Manche Menschen müssen betteln, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten – aggressives Betteln ist aber verboten. Foto: /Foto: dpa/Reinhardt

Vor allem im südlichen Landkreis gab es in den vergangenen Wochen Fälle aggressiver Betteleien – vor einem Baumarkt ließ ein zurückgewiesener Spendensammler sogar die Hose herunter.

Vor allem im südlichen Landkreis Ludwigsburg sind in den vergangenen Wochen mehrfach angebliche Bettler aufgefallen, die sich besonders ruppig verhielten. Tatsächlich seien entsprechende Beschwerden eingegangen, bestätigte Sprecher Steffen Grabenstein vom Polizeipräsidium. Die vermeintlichen Bettler haben demnach behauptet, für einen Landesverband für Menschen mit Behinderung zu sammeln. Teilweise seien sie aggressiv aufgetreten, so der Polizeisprecher weiter. Beispielsweise klopften sie an Fahrzeugscheiben und zeigten lautes und beleidigendes Verhalten, wenn nicht gespendet wurde.

Betrügereien und Belästigung vor einem Baumarkt

Am Donnerstag nahm die Polizei beispielsweise zwei 20 Jahre alte Männer fest, die in Kornwestheim nahe des Baumarktes im Moldengraben in Erscheinung getreten waren. Gegen die beiden Personen ermitteln die Beamten nun wegen möglicher Betrügereien. Sie waren mit Klemmbrettern in der Hand an Passanten herangetreten und hatten sich als taubstumme Spendensammler ausgegeben. Als eine 63 Jahre alte Frau und ihre Tochter eine solche Spende abgelehnt hatten, soll einer der beiden Männer zudem seine Hose ausgezogen und mit seinem Penis, so die Polizei, regelrecht vor den beiden Frauen herumgewedelt haben. Die Beamten spürten die beiden Männer später auf einem Parkplatz in Remseck-Aldingen auf und nahmen sie dort fest. Aggressive Betteleien beschäftigen auch zuletzt den Gemeinderat in Kornwestheim. Der Grünen-Stadtrat Thomas Ulmer hatte bereits Mitte Mai berichtet, selbst in einen Vorfall verwickelt gewesen zu sein. Zwei Frauen haben ihn demnach in der Kornwesheimer Bahnhofsunterführung angesprochen, eine wollte ihn „praktisch am Ärmel“ in eine Kebap-Bude reinziehen, wo er sie auf einen Döner hätte einladen sollen.

In der Sitzung am vergangenen Donnerstag gab die Kornwestheimer Stadtverwaltung bekannt, der Gemeindevollzugsdienst werde in den kommenden Wochen ein „besonderes Augenmerk auf das Betteln in der Stadt werfen“. Wobei auf Nachfrage unserer Zeitung die Bundespolizei – die für die Bahnhöfe zuständig ist – betont, zumindest an und um die Gleise sei in den vergangenen Wochen „kein erhöhtes Aufkommen“ an aggressiven Betteleien in Ludwigsburg, Kornwestheim und Umgebung zu verzeichnen. „Reisende, die angebettelt werden, eventuell auch in aggressiver Form, können sich jederzeit an die Bundespolizei wenden und den Sachverhalt mitteilen“, heißt es.

Die Stadt Ludwigsburg stellt aktuell zwar „keine Veränderung“ des Bettelns im Stadtgebiet. Indes: Vor einigen Wochen habe es Beschwerden gegeben, so der Pressesprecher Peter Spear, „dass an den Bahngleisen sowie in den Zügen in aggressiver Art und Weise gebettelt würde“. Generell kontrolliere der Städtische Vollzugsdienst Ludwigsburgs während seiner Streifen mehrmals täglich den Innenstadtbereich – insbesondere das Gebiet um den Bahnhof.

Straftatat oder Ordnungswidrigkeit

„Betteln, insbesondere auch in Form des Sammlungsbetrugs, ist kein neues Phänomen, sondern schon seit Jahren bekannt“, heißt es des Weiteren von Steffen Grabenstein. Es trete immer wieder in Intervallen auf, wie das auch bei anderen Betrugsmaschen der Fall ist.

Grabenstein betont, trotz der genannten Fälle könne man nicht von einer generellen Zunahme aggressiver Betteleien im Kreis Ludwigsburg sprechen.

Betteln werde dann rechtlich relevant, wenn es besonders aufdringlich und aggressiv praktiziert wird und andere Personen dadurch belästigt werden. Würden Passanten verfolgt, angefasst, festgehalten oder eingeschüchtert, so bewege man sich tendenziell im Bereich einer Ordnungswidrigkeit. Ab einer gewissen „Intensität“ könne auch die Schwelle zur Straftat überschritten werden – etwa bei Nötigungen, Beleidigungen und Körperverletzungen.