Der imposante Turm war das Wohngebäude von Deutschordensrittern, der einzige Teil der Kirche, der den Stadtbrand überstand. 1713 wurde sie wiederaufgebaut. Foto: Gottfried Stoppel

Die Winnender Kirchengemeinde will aus der zentral gelegenen Kirche St. Bernhard einen Ort der Begegnung und der Andacht machen. Nun werden Förderer gesucht.

Winnenden - Die Evangelische Gesamtkirchengemeinde hat einiges vor mit der Kirche St. Bernhard. Zentral gelegen in der Altstadt ist das Gotteshaus heute schon an Markttagen Anziehungspunkt für Menschen, die einmal kurz inne halten wollen. „Die Andachten sind gut besucht“, sagt der Pfarrer Reimar Krauß während der Vorstellung der Pläne für das Gotteshaus. Dieses soll zu einem Ort der Begegnung werden, mit einem Café, einer Bühne, Ausstellungsräumen auf der Empore und nicht zuletzt einem Andachtsraum, wo Menschen während der ganzen Woche einen ruhigen Ort finden sollen. „Wir wollen die Kirche weiter erhalten und neues Leben in sie bringen. Das sehen wir als unsere Aufgabe an“, so Pfarrer Krauß.

Kalte Kirchen für die Katholiken

Dazu sind einige Baumaßnahmen nötig, wie Gerhard Paulus erklärt, der Leiter der Winnender Kantorei ist. Neben einer grundlegenden Sanierung der Kirche müssen auch eine Küche und Toiletten eingebaut werden, eine moderne Heizung ist ebenfalls notwendig. „Weil hier überhaupt geheizt werden konnte, war hier die Winterkirche, die Schlosskirche wurde nur im Sommer genutzt, da sie keine Heizung hatte.“ Aus diesem Grund teilten die evangelischen Christen nach dem Krieg mit ihren zugezogenen katholischen Glaubensbrüdern und Schwestern großzügig, aber nach Jahreszeiten ihre Gotteshäuser: Die Katholischen mussten im Winter in die kalte Schlosskirche, im Sommer „durften“ sie in die Stadtkirche.

Das städtische Gotteshaus ist zurzeit noch das Domizil der Evangeliumschristen, die in den 90er-Jahren einzogen. Diese Freikirchengemeinde will in ein neues Haus in Hertmannsweiler umziehen. Alles wirkt provisorisch im Inneren der Stadtkirche, denn die momentanen Nutzer haben darin trotz enger Verhältnisse einen Gemeinderaum abgeteilt und nutzen einen Teil der Empore als Abstellfläche.

Die Zukunft des Gebäudes ist seit Jahren ein drängendes Thema der Kirchengemeinde. Mit der Aktion „Bankraub“ machte sie 2014 darauf aufmerksam, indem ein Teil der Kirchenbänke spektakulär entfernt wurde. Der Wille, die Kirche weiter unter eigener Regie zu erhalten, ist vorhanden, was noch fehlt, ist das nötige Geld. Dieses soll eine Stiftung erbringen, die am 1. Dezember gegründet werden soll.

Stiftungsziel: 100 000 Euro

„Wir wollen bis Dezember 100 000 Euro für die Stiftung sammeln“, sagt Roland Dörr, der frühere Kulturamtsleiter der Stadt, der sich seit Jahren für die Kirche einsetzt ist und sich nun in der Stiftung engagiert. Deren Ziel sei langfristig, einen Betrag von 500 000 Euro zu generieren. „Mit diesem Betrag wäre die grundlegende Sanierung möglich“, sagt Reimar Krauß. Geplant ist eine unselbständige kirchliche Stiftung in der Trägerschaft der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Winnenden. Verwaltet wird sie von der Stiftung der Landeskirche Württemberg. „Diese konnte immerhin noch bis zu zwei Prozent an Gewinn erwirtschaften“, so Dörr auf die Frage, wie in Nullzinszeiten das Stiftungskaital Erträge bringen soll.

Stiften kann jedermann, wer 1000 Euro oder mehr in die Stiftung einbringt, ist sogar Gründungsstifter und wird auf der Stiftertafel genannt. „Es sind aber auch niedrigere Beträge möglich“, so Dörr. Die Stadt ist auch mit im Boot, allerdings nur, was den Turm betrifft. „Die Stadt hat sich 1888 verpflichtet, Turm, Uhr und Glocken zu erhalten“, sagt der Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth. Normalerweise halte sich die Stadt in kirchlichen Angelegenheiten zurück. „Doch hier ist das ehrenamtliche Engagement so groß und die Zukunft der Kirche für die Innenstadt so von Bedeutung, dass wir die Angelegenheit im Gemeinderat diskutieren werden“, so das Stadtoberhaupt während der Vorstellung der Pläne zu der auch die Vorsitzende des Kirchengemeinderates, Doris Bautz, und der Kirchengemeinderat Thomas Bartling erschienen waren.