Eine Freundin hat Finja diesen Bären geschenkt als Glücksbringer. Foto: Viola Volland

Finja ist vor ihrem gewalttätigen Vater ins betreute Wohnen geflohen. Inzwischen ist sie 19 Jahre alt. Im Sommer will sie nach dem Abitur ins Ausland, das Stipendium hat sie schon in der Tasche. Doch es gibt ein Problem.

Finja hat nicht viel mitgenommen in ihr neues Zuhause auf Zeit: vor allem Kleidung und Schulsachen. Seit einigen Wochen lebt sie in der Einrichtung für Mädchen und junge Frauen in einem möblierten Zimmer. Sie zieht einen kleinen grauen Bären aus dem Regal. „Den hat mir eine Schulfreundin geschenkt, er soll mir Glück bringen“, sagt Finja, die eigentlich anders heißt.

Die ehrgeizige 19-Jährige hat viele Pläne, aber auch viele Sorgen. Vor drei Jahren wandte sie sich ans Jugendamt und rief um Hilfe, weil sie es zu Hause nicht mehr aushielt. „Mein Vater ist Alkoholiker und Narzisst“, erklärt sie, „ich war der Sündenbock für alles.“ Kleinigkeiten führten zu Wutausbrüchen, mündeten in verbale, aber auch in körperliche Gewalt. Die psychische Gewalt sei dabei für sie am schlimmsten gewesen. Er habe alles kontrollieren wollen. „Ich durfte nicht mal mit meiner Mutter alleine einkaufen!“ Wenn sie mal eine U-Bahn verpasste nach der Schule, habe es Ärger gegeben.

Der Vater wollte nicht, dass die Tochter aufs Gymnasium geht

Dennoch brachte sie immer gute Noten nach Hause. Sie hätte nach der Grundschule aufs Gymnasium gehen können. Aber der Vater erlaubte es nicht, sie musste auf die Realschule. Er hat selbst kein Abitur. Weil sie eine gute Schülerin war, hätten die Lehrkräfte kein Problem gesehen. Obwohl sie fast jeden Tag in der Schule geweint habe. Obwohl sie sich offenkundig geritzt habe. „Reiß dich einfach mal zusammen“, kommentierte eine Lehrerin ihrer Stuttgarter Realschule. Diesen Satz kann Finja nicht vergessen. Um Hilfe habe sie sich selbst kümmern müssen.

Es sei ihre „Entscheidung“ gewesen, wegen Depressionen stationär in die Kinder- und Jugendpsychiatrie zu gehen – 16 Jahre alt war sie da. Nach der Entlassung habe sie nicht mehr nach Hause zurückgewollt. Sie meldete sich beim Jugendamt.

Der Mitbewohner erinnert sie an ihren Vater

Finja kam in eine betreute Wohngruppe. Der Schutzraum tat ihr gut. Sie fühlte sich wohl in der Gruppe, verstand sich mit den anderen Jugendlichen. Nach rund einem Jahr war sie so stabil, dass sie in eine Verselbstständigungsgruppe ziehen konnte. Das ist eine WG ohne 24-Stunden-Betreuung, aber mit enger sozialpädagogischer Anbindung. Sie entwickelte sich weiter positiv – und zog im Frühjahr in eine „normale“ Studenten-WG. Doch schnell merkte sie, dass nur einer ihrer beiden Mitbewohner tatsächlich studierte, der andere entpuppte sich als Alkoholiker mit gestörtem Tag-Nacht-Rhythmus. Er erinnerte sie an ihren Vater – ausgerechnet. „Ich hatte Angst vor ihm“, sagt die Schülerin. Sie bekam Schlafprobleme, konnte sich tagsüber nicht mehr konzentrieren, schrieb schlechtere Noten. Als ihr vor einigen Wochen der andere Mitbewohner eröffnete, er ziehe aus, war ihr klar: „Ich muss raus.“

Dann kam auch noch eine Zahnarztrechnung

Seit Anfang Oktober lebt Finja in der Einrichtung für belastete junge Frauen. Sie fühlt sich wohl dort. Aber sie hat Geldsorgen. „Das ist wie ein Damoklesschwert“, sagt sie. Wegen des plötzlichen Auszugs musste sie einen Monat doppelt Miete zahlen, dazu kam eine Zahnarztrechnung über 900 Euro. Finja hatte wegen einer festen Spange stark kariöse Zähne. Die Schülerin lebt von Kindergeld und aufstockendem Hartz IV. Die Mitarbeiterin von St. Josef, die sich an die Aktion Weihnachten gewandt hat, fürchtet um die gute Entwicklung der Schülerin.

Nach dem Abitur will die junge Frau ein Freiwilliges Soziales Jahr im Ausland machen – möglichst in Südafrika oder Indien. Die Finanzierung ist bereits geregelt: Weil sie sich sozial für Kinder und Jugendliche in prekären Lebenslagen engagiert, hat sie schon ein Stipendium der Organisation Care Leaver International in der Tasche. Im Anschluss will sie studieren – Psychologie oder Soziale Arbeit. Die Aktion Weihnachten will die Zahnarztrechnung und die Monatsmiete aus der alten WG übernehmen, damit sich Finja auf die Schule und ihre Pläne konzentrieren kann.

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