In der Krankenwohnung sollen sich die Menschen wohlfühlen. Foto: Sabine Kimmich

Sie seien wie eine Wohngemeinschaft auf Zeit, sagt die Pflegedienstleitung der Krankenwohnung der Diakoniestation Stuttgart. Den Gästen will die Einrichtung besondere Wünsche erfüllen, das Bedürfnis nach Zuwendung und Nähe sei groß.

Stuttgart - Ein schlimmer Sturz – und schlagartig ändert sich alles. Dann kann ein alter Mensch vielleicht nicht mehr zurück in die eigene Wohnung, weil sie im dritten oder vierten Stock liegt. Doch was ist, wenn sich gar nicht so schnell eine Alternative organisieren lässt, wie die Entlassung aus der Klinik ansteht? Das sei ein typischer Fall, bei dem sie einen Anruf aus dem Krankenhaus erhielten, berichtet Susanne Hermann, die die Pflegedienstleitung in der Krankenwohnung der Diakoniestation Stuttgart innehat.

Die Krankenwohnung gibt es seit 34 Jahren in Gablenberg. Man kann sie sich als eine Art Zuhause auf Zeit vorstellen – eingerichtet mit rustikalen Möbeln. Die Gäste sollen es „heimelig“ haben, sagt Hermann. „Als die Krankenwohnung gegründet wurde, gab es diese Art Angebot bundesweit noch nicht“, sagt Günther Tibke aus dem Vorstand der Stiftung Krankenwohnung. Diese wurde 1993 zur Unterstützung des besonderen Angebots gegründet, Träger ist die evangelische Petruskirchengemeinde. Inzwischen gibt es in Deutschland auch andere Angebote wie die Krankenwohnung, aber in Stuttgart sei der wohnungsähnliche Charakter bis heute ein Alleinstellungsmerkmal.

Eine Dame rief unter Tränen an

Acht Betten gibt es in der Krankenwohnung. Manche Gäste kämen nur für einige Stunden, andere für mehrere Wochen, sagt Hermann. Kürzlich beispielsweise kam der Anruf aus einer Klinik, ob sie eine Dame vorübergehend aufnehmen könnten. Sie konnte nicht mehr alleine zu Hause leben, die Kinder wohnten weit weg. Und man musste die Zeit überbrücken, bis im Norden ein Pflegeplatz gefunden sei. Da gerade ein Platz frei war, war das möglich. Oder es gibt die Fälle, wo ein pflegender Angehöriger Kraft tanken muss. Wie die Dame, die unter Tränen anrief. Seit acht Jahren pflege sie ihren an Demenz erkrankten Mann, der nachts sehr aktiv sei, habe diese ihr am Telefon erzählt. Sie könne ihn nicht weggeben nach 60 Jahren Ehe. „Aber sie wollte einmal wieder durchschlafen“, erzählt die Pflegedienstleitung. Allein zu wissen, dass ihr diese Option offensteht, wenn sie Erholung braucht, habe der Frau sehr viel bedeutet.

Ein pflegender Ehemann konnte zur Chorprobe gehen

Ein weiterer pflegender Angehöriger habe lange die Möglichkeit genutzt, seine an Demenz erkrankte Frau einmal die Woche am frühen Abend zu ihnen zu bringen, wenn er Chorprobe hatte. „Das war für ihn viel komfortabler, als immer jemanden zu organisieren“, sagt Hermann. Seine Frau habe bei ihnen gemütlich gevespert, dann wurde sie nach zwei Stunden abgeholt.

Die Pandemie beschäftigt aktuell Gäste wie Angehörige. Die Besuchszeiten sind wegen Corona eingeschränkt – Zeit und Umfang seien limitiert, erklärt Hermann. „Zum Teil leiden sie sehr darunter“, sagt sie. Da müssten die Mitarbeiter einen Extra-Einsatz erbringen. „Die Gäste brauchen mehr menschliche Zuwendung“, sagt sie.

Kleine Wünsche erfüllen

Vor diesem Hintergrund wollen sie ihren Gästen gerne kleine Wünsche erfüllen. Das kann eine Extra-Spielstunde mit der Pflegekraft sein, ein Spaziergang oder der Besuch eines Friseurs in der Einrichtung. Kürzlich hat eine Mitarbeiterin einer älteren Dame dabei geholfen, einen Blumenstrauß zu bestellen: Die Tochter lebt weit weg in Dortmund, ihre Mutter wollte ihr eine Freude zum Geburtstag machen.

Solche Extra-Wünsche wurden auch in der Vergangenheit schon finanziert: über die kirchliche Stiftung Krankenwohnung, die alles, was nicht von der Pflegekasse übernommen wird, trägt. Doch die Stiftung hat finanzielle Probleme. „Die Erträge aus dem Stiftungskapital sind auf null heruntergebrochen“, so Tibke. Die Aktion Weihnachten will einspringen, sodass die kleinen Wünsche weiter erfüllt werden können.

So können Sie spenden:

Die Aktion Weihnachten freut sich über Spenden. Wenn Ihr Name als Spender veröffentlicht werden darf, vermerken Sie das bitte bei der Überweisung. Die Konten lauten: Baden-Württembergische Bank, IBAN DE04 6005 0101 0002 3423 40, oder Schwäbische Bank, IBAN DE85 6002 0100 0000 0063 00.