Im Mannheimer Szeneviertel Jungbusch (links) wird im Sommer open air gefeiert, in den Clubs geht es bis tief in die Nacht rund. Foto: Adobe Stock/nagaets, Ben van Skyhawk

Vorbild Amsterdam, New York, London: ein „Night Mayor“ soll die Club- und Barszene Mannheims stärken.

Mannheim - Ein Oberbürgermeister und fünf Bürgermeister lenken bisher die Geschicke der Stadt Mannheim. Demnächst soll ein sechster hinzukommen. Gesucht wird ein Night Mayor, auf Deutsch Nachtbürgermeister, „für die kulturelle Stadtentwicklung“. Zwar gibt es das neue Amt fürs Erste nur auf Honorarbasis und ohne Beamtenstatus, dafür locken attraktive Aufgaben: „Als Deutschlands erstem Night Mayor bieten wir Dir eine spannende und vielfältige Tätigkeit, bei der Du einen wichtigen Beitrag zur politischen Vertretung der Nachtökonomie leisten kannst“, heißt es in dem Stellenangebot der städtischen Gesellschaft Startup, die den Posten ausgeschrieben hat. „Du repräsentierst Mannheims Nachtkulturszene regional, national und auch international.“ Und: „Du bist die Schnittstelle zwischen der Stadtverwaltung, den lokalen Clubs und Barbetrieben und den feiernden Menschen.“

Mindestens 18 Jahre alt sollten Bewerber sein. Das allerdings dürfte auch nötig sein. Immerhin werden von dem künftigen Bürgermeister – von einer Bürgermeisterin ist in der Ausschreibung nicht die Rede – bereits beim Amtsantritt „ein großes persönliches Netzwerk im Bereich des Nachtlebens“ sowie „Erfahrungen im Bereich der regionalen Club- und Barszene“ erwartet. „Es muss jemand sein, dem das Nachtleben am Herzen liegt“, erklärt Matthias Rauch, Leiter der Kulturellen Stadtentwicklung bei Startup, einem Zusammenschluss der Mannheimer Gründerzentren.

„Dynamisches Nachtleben ist existenziell“

In erster Linie solle er Ansprechpartner für die nachtaktiven Betriebe sein. Die Stadt brauche ein Sprachrohr in diesem Bereich. Der Nachtbürgermeister müsse daher aus der Szene selbst kommen und deren Vertrauen genießen, erläutert Rauch. „Er soll die Kneipen- und Clublandschaft stärken, gemeinsame Probleme erkennen und Lösungen voranbringen – denn ein dynamisches, attraktives und vielseitiges Nachtleben ist im Wettbewerb der Städte heute existenziell wichtig“, meint er.

Nicht etwa, dass das Mannheimer Nachtleben, dessen Ruf dank des legendären Kneipenviertels im Jungbusch und diversen anderen Hotspots in der Stadt längst bis Stuttgart und Frankfurt reicht, aktuell schwächeln würde. „Das ist definitiv nicht der Fall“, versichert Matthias Rauch. „Aber wir brauchen mehr Vermittlung zwischen Bewohnern, Gastronomiebetrieben und anderen Einrichtungen oder Firmen in der Nachbarschaft“, erläutert er. Dabei gehe es sowohl um praktische Probleme wie Lärm oder Müll als auch darum, gemeinsam neue gastronomische Konzepte oder neue Clubformate zu entwickeln und strukturelle Veränderungen rechtzeitig zu erkennen.

Metropolen haben gute Erfahrungen damit gemacht

Die Idee, für die Bearbeitung dieser Themen einen eigenen Nachtbürgermeister zu etablieren, kommt aus Amsterdam. Dort habe man mit dem seit sechs Jahren besetzten Posten gute Erfahrungen gemacht, erklärt Rauch. Inzwischen seien solche Stellen auch in New York, London, Zürich und Toulouse eingerichtet worden. In Mannheim hat man für die Tätigkeit 50 Arbeitsstunden im Monat veranschlagt. Die Honorierung soll „auf selbstständiger Stundenbasis“ erfolgen. „Ein Co-Working-Arbeitsplatz mit Büromaterial sowie Dienstrechner und ein Diensthandy werden zur Verfügung gestellt“, heißt es in der Ausschreibung.

Die ersten Bewerbungen sind inzwischen eingegangen. Altgediente Rathausmitarbeiter rechnen angesichts des Stellenprofils mit regem Andrang. „Da dürfte es viele Interessenten geben. Als ich die Anzeige gelesen habe, sind mir gleich etliche eingefallen, die sind nachts richtig fit“, versicherte einer süffisant.