Auch mit der Bahn kann Herr R. nicht fahren. Er fühlt sich eingesperrt. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Herr R. ist eigentlich ein geselliger Typ. Doch vor zwanzig Jahren, bei einer Fahrt mit dem Handballverein, erlitt er eine Panikattacke. Inzwischen weiß er, warum die Angst sein Begleiter wurde.

Stuttgart - Die Konzerttickets hat er noch. Metallica, die Ramones, die Rolling Stones – Herr R. hat viele legendäre Bands gesehen. Am liebsten hat er vorne gestanden – heute undenkbar für ihn. Herr R. leidet an Panikattacken. Er kann nicht einmal mit der Stadtbahn fahren, weil er sich eingesperrt fühlt.

Seine erste Panikattacke hatte Herr R. vor zwanzig Jahren, da war er Anfang 30, ein selbstbewusster Typ, ein Autoschrauber. Mit der Handballmannschaft war er auf Mallorca. An einem der feierlustigen Abende bekam er plötzlich Herzrasen. „Ich dachte, ich sterbe.“ Es war der Wendepunkt in seinem Leben.

Eltern ließen ihn nachts alleine

Die Angst wurde sein Begleiter – heute weiß er auch, warum. Mithilfe eines Psychotherapeuten ist er nach langer Leidenszeit dahintergekommen. Seine Eltern waren sehr jung, als sie ihn und seine Schwester bekamen. Sie ließen die Geschwister oft nachts alleine. „Wenn ich aufwachte, war niemand da.“ Die Angst, die er immer wieder als Kind verspürt hatte, habe ihn als Erwachsener eingeholt. Alkohol schien sie zu lösen. Zumindest, bis er wieder nüchtern wurde. Also war er immer seltener nüchtern.

Ein Psychiater verschrieb ihm einen Angstlöser, der schnell abhängig macht. An diese Zeit habe er gar keine Erinnerungen, obwohl er damals noch gearbeitet hat. Von dem Mittel ist er zuerst losgekommen, vor sechseinhalb Jahren dann auch vom Alkohol. Seither ist er trocken. Heute nimmt er nur noch Antidepressiva.

Die Serie „Pumuckl“ lieben beide

Doch vor dem Entzug kam es zum Tiefpunkt: Als sich seine Frau von ihm trennte, versuchte er, sich das Leben zu nehmen. Zu seiner Ex-Frau hat er heute ein gutes Verhältnis. Die beiden haben eine minderjährige Tochter. Sie sei sein Antrieb, wie Herr R. sagt. Außerdem habe er zwei feste Stützen im Leben: seine Schwester und seinen Schwager, die ihm zur Seite stehen. Seine Tochter ist jedes zweite Wochenende bei ihm, oft auch nach der Schule. Viel unternehmen könnten sie wegen seiner Probleme nicht, aber sie spielen gerne: Mensch ärgere Dich nicht, zum Beispiel. Oder sie gucken „Pumuckl“, das liebe sie. „Und ich auch.“

Seit einem Jahr arbeitet Herr R. in der Fahrradwerkstatt eines sozialen Trägers im Rahmen einer Maßnahme. Er wird geschätzt, weil er so zuverlässig ist. „Mir tut die Struktur gut.“ Er fährt selbst nur Rad. Ein Auto könnte er sich ohnehin nicht leisten. Er wohnt bescheiden in einer Einzimmerwohnung. Wenn seine Tochter bei ihm übernachtet, überlässt er ihr das Hochbett, schläft auf einer Matratze auf dem Boden. Seit ihm ein gutartiger Tumor an der Wirbelsäule entfernt wurde, hat er Rückenschmerzen. Herr R. wünscht sich ein Schlafsofa für die Besuche seiner Tochter. Und einen Schreibtisch, damit sie einen Ort hat, an dem sie Hausaufgaben machen – und er zeichnen kann. Das mache ihm Freude. Die Aktion Weihnachten will ihm die Wünsche erfüllen.

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