In einem Kreativworkshop hat eine Trauernde dieses Bild gemalt. Foto: Hospiz Stuttgart/Martina Reinalter

Mit der Trauer nicht alleine sein – wie wichtig das ist, berichtet eine Stuttgarterin, die ihren Mann verloren hat. Sie hat in der Trauergruppe des Hospizes Halt gefunden. Die Aktion Weihnachten ermöglicht, dass das Angebot weitergehen kann.

Stuttgart - Einige Lieblingskleidungsstücke hat Maria Müller (Name geändert) aufbewahrt: das letzte Paar Schuhe ihres Mannes und den Anzug, den er trug, wenn sie ins Theater gingen. Das meiste hat nun ein türkischer Schneider aus der Nachbarschaft. Der meinte einmal zu ihr: „Ich gehe in den Schuhen gut, und ich schlafe gut – Ihr Mann muss ein guter Mann gewesen sein.“ Bei der Erinnerung muss Maria Müller schlucken.

Ihr Mann ist vor zwei Jahren an Krebs gestorben. Knapp 55 Jahre waren sie verheiratet. Diese Lücke ist nicht zu füllen. „Der ganze Resonanzboden ist weg“, sagt sie. Es fehlt das Gegenüber. Die Fragen des Alltags muss sie mit sich selbst ausmachen. Und auch die eigene Vergänglichkeit wurde ihr bewusster.

Geschulte Ehrenamtliche leiten die Gruppen

Maria Müller sitzt aufrecht auf ihrem Stuhl im Hospiz Stuttgart. Die Einrichtung bietet Trauergruppen an – und in diesen hat auch Maria Müller Halt gefunden. Zwei Gesprächsgruppen hat sie besucht, nun ist sie in der Phönix-Gruppe für gemeinsame Unternehmungen. „Ich kann die Trauergruppen nur empfehlen“, sagt die 80-Jährige. Geschulte ehrenamtliche Trauerbegleiterinnen leiten die Gruppen, die sich im Hospitalhof treffen. „Jeder kann sprechen, ohne Bewertung, das ist sehr heilsam“, sagt Maria Müller. Die Ehrenamtlichen beschreibt sie als „unglaublich kompetent“.

Einen Ort für die Trauer zu haben, das tue gut. Die Gruppe helfe, „mit dem Tod zu leben“. Jeder komme zu Wort, und wenn man mal nicht sprechen wolle, gehe auch das. Wer will, bekomme praktische Ratschläge. Wenn zum Beispiel der Verstorbene vor dem Tod seine Angelegenheiten nicht geregelt hat (was bei ihr nicht so war). Oder bei Konflikten. So habe sich eine Teilnehmerin mit den Schwiegereltern ihres verstorbenen Mannes verstritten – in der Gruppe habe sie „etwas Ruhe gefunden“. Maria Müller hat das zweite Trauerjahr härter getroffen als das erste. Die Endgültigkeit des Abschieds sei noch einmal hochgekommen. Anderen geht es ähnlich. Auch das eine wichtige Erfahrung.

Die Pandemie verschärft den Schmerz

Maria Müller stieß im Mai 2020, während der Coronapandemie, zur Trauergruppe. Der Lockdown hat die Seniorin nicht zusätzlich belastet. „Theater, Kino, ich habe das nicht gebraucht“, sagt sie. Das sei sehr unterschiedlich, sagt Martina Reinalter, die die Trauergruppen für Erwachsene koordiniert. „Es gab auch die, die verzweifelt sind, weil ihnen die Struktur fehlte.“

Martina Reinalter berichtet von Schicksalen, die die Pandemie mit sich gebracht hat: wie das einer Trauernden, deren Eltern im Ausland lebten. Sie musste sich per Videocall verabschieden, konnte nicht zur Beerdigung fliegen. Vielen habe es zugesetzt, dass ihre Angehörigen ihre letzten Lebenstage isoliert im Krankenhaus verbringen mussten. Hätten sie mehr um den Besuch kämpfen müssen? „Da kommt zur Trauer ein Paket an Schuldgefühlen dazu“, sagt die Trauerbegleiterin. Auch die Beerdigung im kleinen Kreis ohne Umarmung und ohne Leichenschmaus trug nicht zur Verarbeitung bei. Auch dieser Schmerz wird in den Trauergruppen aufgearbeitet.

Trauergruppen müssen über Spenden finanziert werden

Neben den Gruppentreffen und den Unternehmungen gibt es Kreativworkshops für die Trauernden. Die Angebote müssen jedoch über Spendenmittel finanziert werden. Die Aktion Weihnachten trägt dazu bei, dass die Trauergruppen weiterlaufen und weiter Halt geben können.

Sie wollen helfen?

Spenden
Die Aktion Weihnachten freut sich über Spenden. Wenn Ihr Name als Spender veröffentlicht werden darf, vermerken Sie das bitte unbedingt auf der Überweisung. Die Konten lauten: Baden-Württembergische Bank, Iban DE04 6005 0101 0002 3423 40, oder Schwäbische Bank, Iban DE85 6002 0100 0000 0063 00.

Trauergruppen
Wer sich für die Trauergruppen interessiert: Kontakt per E-Mail an m.reinalter@hospiz-stuttgart.de, das Sekretariat des Hospizes ist unter der Telefonnummer 07 11/23 74 10 zu erreichen.