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Kann Aids besiegt werden? Eine großangelegte Studie aus Thailand weckt Optimismus.

Bankok/Bonn - Kann Aids bald besiegt werden? Eine großangelegte Studie aus Thailand, bei der ein Impfstoff getestet wurde, gibt Anlass zu Optimismus. Das Risiko, an der Immunschwäche zu sterben, konnte um ein Drittel gesenkt werden.

Vor fast 30 Jahren trat das HI-Virus erstmals auf. Seither sind mindestens 25 Millionen Menschen weltweit an Aids gestorben. Nach wie vor gilt die Immunschwäche als unheilbar. Das Tückische an dem Erreger ist, dass er Abwehrzellen des Immunsystems befällt und sie zerstört. Der von der US-Armee in Auftrag gegebene Massentest in Thailand belegt nun, dass eine Infektion mit dem HI-Virus verhindert oder zumindest eingedämmt werden kann.

Der Impfstoff ist eine Kombination zweier seit mehreren Jahren bekannter Substanzen - Alvac von Sanofi-Aventis und Aidsvax von Vaxgen. Für die Studie schluckte die Hälfte der mehr als 16000 heterosexuellen Freiwilligen zwischen 18 und 30 Jahren das Kombi-Präparat, die andere Hälfte erhielt ein Placebo. In der Impfgruppe steckten sich 51 Personen mit Aids an, in der anderen waren es 74. Das bedeutet, 31 Prozent der Infektionen konnten verhindert werden - ein auf den ersten Blick mäßiges Resultat.

Experten feiern das Ergebnis dennoch als Erfolg. "Zum ersten Mal überhaupt hat eine Studie am Menschen gezeigt, dass ein Impfstoff eine Schutzfunktion aufbauen kann", sagte der geschäftsführende Vorstand der Deutschen Aids-Stiftung, Ulrich Heide, unserer Zeitung. "Das ist tatsächlich ein Durchbruch." Er wünsche sich, dass die medizinische Forschung davon beflügelt werde. Das Präparat wecke trotz der begrenzten Schutzfunktion Hoffnungen für die Wissenschaft, heißt es bei der UN-Organisation Unaids und der Weltgesundheitsbehörde (WHO). Ein sicherer und hocheffektiver Impfstoff könne Wirklichkeit werden.

Für Anthony Fauci, Forscher am Nationalen Institut für Allergie und Infektionskrankheiten (NIAID) der USA, ist das Ende des Weges noch nicht erreicht. Sein Institut hatte die Forschung mitfinanziert. Er sei überrascht, aber "sehr angetan" von den Ergebnissen. Alle ähnlichen Untersuchungen aus der Vergangenheit, von denen viele als erfolgversprechend galten, waren ohne positives Ergebnis geblieben. Viele Experten hatten daher befürchtet, dass niemals ein Medikament gegen Aids auf den Markt kommt. "Die Studie belegt das Gegenteil", freut sich Heide. "Es lohnt sich, in die Forschung zu investieren."

Allerdings sind noch viele Fragen offen. Wissenschaftler können sich bisher nicht erklären, warum gerade dieser Impfstoff die Ausbreitung von Aids unterdrückt. Eine weitere Hürde: Der Impfstoff wurde speziell für Subtypen des HI-Virus entwickelt, die in Südostasien und Amerika vorkommen. Ob die Substanz Unterarten des Erregers bekämpfen kann, die in Europa vorkommen, müsse die Forschung klären.

Heide ist ohnehin skeptisch, ob der Impfstoff in dieser Form jemals zugelassen wird. "Wir sind noch nicht am Ziel, die Effektivität von 31 Prozent ist nicht zufriedenstellend." Für Deutschland käme der Impfstoff mit so einer niedrigen Wirksamkeit nicht infrage. Er warnte vor falschen Erwartungen an eine rasche Heilung von Aids. Es dürften noch viele Jahre bis zur Einführung eines Präparats vergehen. "Wir müssen hierzulande auch weiter alle Anstrengungen in die Prävention stecken", fordert er.

Anders sieht es in Ländern aus, in denen die Immunschwäche besonders schlimm wütet, etwa im südlichen Afrika. Dort wäre selbst ein Impfstoff mit geringem Effekt eine große Erleichterung, wenn er denn dort funktioniert. Allein im Jahr 2007 infizierten sich 2,7 Millionen Menschen weltweit neu mit dem HI-Virus - die meisten auf dem Schwarzen Kontinent. Der Regensburger Aids-Forscher Ralf Wagner sagte gegenüber dem Deutschlandradio Kultur, dass der Impfstoff für den in Afrika vorkommenden Virentyp C sich möglicherweise als wenig erfolgreich erweisen könne.

http://www.aids-stiftung.de

http://www.unaids.org; http://www.who.int