Bedrohen Kormorane den Fischbestand? Diese Frage ist ebenso politisch wie jene, welche Vögel bejagt werden dürfen. Foto: imagebroker

Alexander Bonde, Grünen-Minister für ländlichen Raum, sitzt zwischen allen Stühlen. Dass er ein Diener der Naturschützer sei, sagen zum Beispiel Jäger und Fischer. Die Naturschützer sind aber auch nicht zufrieden.

Stuttgart - Wer ordentliche Lobbyarbeit machen will, kommt um Meinungsforscher nicht herum. Auch die beiden Gegenspieler im aktuellen Streit um mehr Ökologie in der Jagd suchen den demoskopisch belegten Rückhalt der Bevölkerung – und finden ihn, jeder auf seine Weise.

So hat der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) am Mittwoch eine Forsa-Umfrage vorgestellt, wonach 84 Prozent der Deutschen mehr Natur- und Tierschutz im Jagdrecht wollen. „Wir fordern die Politik auf, die Jagdgesetze konsequent zu ökologisieren“, schließt Nabu-Geschäftsführer Leif Miller daraus und kritisiert ausdrücklich, dass sowohl die baden-württembergischen als auch die nordrhein-westfälischen Jäger gefährdete Vogelarten wie Krick- oder Tafelente abschießen wollen.

Dieses Ansinnen halten die Jäger allerdings für berechtigt. Mehrere Tausend von ihnen haben am Mittwoch vor dem Düsseldorfer Landtag gegen die geplante Ökologisierung des dortigen Jagdgesetzes protestiert und dabei auch auf eine aktuelle Emnid-Umfrage verwiesen: Danach halten nur neun Prozent der Bevölkerung die Jagd „für nicht gut“. Fazit: Es braucht keine Änderung des Jagdgesetzes.

Vor zwei Wochen hatte vor dem Stuttgarter Landtag eine ähnliche Veranstaltung mit mehreren Tausend Jägern stattgefunden, auf der es um denselben Konflikt ging.

Beide Seiten bauen Druck auf

Mittendrin in dieser Meinungsschlacht steht im Südwesten der Minister für ländlichen Raum, Alexander Bonde (Grüne). Der hat das hiesige Jagdgesetz zwar gegen den Willen der Jäger ökologisiert, aber dabei auch viele Wünsche der Tier- und Naturschützer abgelehnt. Weil sein Haus derzeit noch an einer Verordnung feilt, die Details wie die Entenjagd regelt, bauen beide Seiten noch einmal Druck auf.

So mutmaßen Baden-Württembergs Naturschützer, dass Bonde das Halali der Jäger erhört hat. Dessen Ministerialdirektor habe ja bereits auf der Stuttgarter Demo verkündet, dass es Nachbesserungen bei der Verordnung gebe, vermeldet der Landesjagdverband voller Genugtuung.

So solle es nun doch Jagdzeiten für Tafel- und Krickenten geben, und jene für Rabenvögel werde verlängert. Im Ministerium heißt es zwar, es gebe noch keinen endgültigen Entwurf. Doch beim Nabu läuten bereits die Alarmglocken: „Minister Bonde darf sich nicht von der anhaltenden Kritik des Jagdverbands beirren lassen“, sagt Landeschef André Baumann. Den eigentlichen Quertreiber sieht er in SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel, der sich den Jägern „an den Hals geworfen“ habe.

Dabei steht Bonde ansonsten eher im Ruf , ein willfähriger Gehilfe des Nabu zu sein. Vor allem die Landtags-FDP wirft ihm vor, das Ministerium sei zu einer Außenstelle der Naturschützer geworden.

Kormoran-Studie missfällt dem Minister

Als neuer Beleg dient dem FDP-Abgeordneten Friedrich Bullinger eine auf den ersten Blick unbedeutende Umorganisation in Bondes Haus. Seit Mitte Januar ist dort für die Fischerei nicht mehr die Abteilung 2 (Landwirtschaft) zuständig, sondern die Abteilung 5 (Waldwirtschaft, Forst BW).

Der Minister begründet dies mit einer „Verbesserung der Arbeitsökonomie“. Denn die Forstabteilung ist auch für Wildtiere zuständig, und da auch Fische wilde Tiere seien, sei der dafür zuständige Beamte beim Forst eben besser aufgehoben als bei der Landwirtschaft. Die Berufsfischer jedoch sehen darin einen strategischen Schachzug, um die Fischereiwirtschaft im Sinn des Naturschutzes „indoktrinieren zu können“.

Auch Bullinger glaubt Bonde nicht, und daran ändert auch dessen Antwort auf eine neue FDP-Anfrage nichts. Für den Liberalen diente die Umbesetzung vielmehr der Disziplinierung einer dem Ministerium nachgeordneten Behörde: der Fischereiforschungsstelle in Langenargen. Die hatte nämlich im vergangenen Herbst nicht nur über die Zahl der Kormorane sowie deren Appetit auf Fische berichtet, sondern dies auch im SWR mit dem Tenor kommentiert, dass seltene Fischarten in Gefahr seien – was der Nabu gar nicht teilen konnte.

"Bonde war vorschnell auf Nabu-Seite"

Bonde brach über der Forschungsstelle daraufhin den Stab, zumal deren Kommentar nicht mit dem Ministerium abgestimmt war. „Dringenden Handlungsbedarf“ gebe es in Langenargen, mailte er seinem Amtschef, die Fischforscher dürften keine einseitigen Kampfpositionen lancieren. Das müsse „harte Konsequenzen nach sich ziehen“.

Genau das habe Bonde dann getan, sagt Bullinger, obwohl doch die Fischerei bei der Landwirtschaft stets gut aufgehoben war. Der Grünen-Minister habe wieder einmal vorschnell die Nabu-Position übernommen.