Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Benefizaktion  unserer Zeitung hilft bei sozialen Notlagen in Stuttgart. Der Bedarf wächst – glücklichweise auch die Solidarität, beobachtet Jan Sellner.

Das Fest der Liebe, auf das wir in großen Schritten zugehen, es wirkt so . . . unwirklich. So wir- und hier-bezogen. So aus dieser kriegerischen und krisenhaften Welt gefallen. Es wirkt so weit weg. Und in der Tat war und ist 2022 ein Jahr der Zumutungen. Es hat uns vor Augen geführt, wie dünn der Firnes der Zivilisation ist und wie groß die zerstörerische Energie sein kann, die darunter liegt. Es hat viele Probleme größer, statt, wie erhofft, kleiner werden lassen. Zu den Erfahrungen dieses Jahres gehört glücklicherweise auch, dass Menschlichkeit und Solidarität in Krisenzeiten nicht verschwinden, sondern – im Gegenteil – wachsen. Auch in Stuttgart war dies eindrucksvoll zu beobachten. Viele Engagierte packen mit an, zeigen Herzenswärme, helfen Menschen, die ankommen und solchen, die schon lange hier sind, aber nicht klarkommen.

Bilder, die man in Stuttgart lange nicht gesehen hat

In diesem Jahr ist sichtbar geworden, dass viele Menschen Hilfe brauchen – in der Ukraine und anderen Brennpunkten. Aber auch hier, in Stuttgart und der Region, weil wir nicht auf einer Insel leben, sondern die Wellen, die andernorts ausgelöst werden, wuchtig bis hierher rollen. Damit wächst die Bedürftigkeit, und bei denjenigen, die nicht bedürftig sind, wächst die Beklemmung – etwa beim Anblick der Schlangen vor den Tafelläden. Solche Bilder hat man im wohlhabenden Stuttgart lange nicht gesehen. Angesichts dessen darf man die Gründung des Vereins Aktion Weihnachten 1971 weitblickend nennen. Die Redaktion setzte damit ein Zeichen, dass die Stadt, über die sie berichtet, sie auch unmittelbar etwas angeht, besonders die Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind.

Ein halbes Jahrhundert nach ihrer Gründung ist die Benefizaktion wichtiger denn je – ablesbar an den steigenden Anfragen um Einzelfallhilfe, die uns über die Evangelische Gesellschaft oder die Caritas erreichen. Als Aktion Weihnachten haben wir uns daher entschlossen, die Linderung persönlicher Notlagen ins Zentrum der diesjährigen Spendenkampagne zu stellen. Zudem wollen wir soziale Projekte in der Stadt unterstützen und helfen, elementare Bedürfnisse zu stillen. Dazu gehören Schlafsäcke für Obdachlose.

Kleiner Verein mit großer Unterstützung

Das tun wir als kleiner Verein mit kleinem Aufwand und großer Überzeugung. Vor allem aber mit großer Unterstützung von Leserinnen und Lesern und Akteuren wie dem Stuttgarter Ballett und der John-Cranko-Schule. In der berechtigten Hoffnung, dass dies so bleibt, und mit dem Versprechen und mit einem herzlichen Dank im Voraus starten wir unsere Spendenkampagne, über die wir bis Weihnachten täglich berichten. Sie kann dazu beitragen, dass das Fest der Liebe weniger unwirklich erscheint. Und den Alltag bedürftiger Menschen besser zu machen.