Müll auf dem Akademiehof: Ludwigsburg zieht Konsequenzen aus den wilden Exzessen der jüngsten Zeit. Foto: Stadt Ludwigsburg

Gewalt- und Alkoholexzesse, sexuelle Übergriffe und Diebstähle: Das soll ein Ende haben. Ludwigsburg verbietet ab sofort an Wochenenden Partys auf dem Akademiehof – ab 23 Uhr ist Schluss.

Ludwigsburg - Lange genug haben sich die Stadt Ludwigsburg und die Polizei das nächtliche Treiben auf dem Akademiehof angesehen – und nun beschlossen, dass Appelle und mehr Kontrollen nicht mehr reichen. Gewalt- und Alkoholexzesse, sexuelle Übergriffe und Diebstähle, das soll nun ein Ende haben. Ab diesem Wochenende ist der Platz zwischen der Film- und der Kunstakademie freitags und samstags gesperrt.

Das sogenannte Verweilverbot gilt von 23 Uhr bis 6 Uhr. Der Akademiehof wird in dieser Zeit nicht abgeriegelt, Bauzäune, Absperrbänder oder gar Barrikaden wird man vergeblich suchen. Passanten dürfen ihn auch weiterhin in der Nacht queren, Autofahrer, die ihren Wagen in der Tiefgarage unter dem Platz abgestellt haben, ebenfalls – länger aufhalten, gar in Gruppen zusammensitzen, darf sich dort aber niemand mehr. Entsprechende Schilder an allen Zugängen weisen ab diesem Freitag daraufhin.

Wie lange gilt das Aufenthaltsverbot?

Für Ludwigsburg ist die Regel ein Novum, in der Barockstadt hatte zuvor noch nirgendwo ein Aufenthaltsverbot gegolten. Dementsprechend wichtig war es der Rathausspitze und der Polizei, erst einmal maßvoll vorzugehen. Der Oberbürgermeister Matthias Knecht (parteilos) geht davon aus, dass die Regelung rechtssicher ist, also auch der Prüfung durch ein Gericht standhalten würde.

Rathauschef Knecht wird nicht müde zu betonen, dass es wichtig sei, den Platz für Jugendliche und Studenten offenzuhalten. Allerdings ist der OB zunehmend genervt von den Hinterlassenschaften, für die auch friedliche Besucher verantwortlich sind. Vielleicht hilft die Maßnahme auch dabei, die Müllberge etwas zu reduzieren. Knecht nennt das Aufenthaltsverbot „verhältnismäßig“, unter anderem begründet er das damit, dass es nur am Wochenende und auch erst einmal nur bis zum 7. November gilt. Dann wollen die Beteiligten ein erstes Fazit ziehen. Gegebenenfalls wird das Verweilverbot verlängert – oder eben nicht.

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Hotelier Harald Kilgus kann das nicht ganz nachvollziehen, der „Zeithorizont“ ist seiner Meinung nach zu kurz. „Es kann doch nicht wahr sein, dass man jetzt das Problem innerhalb von drei Wochen löst, nachdem es seit zehn Jahren in der Welt ist.“ Kilgus vermietet wegen der unhaltbaren Zustände vor seinem Hotel Campuszwei, das an den Hof grenzt, derzeit an den Wochenenden keine Zimmer mehr. Der Geschäftsmann hatte die Schließung des Platzes zuletzt vehement gefordert, nachdem seiner Meinung nach zu wenig passiert war. In einem Brief an den Gemeinderat schilderte er seine Situation, das Gremium sprach sich anschließend mehrheitlich für schärfere Regeln aus. Dass Polizei und Verwaltung die Daumenschrauben bei Störern auf dem Akademiehof anziehen, ist also auch ein Stück weit Kilgus’ Verdienst.

Innenministerium hat zusätzliche Polizeikräfte bewilligt

„Wenn wir unseren Job an den kommenden Wochenenden richtig machen, dann sollte Ruhe sein“, sagt der Leiter des Ludwigsburger Polizeireviers Christian Zacherle. Bewerten wollen die Verantwortlichen das Verbot unter anderem daran, was vor 23 Uhr auf dem Platz los ist, und wie die Leute auf die Ansagen der Polizei reagieren.

Für Harald Kilgus ist das Verweilverbot ein „Schritt in die richtige Richtung“, er hätte sich aber einen früheren Beginn ab 22 Uhr gewünscht. Zacherle begründet die Entscheidung für 23 Uhr damit, dass es zuvor meist noch friedlich zugehe. „Oft kippt es gegen 23.30 Uhr“, sagt der Polizeioberrat. Diese Erkenntnis hat die Polizei aus Verhören gewonnen, die sie nach Auseinandersetzungen auf dem Akademiehof geführt hat.

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Dass sich nach 23 Uhr niemand mehr auf dem Platz aufhält, werden an den kommenden vier Wochenenden auch Beamte der Bereitschaftspolizei sicherstellen. Die Ludwigsburger haben einen sogenannten „Schwerpunkteinsatz“ beim Innenministerium angemeldet und auch bewilligt bekommen. Wie die zusätzlichen Beamten aus Göppingen über den 7. November hinaus zur Verfügung stehen – sollte das Verweilverbot weiter gelten –, muss evaluiert werden. Die Polizisten werden auch darauf achten, ob sich irgendwo anders in der Stadt größere Gruppen zusammentun – etwa auf der Bärenwiese, am Bahnhof oder am Arsenalplatz.

Helfen niedrigere Temperaturen?

Beamte hatten bei Einsätzen auf dem Akademiehof zuletzt zwar einen schweren Stand, teils wurden sie nicht mehr nur angefeindet, sondern auch attackiert. Von „rechtsfreien Räumen“ will Christian Zacherle aber nichts wissen. „Die Kollegen gehen und trauen sich nach wie vor überall hin.“ Dass Hemmschwellen gesunken sind, sei auch kein Ludwigsburger Phänomen. Ähnliche Vorfälle gebe es seit dem Ende der strikten Coronabeschränkungen auch in anderen größeren Städten im Land.

Stadt und Polizei hoffen, dass bei kälteren Temperaturen die Leute dem Akademiehof eher fernbleiben. Kilgus sagt: „Bisher hatte das Wetter kaum Einfluss auf das Treiben.“ Er will diesen Monat abwarten und dann entscheiden, ob er am Wochenende wieder die Kissen für seine Gäste aufschütteln lässt.