Auch diese US-amerikanischen A-10 werden vom bayerischen Lechfeld aus über die Region fliegen. Foto: Phillip Weingand

Am Montag beginnt eine der größten Militärübungen der Nachkriegszeit. Auch über der Region Stuttgart werden Kampfjets fliegen – was genau vor sich geht und mit welchen Einschränkungen zu rechnen ist, lesen Sie hier.

Die Nato-Übung Air Defender 2023 hat schon vor ihrem Beginn großes Aufsehen erregt – kein Wunder, immerhin soll es sich um die größte Verlegeübung von Luftstreitkräften seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs handeln. Am Montag startet das Manöver über Deutschland; die Region Stuttgart wird davon zumindest am Rande betroffen sein. Ein Überblick, mit was Anwohner zu rechnen haben und ob sich Flugreisende auf Komplikationen einstellen müssen.

Wo befinden sich die Lufträume im Südwesten, in denen das Militär übt? Der Großteil von Air Defender 2023 wird im Norden und Osten Deutschlands abgehalten. Die Vielzahl der Flugzeuge aus anderen Nationen wurde dort untergebracht. Allerdings befinden sich auch zwei der Übungslufträume im Süden. Einer davon beginnt etwa hinter der Grenze zu Rheinland-Pfalz und erstreckt sich bis über das gesamte Saarland. Hier werden die eigentlichen Kriegsspiele stattfinden. Der andere Luftraum liegt großteils über Bayern, berührt aber auch Teile der baden-württembergischen Landkreise Göppingen und endet in etwa an den Kreisgrenzen zu Esslingen und Rems-Murr. „Dieser Luftraum ist sozusagen unser Aufmarschgebiet“, sagt Oberstleutnant Jürgen Schönhöfer, der Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 in Neuburg an der Donau. Auch Luftbetankungen der Kampfjets werden hier stattfinden. „Wir benutzen für Air Defender in weiten Teilen jene Lufträume, die wir auch bisher für unsere Übungen genutzt haben.“

Inwiefern ist die Region Stuttgart von dem Manöver betroffen? Sowohl Stuttgart selbst als auch weite Teile der Region liegen in einem speziell eingerichteten Korridor, der die beiden südlichen Übungslufträume miteinander verbindet. Dieser beginnt etwas südlich der Autobahn A 8 und verläuft etwa parallel zu ihr, im Norden endet er in einer Linie zwischen dem Raum Heidelberg und dem Ostalbkreis. „In diesem Korridor werden keine Luftkämpfe und auch keine Luftbetankungen stattfinden“, betont Schönhöfer. Der Korridor, in dem sich unter anderem der Stuttgarter Airport befindet, werde nie komplett für zivile Flugzeuge gesperrt. „Wir werden dort lediglich auf genau definierten Flughöhen fliegen“, erklärt der Geschwaderkommandant. Flugbewegungen durch Kampfjets werde es geben, aber keine Tiefflüge. Bei klarer Sicht könnten durchaus Militärjets zu sehen sein. Mit einer großen Lärmbelastung rechne er aber nicht: „Vor allem die amerikanischen A-10, die von Lechfeld aus fliegen, sind nicht besonders laut.“

Kommt es wegen der Übung zu Verspätungen bei Flugreisen? Die Übungslufträume in Deutschland werden für die Übung niemals alle gleichzeitig, sondern wechselweise für Kampfflugzeuge reserviert. Dies geschieht mit zeitlicher Staffelung – in den südlichen Lufträumen wird beispielsweise von 13 bis 17 Uhr geflogen. Passagierflugzeuge müssen die betroffenen Gebiete zu diesen Zeiten umfliegen. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hat jüngst bekannt gegeben, dass Simulationen im Vorfeld gezeigt hätten, dass es wohl nicht zu Flugausfällen kommen werde. „ Flugverspätungen sowie verlängerte Flugzeiten dagegen werden unausweichlich sein“, heißt es in einer Mitteilung. Im Zeitraum der Übung werde die DFS ihr Personal „in außergewöhnlichem Umfang aufstocken“. Fluggesellschaften und Flughäfen seien schon früh mit allen relevanten Informationen versorgt worden.

Ist die Übung eine Reaktion auf den Krieg in der Ukraine? Angesichts der Ausmaße des Manövers und der angespannten politischen Situation weckt die Übung Air Defender natürlich Assoziationen zum Krieg in der Ukraine. Oberstleutnant Schönhöfer betont allerdings, dass die Übung keine Reaktion auf das Geschehen dort sei: „Die Planungen für Air Defender 2023 begannen schon im Jahr 2018. Damals gab es den Ukraine-Krieg noch nicht.“ Allerdings sei das Ziel der Übung auch, „zu zeigen, dass wir als Nato bereit sind, Deutschland und Europa im Ernstfall zu verteidigen. Das ist ein klares Signal – an wen auch immer.“

Flugzeuge welcher Luftstreitkräfte werden im Südwesten unterwegs sein? Im bayerischen Lechfeld südlich von Augsburg sind für die Übung sechs US-amerikanische Erdkampfflugzeuge vom Typ A-10C Thunderbolt sowie drei griechische F-16-Kampfjets stationiert. Aus Neuburg an der Donau werden deutsche und spanische Eurofighter fliegen, die ebenfalls den südlichen Luftraum für ihre Übungen nutzen werden. Scharfe Munition, versichert die Luftwaffe, werde dabei keines der Flugzeuge führen. Auch die Angriffsübungen der A-10 kämen ohne Explosionen aus.