J. ist als Kind vom Lebensgefährten seiner Mutter missbraucht worden. „Mit zwölf Jahren war mein Leben zu Ende“, berichtet er. Heute ist Herr J. psychisch krank und leidet an Zwangsstörungen. Wie sieht sein Alltag aus?

Die Panik überfällt ihn schlagartig. Zum Beispiel, wenn das Telefon klingelt. Er läuft dann durch die Wohnung, tigert hin und her. „Ich zittere, habe Angst“, so schildert es Herr J. Er bittet darum, schriftlich interviewt zu werden. Telefonieren könne er nur schlecht, er bekomme Krämpfe, müsse auf die Toilette.

Die Sozialphobie, die jeden Supermarkteinkauf zur Tortur werden lasse, führt er auf seine Kindheit zurück. „Mit zwölf war mein Leben zu Ende“, berichtet der heute 52-Jährige. Der Lebensgefährte seiner Mutter habe ihn missbraucht, im Keller. „Ich hatte ein Radio bei ihm im Keller, wenn ich ganz lieb war, habe ich es für eine Stunde bekommen.“

Er schläft im Sitzen und nicht mehr im Bett

Wann er mal glücklich gewesen sei? Vielleicht davor, meint Herr J., der seit Jahren an Depressionen und einer Zwangsstörung leidet. „Ich schaukel mehrere Stunden hin und her, wenn ich nicht gerade mit Duschen beschäftigt bin.“ Seit Jahren schlafe er nicht mehr im Bett, sondern im Sitzen. Im Bett holten ihn die Bilder von damals ein. Ein weiterer Zwang: Er beruhigt sich selbst, indem er zählt. Immer wieder zähle er bis zehn. Seit rund vier Jahren hat Herr J. einen diagnostizierten Waschzwang – ein ärztliches Attest liegt der Aktion Weihnachten vor. An schlimmen Tagen muss er alle ein bis zwei Stunden für eine Stunde unter die Dusche. Er benutzt eine Stoppuhr. Aktuell schaffe er es, alle drei Stunden für eine halbe Stunde zu duschen. An einer Stelle hinten am Hals müsse er sich zudem ständig kratzen. Sein Peiniger habe ihn dort geküsst.

Einkaufen gehe er immer morgens um 7 Uhr, wenn der Laden noch möglichst leer ist. Er habe einen Bekannten, der ihn zum Arzt fahre. „Ich brauche sehr lange, bis ich jemand an mich ranlasse und ich jemand vertrauen kann.“ Eine gesetzliche Betreuerin kümmert sich um die Finanzen von Herrn J., der den Realschulabschluss und eine Ausbildung zum Werkzeugmacher geschafft hat.

Er passt nicht mehr in seine Kleidung

Gearbeitet habe er aber nie in diesem Beruf. Er war Fensterbauer, danach hat er seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr geleistet. Im Anschluss war er in einer Spedition angestellt. Weil er lange krank war, sei er nach neun Jahren entlassen worden. Danach fing er an zu trinken, machte zweimal einen Entzug. „Seit zehn Jahren bin ich trocken“, schreibt Herr J. Er habe – ausgerechnet – am Todestag seiner Mutter aufgehört mit dem Trinken. Aber dann ging es mit den Tabletten los. Er hatte Schlafstörungen, nahm Schlafmittel. Einmal schluckte er so viele Pillen, dass er unter der Dusche einschlief. Nachbarn riefen die Polizei. Als die kam, stand schon die ganze Wohnung unter Wasser.

Er machte wieder einen Entzug, nimmt keine Schlafmittel mehr. Allerdings hat er seine Zwänge mit Essen kompensiert und 30 Kilogramm zugenommen. Er passt nicht mehr in seine Kleidung, deshalb hat seine gesetzliche Betreuerin bei der Aktion Weihnachten einen Satz Kleidung beantragt. Auch Handtücher und einen Balkonstuhl wünscht sich Herr J. Im Sommer könnte er sich dann auf den Balkon setzen, um sich hoffentlich etwas von seinen Zwängen zu erholen. Zudem benötigt Herr J. einen Esstisch. Die Aktion Weihnachten will dem 52-Jährigen seine Wünsche erfüllen.

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