Sarah Kürschner trifft sich einmal die Woche mit Dilhat zum Lernen. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Viele geflüchtete Kinder und Jugendliche benötigen Unterstützung beim Lernen. Die Awo hat deshalb das Projekt „Hausi Heroes“ ins Leben gerufen, dessen Finanzierung jedoch ausläuft. Dabei steigt der Bedarf nach Lerntandems. Wir wollen helfen.

Man kann sich kaum vorstellen, dass Dilhat mal Schwierigkeiten hatte in der Schule. „Er übt mit Mesut. Übt er mit Mesut?“, liest der zehn Jahre alte Junge flüssig die Übungssätze aus seinem Deutschheft vor. Die Aufgaben zu „Subjekt und Prädikat“ hat er alle erledigt – und das ohne Probleme. „Sarah hat mir ja vorher erklärt, wie es geht“, sagt Dilhat. Die Studentin Sarah Kürschner kommt einmal in der Woche in die Flüchtlingsunterkunft in Untertürkheim, in der Dilhat lebt, um ihn bei den Hausaufgaben zu unterstützen und mit ihm zu spielen. Sie engagiert sich als Mentorin bei dem Projekt „Hausi Heroes“ des Flüchtlingssozialdiensts der Stuttgarter Arbeiterwohlfahrt (Awo).

„Toll!“, findet Dilhat die Hausaufgabenhilfe. Vorher habe er oft nicht gewusst, was er eigentlich machen sollte, sagt er. Zumindest in Deutsch. Mathe ist ihm immer schon leichtgefallen. Da könne ihn zudem sein Vater unterstützen. Bereits seit sieben Jahren lebt die Familie, die aus dem Irak geflüchtet ist, in dem Systembau ohne eigene Küche und eigenes Bad: die Eltern, die Großmutter und die drei Kinder. Weil bei Dilhat und seinen Geschwistern im Zimmer kein Platz zum Lernen ist, treffen sich Sarah Kürschner und der Viertklässler immer im Gemeinschaftsraum. Nicht nur Dilhat profitiere übrigens, betont die Studentin, sondern sie selbst auch. Sie habe vorher keine Berührungspunkte mit geflüchteten Kindern gehabt. „Es ist für mich eine schöne Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln und mich weiterzuentwickeln“, sagt die 28-Jährige.

40 Lerntandems pro Jahr

„Hausi Heroes“ hat die Awo als Reaktion auf die Coronapandemie in Kooperation mit der Hochschule für Technik in Stuttgart entwickelt. Die Gemeinschaftsräume waren gesperrt, alle Gruppenangebote fielen weg, das Ehrenamt sei zusammengebrochen, dazu kam das Homeschooling, erinnert sich die Projektkoordinatorin Laura-Marie Krieg an die Ausgangslage. Verzweifelte Eltern klopften an die Türen der Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen, weil sie ihren Kindern nicht helfen konnten. So seien sie auf die Idee mit den Lernpatenschaften gekommen.

Im Jahr vermittelt Laura-Marie Krieg rund 40 Patenschaften für Kinder, die in von der Awo betreuten Unterkünften leben. Der Bedarf sei viel größer, die Warteliste lang. Die Hochschule für Technik stellt zum Großteil die Ehrenamtlichen. Den Studierenden wird das Engagement im Rahmen eines Praxissemesters angerechnet. Weitere Ehrenamtliche sind willkommen.

Die Nachwirkungen der Schulschließungen seien immer noch spürbar, berichtet die Sozialpädagogin Laura-Marie Krieg. Viele Kinder hätten Lernlücken. Und dann gebe es solche, die sehr motiviert und ehrgeizig seien, wie zum Beispiel Dilhat, wo es wichtig sei, auch dieses zu fördern. „Wir wollen auch helfen, Talente zu entdecken“, sagt Krieg. Sie hat das Projekt mithilfe von Kurzinterviews evaluiert: „Es gab keine Negativmeldung, alle haben gute Erfahrungen gemacht.“ Der Studentin Sarah Kürschner gefällt an dem Projekt, dass es „so viel mehr als Hausaufgaben“ sei. Sie benötigt mehr als eine Stunde, um zu der Flüchtlingsunterkunft zu fahren, aber sie mache es „total gerne“. Dilhat sei nicht nur diszipliniert, sondern auch sehr motiviert. „Er lässt sich schnell mitreißen.“ Der Zehnjährige wiederum berichtet begeistert über gemeinsame Ausflüge – in die Wilhelma ging es schon, ins Porsche-Museum und in die Sprungbude zum Trampolinspringen. „Sarah ist meine erste Nachhilfelehrerin. Ich finde sie toll“, sagt er.

Auch Kinder und Jugendliche aus der Ukraine sollen profitieren

Weil die Projektförderung zum Januar ausläuft, hat sich die Awo an die Aktion Weihnachten gewandt. Der Bedarf an Lerntandems steige weiter wegen der vielen Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine, die ebenfalls Unterstützung bräuchten. Die Awo betreut eine Unterkunft für Menschen aus der Ukraine. Auf diese soll das Projekt ausgeweitet werden. Die Aktion Weihnachten will ihren Beitrag dazu leisten, damit möglichst viele Kinder und Jugendliche einen „Hausaufgabenhelden“ vermittelt bekommen.

So können Sie helfen

Konten
Die Aktion Weihnachten freut sich über Spenden. Wenn Ihr Name als Spender veröffentlicht werden darf, vermerken Sie das bitte unbedingt bei der Überweisung. Die Konten lauten: Baden-Württembergische Bank, IBAN DE04 6005 0101 0002 3423 40, Schwäbische Bank, IBAN DE85 6002 0100 0000 0063 00.

Ehrenamt
Wer sich für das Ehrenamt bei „Hausi Heroes“ interessiert und hierfür mindestens eine Stunde pro Woche an Zeit mitbringen kann, findet hier mehr Informationen: www.awo-stuttgart.de.