Immer weniger Kinder kommen zu Fuß zur Schule, viele werden mit dem Auto gefahren. Doch Elterntaxis sind ein Problem. Die Stadt versucht, gegenzusteuern.
Stolz halten die Drittklässer der Wilhelmsschule Wangen ihre bunten Plakate hoch. Auf diesen haben sie festgehalten, warum sie gerne zu Fuß zur Schule gehen. „Man hat bessere Luft“, ist auf dem einen Poster zu lesen. „Man macht dabei Sport“, steht auf einem anderen. Vor allem aber – und dieses Argument ist auf vielen der Bilder zu finden – macht es Spaß.
Dennoch werden immer mehr Kinder mit dem Auto gefahren. Kamen in den 70er Jahren noch 90 Prozent der Grundschulkinder selber zur Schule, geht laut Umfragen heute nur noch ein Drittel zu Fuß oder kommt mit dem Rad. Gleichzeitig ist der Anteil der Elterntaxis auf etwa ein Drittel gestiegen. Um diesen Trend zu stoppen, gibt es in Stuttgart seit 2016 das Projekt „Sicher zu Fuß zur Schule“, organisiert vom Ordnungsamt, dem staatlichen Schulamt, dem Polizeipräsidium und dem Förderverein Sicheres und Sauberes Stuttgart. In den beiden Aktionswochen sammeln die Kinder Punkte für jeden Tag, an dem sie selbstständig zur Schule kommen. Manchmal gibt es dafür kleine, von den Schulen organisierte Belohnungen, wie zum Beispiel eine Brezel zur Stärkung.
Eine Spende für die Koalas in der Wilhelma
In diesem Jahr habe auch zur Motivation beigetragen, dass der Verein Sicheres und Sauberes Stuttgart und die Württembergische Gemeinde-Versicherung für jedes teilnehmende Kind 50 Cent spende, sagte Andreas Passauer. Er ist Rektor der Wilhelmsschule und Beauftragter für Mobilität und Schulwegsicherheit. Das Geld kommt den Koalas in der Wilhelma zugute, weshalb die Scheckübergabe am vergangenen Dienstag vor der Terra Australis stattfand. 42 von insgesamt 69 Grundschulen haben sich in diesem Jahr an der Aktion beteiligt. Das waren 502 Klassen beziehungsweise 11 206 Kinder. So konnte eine Spende von 5603 Euro übergeben werden. Zudem wurden vier Klassen ausgelost, die Freikarten für die Wilhelma gewannen. Dies waren die 3A der Rappachschule, die 3A der Luginslandschule, die 3B der Grundschule Obertürkheim und die 3c der Grundschule Stammheim.
„Man merkt bei den Aktionswochen, welchen Spaß die Kinder daran haben, selbstständiger zu werden“, sagte Ordnungsbürgermeister Clemens Maier. Zusammen zur Schule und zurück zu laufen, schaffe Gemeinschaft. Vor allem aber „sollte man nicht vergessen, dass viele Gefahren im Verkehr rund um Grundschulen erst durch die vielen ankommenden, abfahrenden und kreuz und quer haltenden Elterntaxis entstehen“, sagte der Bürgermeister. Thomas Schenk ergänzte: „Ich wohne 50 Meter von einer Grundschule entfernt und sehe jeden Tag das Dilemma.“ Elterntaxis seien schlicht keine gute Idee, so der Leiter des Staatlichen Schulamts. „Zu Fuß gehen ist die sicherste und gesündeste Art, um zur Schule zu kommen. Außerdem haben die Kinder dann die ersten Gespräche schon geführt und können konzentriert in den Unterricht starten.“
Was die Polizei für die Sicherheit der Kinder tut
Hermann Volkert, der Leiter des Referats Prävention bei der Stuttgarter Polizei, erklärte den Kindern: „Wir betreiben einen großen Aufwand, um eure Schulwege sicherer zu machen.“ Wie genau die Polizei das mache, fragte der Polizeihauptkommissar. Indem sie den Verkehr regele, wenn mal eine Ampel kaputt sei, antwortete ein Mädchen. Und die meisten anwesenden Drittklässler konnten sich noch gut an das Schulwegetraining mit der Polizei in der ersten Klasse erinnern. Im kommenden Schuljahr steht für sie dann die Fahrradprüfung an.