Hans-Christoph Rademann Foto: BA

Das vierte Akademiekonzert der Bachakademie gestaltete deren Leiter Hans-Christoph Rademann mit der Gächinger Kantorei und der Akademie für Alte Musik Berlin. Auf dem Programm stand Bachs Johannespassion. Rademann zeichnete dies mit einem spannungsreichen Profil.

Stuttgart – Rademanns Tonwege

In der Leipziger Nikolaikirche dürfte am Karfreitag 1724 anlässlich der Erstaufführung von Bachs Johannespassion deren Eingangschor gleich ein wenig verstört haben: Der Trauerton eignet dem Eröffnungssatz des Werks nicht. Doch Bach hat den Kern des vierten Evangeliums richtig verstanden. Daher hat er auch der Christuspartie eine Souveränität eingeschrieben, die Jesus bis zum Tod am Kreuz gleichsam über den Dingen zeigt. Peter Harvey (Bass), der Sänger dieser Partie im IV. Akademiekonzert im Beethovensaal mit der Gächinger Kantorei und der Akademie für Alte Musik Berlin unter der Leitung von Hans-Christoph Rademann vermochte es eindrücklich, diese Persönlichkeit und Überlegenheit Jesu im Verhör vor Pilatus zum Ausdruck zu bringen. Allerdings hätte man sich auch Tobias Berndt (Bass) als Pilatus ein wenig mehr Individualität in der Zeichnung dieser Rolle gewünscht, um einiges ausdrucksintensiver und stimmlich weit biegsamer wusste er die Ariosi und Arien zu gestalten. Werner Güra (Tenor) wählte für die Rolle des Evangelisten einen differenzierungsreichen Erzählton, der von der wachen Continuogruppe des farbenreichen Orchesters vielfach noch eine feine Kommentierung erfuhr.

Dem Chor fällt im Verhör vor Pilatus und bei Jesu Kreuzigung die wichtige Rolle der Einwürfe der Volksmenge zu. Die Gächinger zeigten in der zunehmenden Raffung, die Rademann in den Evangelienbericht, die Rede und Gegenrede von Pilatus und Jesus wie auch des aufgebrachten Volks einbrachte, ein spannungsreiches Profil. Doch mancher der knappen Chorsätze hätte auch noch plastischer dargestellt werden können. Im Hohn und Spott im Chorsatz „Sei gegrüßet“ war das Orchester den Choristen mit den „spöttisch“ formulierenden Oboen jedenfalls fast noch überlegen. Sehr ansprechend traten die Sopranistin Joowon Chung und der Altus Benno Schachtner in Erscheinung.