Einfach zugreifen und mit nach Hause nehmen: Andrea Ertz verschenkt Himmelsbilder aus aller Welt. Foto: Gottfried Stoppel

Von Afghanistan, Kalifornien und Island nach Waiblingen: Menschen aus aller Welt haben das Firmament abgelichtet und die Fotos ins Remstal geschickt. Am Samstag durfte sich in Waiblingen jeder sein Lieblingsbild mitnehmen – die Aktion wird am kommenden Samstag wiederholt.

Waiblingen - Welches Stückchen Himmel darf es denn sein? Das blaue mit weißen Schäfchenwolken stammt aus Indien, die tiefschwarzen Wolken vor einem dramatischen Abendrot sind in Kalifornien aufgenommen worden. Das Foto aus Israel zeigt tiefes Blau, keine Wolke weit und breit. Einfach zugreifen und ein Stück vom Himmel mit nach Hause nehmen: Am vergangenen Samstag sind in der Innenstadt von Waiblingen Poster am Schaufenster eines leer stehenden Ladens aufgetaucht. Mit Fotoecken waren darauf Himmelsfotos befestigt – Passanten durften zugreifen und sich ihr Stück Lieblingshimmel einpacken.

Genau das haben etliche Menschen prompt getan – und einige haben in einem kleinen Buch auch ihre Kommentare zur Aktion abgegeben: „tolle Idee“, „wunderhübsch“ und „ganz herzlichen Dank“ war da zu lesen. Ausgeheckt hat die Idee die Initiative Stadtideen, die in den vergangenen Jahren regelmäßig Aktionen in Waiblingen angestoßen und Passanten zum Hinschauen und Mitmachen animiert hat. Mal durften sie sich von einem geschmückten „Bienenbaum“ Döschen mit Blumensamen pflücken und aktiv zu mehr Artenvielfalt beitragen, mal in einem temporären Fundbüro für Nicht-Dinge Geschichten über Verluste und Funde abliefern, die aufgeschrieben und zu einem Buch gemacht wurden.

Eine Idee wird zum internationalen Projekt

Auf die Idee mit den Himmelsbildern ist Andrea Ertz vom Projekt Stadtideen schon vor einiger Zeit gekommen. Da hatte sie angefangen, ab und zu den Himmel zu fotografieren und schnell festgestellt: „Man schaut viel zu selten hoch.“ So entgehe einem viel, findet die Waiblingerin: „Je nachdem, wo man hinguckt, bietet sich ein völlig anderes Bild.“

Dann kam das Coronavirus, brachte einen Himmel ohne Kondensstreifen – und weltweite Probleme. „Das Virus macht ja an keiner Grenze halt und betrifft alle Menschen. So kam die Idee, aus den Himmelsbildern ein internationales Projekt zu machen“, berichtet Andrea Ertz. Sie hat sich im Freundes- und Bekanntenkreis umgehört und um Beistand von nah und fern für das himmlische Projekt gebeten. Das hat geklappt: Insgesamt 150 Fotos aus aller Welt sind so zusammengekommen – Bilder vom Himmel in Deutschland und der Schweiz, aber auch Schnappschüsse aus Mexiko und Island, Indien, Irak oder Syrien, Spanien, Panama und Gambia oder von den Marshallinseln.

Da die Aktion um mehrere Ecken lief, kennt Andrea Ertz viele der Fotografen gar nicht persönlich. Alle haben ihre Fotos mit dem Handy geschossen – und die Vielfalt der Bilder ist beeindruckend; keines gleicht dem anderen.

Alle leben unter dem gleichen Himmel

Stammt diese dramatisch in Knallorange gefärbte Wolkenformation aus Gambia, Island oder aus Deutschland? Und wo stand die Wolke, die einer Schnecke gleicht am Himmel? „Man kann nicht sehen, wo es aufgenommen worden ist“, sagt Andrea Ertz, „einen afghanischen Himmel kann man nicht von einem deutschen Himmel unterscheiden.“ Und genau darum gehe es bei der Aktion auch: „Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, das und die Menschlichkeit verbindet uns.“

Um die 20 Fotos haben Passanten am vergangenen Samstag mitgenommen. „Manche haben sich gescheut, ein Bild abzumachen“, erzählt Andrea Ertz – denn sie wollten die schöne Himmelsbilder-Collage nicht zerstören. Wer Lust bekommen hat auf ein Stück Himmel, der hat am kommenden Samstag – falls das Wetter mitspielt – nochmals die Gelegenheit dazu, sich eines in der Waiblinger Altstadt, im Bereich der Schmidener/Lange Straße abzupflücken. Danach will Andrea Ertz noch ein wenig herumreisen und Menschen in anderen Städten ein Stück Gratishimmel spendieren.

Mehr über das Projekt Stadtideen hier und hier