Ehrenamtliche Krisenhelfer: Michael Kloss (links), Ralf Oberfell und Anja Rieger Foto: Lg/Max Kovalenko

Das Kriseninterventionsteam Stuttgart betreut Menschen unmittelbar nach stark belastenden Erlebnissen. Die Aktion Weihnachten will dem Dienst einen dringenden Wunsch erfüllen.

Stuttgart - Anja Rieger hat gerade ihre 24-Stunden-Bereitschaft abgeleistet. Zum Glück ist nichts passiert, das ihren Einsatz nötig gemacht hätte. Wie in den beiden Fällen, die ihr besonders in Erinnerung sind, weil es um Kinder ging: Das eine war schwer verletzt, das andere tot. Und die geschockten Eltern, Familie und Angehörige im seelischen Ausnahmezustand vor Angst und Sorge, Trauer und Verzweiflung. Seit mehr als fünf Jahren gehört die 29-Jährige zum Kriseninterventionsteam (KIT) der Johanniter mit 13 ehrenamtlichen Helfern. „Auf der Suche nach einem Ehrenamt habe ich das Johanniter KIT gefunden und mich dafür entschieden,weil man hier mit der bloßen Anwesenheit viel helfen kann“, berichtet die gelernte Physiotherapeutin.

An die 300-mal wurden die KIT-Helfer im vergangenen Jahr in Stuttgart gerufen. Sie kommen, wenn die Rettungssanitäter und Notärzte wieder gehen. Die Erkenntnis, dass man Menschen dann nicht allein sich und ihrem Schicksal überlassen dürfe, führte 1997 zur Gründung des Johanniter KIT Stuttgart. Und sie war auch für Ralf Oberfell vor 15 Jahren die Motivation, zu den Krisenhelfern zu wechseln, nachdem er vorher seinen Zivildienst als Rettungssanitäter bei den Johannitern geleistet hat. „Wir kommen nicht mit dem Arztkoffer“, sagt Oberfell (37), „wir sind einfach für diese Menschen in einer traumatischen Situation da und bringen Zeit, Empathie und die Bereitschaft zum Zuhören mit“. „Das ist erste Hilfe für die Seele“, umschreibt sein Teamkollege Michael Kloss diese Art der Therapie, in der Fachsprache Psychosoziale Notfallversorgung, kurz PSNV, genannt.

Mit den Menschen sprechen, bis sie wieder handlungsfähig sind

Das Team ist 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr einsatzbereit. Derzeit freuen sich die 13 Frauen und Männer auf einen Zugang von fünf neuen Ehrenamtlichen. Diese sind bereit, ein- bis zweimal im Monat 24 Stunden lang dienstbereit zu sein. Die schwierigen Einsätze in existenziellen Grenzsituationen zu meistern lernen sie in der Ausbildung.

„Die Menschen, die wir antreffen, verhalten sich völlig unterschiedlich“, erzählt Oberfell. Von völliger Apathie bis zum totalen Außer-Sich-Sein mit Schreien und Wüten müsse man auf alles gefasst sein. Wie damit umgehen? Auch das wird in Kursen gelehrt: „Wir beruhigen, helfen bei Orientierung, Wahrnehmung, gedanklicher Verarbeitung, sprechen über Gefühle und sind da, bis die Menschen wieder handlungsfähig sind“, versichert Oberfell. Zur Ausbildung gehören auch der medizinische Teil – „wir sind alle Rettungssanitäter“ – und die Unterweisungen in Recht und Versicherung sowie der Umgang mit Funkgeräten und Einsatzwagen.

Vom Helm über die Kommunikationstechnik bis zum Kindersitz

Das neue ehrenamtliche Quintett muss aber nicht nur das geistige Rüstzeug erhalten, sondern auch die nötige Ausrüstung mit Schutzkleidung: vom Sicherheitsstiefel bis zum Helm für den Einsatz am Unfallort, oft in Scherben und Trümmern. Und die nötige Kommunikationstechnik. „Gern würden wir unseren Rettungswagen mit einer Sitzheizung nachrüsten, auch ein Kindersitz ist dringend notwendig“, heißt es im Spendenantrag an die „Aktion Weihnachten“. Diese Wünsche würden wir gerne mit Hilfe unserer Leserinnen und Leser erfüllen.

Einer anderen Bitte kann allerdings nur die Stadt nachkommen: Dass die KIT-Helfer, die im 24-Stunden-Einsatz das Auto nahe ihrer Wohnadresse parken, um bei Alarm sofort losfahren zu können, nicht ständig Strafmandate zahlen müssen.

So können Sie für die „Aktion Weihnachten“ spenden:

Die „Aktion Weihnachten“ freut sich über Spenden: Wenn Ihr Name als Spender veröffentlicht werden soll, vermerken Sie das bitte bei der Überweisung. Die Spendenkonten lauten: Baden-Württembergische Bank, IBAN DE04 6005 0101 0002 3423 40, oder Schwäbische Bank, IBAN DE85 6002 0100 0000 0063 00.