Die Mitglieder der Ahmadiyya-Gemeinschaft suchen den Dialog: hier im Jahr 2018 in Waiblingen beim Tag der offenen Moschee. Foto:Archiv/Stoppel Foto:  

Die islamische Ahmadiyya-Gemeinschaft startet eine dreimonatige Aufklärungskampagne, bei der sie mit möglichst vielen Rems-Murr-Bürgern ins Gespräch kommen will.

Waiblingen/Rems-Murr-Kreis - Wenn Noor-ud-Din Ashraf seinen Dienst an der kostenlosen 24-Stunden-Hotline der islamischen Ahmadiyya-Gemeinschaft schiebt, dann klingelt das Telefon des Imam auch mal morgens um 2 Uhr. „Die Anrufer wollen vor allem etwas über den Islam erfahren und wofür unsere Gemeinde steht“, sagt der 26-jährige Theologe, der unter anderem die gut 300 Mitglieder der Waiblinger Ahmadiyya Muslim Jamaat betreut. Immer wieder muss der Imam aber auch Beschimpfungen über sich ergehen lassen. Das nimmt er in Kauf, denn der Dialog ist ihm und den Mitgliedern seiner Gemeinschaft wichtig.

Auch deshalb startet die Ahmadiyya-Gemeinde Deutschland nun eine dreimonatige Aufklärungskampagne, mit der sie Ängste beseitigen und Vorurteile abbauen möchte. „Wir wollen so viele Bürger wie möglich erreichen“, sagt Sajad Butt, der in der Region Württemberg für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. So sei geplant, Flugblätter in sämtlichen Orten im Rems-Murr-Kreis an den Mann und die Frau zu bringen – am besten persönlich, oder eben per Einwurf in den Briefkasten.

Infostände in mehreren Städten

Zudem soll es in mehreren Städten im Landkreis Informationsstände geben, der nächste Termin ist am 14. März in Fellbach. „Wir hoffen, dass viele Bürger zu den Infoständen kommen, da kann man tiefer einsteigen als mit einem Flyer“, sagt Sajad Butt. Er hebt die „sehr aktive Gemeinde in Waiblingen“ hervor, die nicht nur jedes Jahr am Neujahrsmorgen die Reste der Silvesterpartys beseitigt, sondern Blutspendeaktionen, Obdachlosenspeisungen und Wohltätigkeitsläufe veranstaltet. „Deutschland gewährt uns Religionsfreiheit, da wollen wir etwas zurückgeben und Gutes für das Land tun“, erklärt Noor-ud-Din Ashraf

Die Ahmadiyya-Gemeinschaft sieht sich als Reformbewegung im Islam, wird aufgrund ihrer Haltung von manchen Muslimen als ungläubig gesehen, und lehnt jegliche Gewalt im Namen der Religion ab. „Islam heißt Frieden“, betont der Imam Ashraf, „aber eine Minderheit praktiziert die Lehren falsch und beschmutzt so den Namen des Islam.“ Die Verse des Koran müsse man im Zusammenhang und vor dem Hintergrund ihrer Entstehungszeit verstehen. So etwa den Aufruf zum Kampf gegen Ungläubige: „Damals war der Islam im Kriegszustand und musste sich gegen Angreifer verteidigen, die mit Schwertern angriffen. Wenn aber heute jemand den Islam mit Argumenten angreift, soll man den Islam mit Argumenten verteidigen“, erläutert Noor-ud-Din Ashraf. Ein arabisches Wort könne fünf oder sechs Bedeutungen haben, wodurch es zu unterschiedlichen Übersetzungen komme.

Den Mitgliedern der Ahmadiyya-Gemeinde diene der Heilige Prophet Muhammad und dessen Lebensweise als Vorbild. Er habe Barmherzigkeit gegenüber allen gefordert – egal, welcher Religion, Rasse oder Nationalität ein Mensch angehöre. „Alle sollen gleich behandelt und respektiert werden.“

Mehr zur Gemeinschaft

Die Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde ist 1889 in Indien gegründet worden, sieht sich als Reformbewegung im Islam und hat nach eigenen Angaben weltweit mehr als zehn Millionen Mitglieder in gut 200 Ländern. In Deutschland hat Ahmadiyya Muslim Jamaat rund 45 000 Anhänger, die sich in mehr als 50 Moscheen und 70 Gebetszentren treffen. In Waiblingen baut die Ahmadiyya-Gemeinde derzeit eine Moschee nahe des Bahnhofs, die wohl Ende 2020 vollendet wird.

Aktionen:
Am 18. April veranstaltet die Gemeinschaft von 17 Uhr an einen Abend zum Thema „Die Weltkrise und der Weg zum Frieden“ im Kameralamtskeller Waiblingen. Eine kostenlose Hotline für Fragen zum Islam ist unter 0800 210 77 58 zu erreichen.