Auf den Beipackzetteln und Taschentuchpäckchen sind Informationen abgedruckt, die Betroffenen helfen sollen. Foto: Horst Rudel

Einrichtungen und Apotheken im Landkreis Esslingen verteilen 13 000 Gratispackungen mit dem Aufdruck „Von Gewalt habe ich die Nase voll“. Damit machen sie auf das Tabuthema häusliche Gewalt aufmerksam und informieren über Hilfsangebote.

Landkreis Esslingen - Beipackzettel helfen nicht gegen Gewalt an Frauen. Sehr wohl aber, um auf dieses Thema aufmerksam zu machen und darüber zu informieren, wie man sich aus einer Gewaltbeziehung lösen kann. Eine solche Packungsbeilage sowie Papiertaschentücherpäckchen mit dem Aufdruck „Von Gewalt habe ich die Nase voll“ werden von diesem Freitag an in allen Apotheken im Kreis Esslingen ausgegeben.

Internationaler Gedenktag am 25. November

Denn der 25. November ist zum internationalen Gedenktag „Nein zu Gewalt an Frauen“ ausgerufen worden. An dem beteiligen sich im Landkreis alle Einrichtungen und Institutionen, die sich zur Unterstützung der von Gewalt Betroffenen zusammengeschlossen haben. Sie wollen auf das nach wie vor mit vielen Tabus besetzte Thema der häuslichen Gewalt aufmerksam machen. Zum Beispiel mit mehr als 13 000 Taschentuchpäckchen, die durch eine Kooperation mit den Apotheken initiiert worden sind und den Kunden eine Woche lang geschenkt werden. Die Tücher demonstrieren nicht nur das – mild ausgedrückt – Verschnupftsein über die Gewalt an Frauen. Nein, sie informieren mit ihren Aufklebern auch über die Beratungsangebote und die entsprechenden Kontaktdaten der Vereine Frauen helfen Frauen in Esslingen, auf den Fildern und in Kirchheim. Zusätzlich werden an diesem Freitag in Esslingen und Filderstadt, sowie am Samstag in Kirchheim und Nürtingen Informationsveranstaltungen zu dem Thema angeboten.

Laut einer Statistik hat in Deutschland jede vierte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt in der Partnerschaft erlebt. Im Landkreis Esslingen seien im vergangenen Jahr die Konflikte in Paarbeziehungen derart eskaliert, „dass die Polizei 394 Mal wegen häuslicher Gewalt ausrücken musste und 125 Wohnungsverweise ausgesprochen wurden“, heißt es in einer Mitteilung des Landratsamts. Von Übergriffen im eigenen Heim seien nicht nur Frauen, sondern auch viele Kinder betroffen – entweder direkt, oder als Zeugen. In jedem Fall aber seien die Auswirkungen auf deren Leben „gravierend“.

Frühzeitige Hilfe für Betroffene

Dennoch werde kaum über häusliche Gewalt gesprochen. Oftmals schämten sich die Betroffenen, und die Freunde, Nachbarn und Bekannten wollten sich „nicht einmischen“. Doch sei dies keine Privatangelegenheit, denn es wirke sich zerstörerisch auf alle Familienangehörigen aus.

Die Kooperationsnetzwerke der „Hilfen bei häuslicher Gewalt“ im Landkreis Esslingen nutzten deshalb den Gedenktag, um auf das Thema und die Angebote für Betroffene aufmerksam zu machen. Die Polizei, die Ordnungsämter, die Frauen- und Männerberatungsstellen, die sozialen Dienste des Landratsamts und der Großen Kreisstädte sowie die psychologischen Beratungsstellen arbeiteten eng zusammen, wenn es darum gehe, Betroffenen frühzeitig zu helfen. Um die Kooperation zu optimieren, waren vor rund sechs Jahren insgesamt fünf sogenannte Runde Tische im Landkreis etabliert worden, die sich um „Hilfen bei häuslicher Gewalt“ kümmern.

Stände in vier Städten

Veranstaltungen
In Esslingen informiert an diesem Freitagvormittag ein Stand auf dem Bahnhofplatz über das Thema „Häusliche Gewalt“. Die Veranstaltung auf dem Dr.-Peter-Blümlein-Platz in Filderstadt beginnt um 14 Uhr. Am Samstag gibt es von 10 bis 12 Uhr einen Stand unter den Arkaden des Kirchheimer Rathauses und in Nürtingen auf dem Marktplatz.