Das Schlaflager eines Obdachlosen in Stuttgart Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Träger der Obdachlosenhilfe in Stuttgart haben bei der Aktion Weihnachten Alarm geschlagen. Vor dem Winterbeginn waren die Schlafsacklager leer. Der Verschleiß ist groß. Das hat viele Gründe.

Das Leben draußen auf der Straße ist hart, besonders im Winter. Ein Teil der Wohnungslosen darf nur bei Minustemperaturen in die Notunterkünfte. Andere halten es, weil sie psychisch krank sind, nur im Freien aus. Oder sie brauchen ihren Hund an ihrer Seite und gehen deshalb nicht in die Notunterkunft. Ein warmer Schlafsack ist da zwingend. Umso alarmierter waren die Träger der Obdachlosenhilfe, als sie bei der Sitzung der AG Tagesstätten im Oktober feststellten, dass die Stuttgarter Schlafsacklager leer waren – trägerübergreifend.

Normalerweise helfe man sich gegenseitig aus, berichtet die zuständige Fachdienstleiterin bei der Caritas Stuttgart, Miriam Schiefelbein-Beck. Doch alle seien gleichermaßen betroffen gewesen. In ihrer Not haben sich die Träger deshalb an die Aktion Weihnachten gewandt.

Schlafsäcke werden oft gestohlen

Warum es in diesem Jahr prekärer sei als sonst? Das frage man sich auch, sagt der Sozialarbeiter Kai Koch, der in der Tagesstätte Olga 46 arbeitet, wo Wohnungslose ihre Wäsche waschen, frühstücken und eine warme Mahlzeit zu sich nehmen können. Zudem gibt es dort eine Kleiderkammer und ein Schlafsacklager. Der Bedarf nach Schlafsäcken reiße nicht ab. Der Verschleiß sei immer groß – das könne man nicht vergleichen mit dem Gebrauch fürs Camping, erklärt Koch. „Die Leute haben keine Möglichkeit, sich vor dem Schlafengehen zu waschen, die Schlafsäcke verschmutzen schneller“, sagt er. Natürlich komme bei ihnen in der Tagesstätte auch mal ein Schlafsack in die Waschmaschine, aber dabei leide die Imprägnierung. Hinzu komme, dass immer wieder Schlafsäcke gestohlen werden. Da sei die Verzweiflung bei den Betroffenen natürlich groß.

Insgesamt haben die Träger 200 Schlafsäcke bei der Aktion Weihnachten beantragt – 100 für die Tagesstätten und 100 für die Zentrale Anlaufstelle (ZAS), die von der Evangelischen Gesellschaft und der Caritas betrieben wird. Die ZAS berät Menschen, die aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Stuttgart gekommen sind und hier wohnungslos oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Auf die Notunterkünfte können die Sozialarbeiter in der Regel nicht verweisen – die stehen dieser Klientel nur bei Minustemperaturen offen.

Bitte um warme Kleidung und Schuhe

Die Menschen, die sie berieten, kämen oft mit großen Hoffnungen nach Deutschland, berichtet die Sozialarbeiterin Viktoria Kasak von der ZAS. Oftmals seien es falsche Hoffnungen auf ein besseres Leben und auf Arbeit. Manche entschieden sich für die Rückkehr, wenn die Träume geplatzt sind. „Doch viele sagen, hier seien sie besser dran als im Herkunftsland“, erzählt Kasak. Das gelte auch, „wenn sie auf der Straße leben“.

Die Aktion Weihnachten hat die Anträge für die Schlafsäcke schon vor dem offiziellen Start der Benefizaktion bewilligt. Schließlich mussten die Bestellungen raus, damit die Lager vor dem Temperatursturz ausreichend bestückt sind. Aber nicht nur der Bedarf an Schlafsäcken ist in dieser Zeit groß in den Tagesstätten. Es fehlt auch an warmer, gebrauchter Kleidung. „Ein ganz großes Problem sind Schuhe für Herren in Größe 41 bis 43“, sagt Kai Koch. Man freue sich sehr über Kleider- und Schuhspenden. In der Olgastraße 46 kann Herrenbekleidung vormittags zwischen 7.30 und 13.30 Uhr abgegeben werden.

So können Sie spenden

Konten
Die Aktion Weihnachten freut sich über Spenden. Wenn Ihr Name als Spender veröffentlicht werden darf, vermerken Sie das bitte unbedingt bei der Überweisung. Die Konten lauten: Baden-Württembergische Bank, IBAN DE04 6005 0101 0002 3423 40, oder Schwäbische Bank, IBAN DE85 6002 0100 0000 0063 00. Sachspenden können wir aus logistischen Gründen leider nicht annehmen.