„Persönlich habe ich nicht festgestellt, dass Deutsche mir gegenüber reservierter begegnen“, sagt US-Generalleutnant Hummer mit Blick auf die NSA-Affäre. Foto: Leif Piechowski

Generalleutnant Steven Hummer, Africoms Vize-Kommandeur, freut sich über das neue Interesse Deutschlands an Afrika. Gemeinsam könne man besser für mehr Sicherheit dort sorgen. Dass die NSA-Affäre die Beziehungen trübt, bedauert der Marineinfanterist.

Generalleutnant Steven Hummer, Africoms Vize-Kommandeur, freut sich über das neue Interesse Deutschlands an Afrika. Gemeinsam könne man besser für mehr Sicherheit dort sorgen. Dass die NSA-Affäre die Beziehungen trübt, bedauert der Marineinfanterist.
 
 
Stuttgart - US-General Hummer über die neue Kooperation mit der Bundeswehr und den Antiterror-Kampf des Stuttgarter Afrika-Kommandos. -
General Hummer, die deutsche Regierung hat Afrika neu entdeckt. Wie schätzen Sie den Beitrag der Bundeswehr in Afrika ein?
Global gesprochen schätzen wir sehr, was Deutschland zum Beispiel in Afghanistan tut. Das ist ein bedeutender Beitrag.
Aber in Somalia sind es derzeit gerade mal drei Bundeswehrsoldaten.
Auch ein einzelner Soldat kann, wenn er zum Beispiel Sicherheitseinrichtungen berät, einen wertvollen Beitrag leisten. Und der deutsche Beitrag zur EU-Mission Atalanta gegen Piraten vor dem Horn von Afrika ist beträchtlich. Deutschland führt diese Mission gerade an und hat mehrere Schiffe entsandt.
Eine Delegation aus dem Verteidigungsministerium hat erstmals Stabsgespräche mit Ihnen geführt. Vergangene Woche war der Vorsitzende des Verteidigungsauschusses im Bundestag, Hans-Peter Bartels, da. Hat die deutsche Politik auch Sie neu entdeckt?
Wir können jetzt miteinander abgleichen und koordinieren, wer was wo unternimmt. So lässt sich etwa verhindern, dass wir uns im selben Land auf den Füßen herumtrampeln und uns um dasselbe Problem, die Grenzsicherheit etwa, kümmern. Mit unseren begrenzten Mitteln können wir so am wirkungsvollsten am gemeinsamen Ziel von mehr Stabilität und wachsender Sicherheit in Afrika arbeiten.
Haben Sie diese engere Zusammenarbeit konkret bei den Stabsgesprächen vereinbart?
Wir haben verabredet, uns künftig abzugleichen und zu koordinieren. Und der glückselige Endzustand wäre es, einen Gleichlauf unserer gemeinsamen Anstrengungen zu erreichen. Unser Botschafter Phillip Carter war in der vergangenen Woche zu Gesprächen in Berlin. Auch ich reise bald nach Berlin, um mich weiter darüber auszutauschen, was beide Seiten in Afrika tun. So können wir die Chancen zur Zusammenarbeit weiter auszuloten.
Beeinträchtigt es Ihre Arbeit, wenn viele Deutsche ihre Militärpräsenz inzwischen mit der NSA-Abhöraffäre und dem Drohneneinsatz gleichsetzen?
Wir sind stets um Vertrauen und Glaubwürdigkeit bei unseren Partnern bemüht, besonders, wenn es sich um eine so enge Partnerschaft wie zwischen den USA und Deutschland handelt. Alles, was diese Beziehungen mindert, erfüllt uns mit Sorge. Wir müssen diese hegen und pflegen. Persönlich habe ich aber nicht festgestellt, dass Deutsche mir gegenüber reservierter begegnen.
Zurück zu Ihren Missionen in Afrika. Was tun Sie in Nigeria, auch bei der Befreiung der entführten Schülerinnen?
Nigeria sieht sich mit den islamistischen Extremisten von Boko Haram konfrontiert. Präsident Goodluck Jonathan hat Präsident Obama im Falle der entführten Mädchen um Unterstützung gebeten. So helfen wir Nigeria, koordiniert von unserer Botschaft, mit nachrichtendienstlichen Informationen, mit Rat und mit militärischer Ausbildung. Wir wollen den Nigerianern dabei helfen, ihre Ziele gegen Boko Haram selbst zu erreichen und die Mädchen zu retten.
In Nigeria und anderen Staaten verstoßen Militärs aber oft gegen die Menschenrechte. Wie gehen Sie damit um?
Wir sind sehr an Rechtsstaatlichkeit und der Einhaltung der Menschenrechte interessiert. Es ist uns gesetzlich untersagt, Einheiten auszubilden, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben.
Macht das Ihre Aufgabe nicht schwerer?
Ich würde das nicht als leichter oder schwerer einstufen. Für diese Einschränkungen gibt es gute Gründe. Wir müssen stets an die Konsequenzen unseres Handelns mit Blick auf das strategische Gesamtbild denken.
Droht Afrika immer mehr zum Ausgangspunkt für eine neue Terrorgefahr für Europa und die USA zu werden?
Wir beobachten die extremistischen Organisationen in Nordafrika und Ostafrika mit immer größerer Sorge. Auch Syrien mit seinen vielen ausländischen Kämpfern aus Ägypten, Libyen, Tunesien, aus Europa und den USA bereitet uns Kummer. Die ausländischen Kämpfer kehren natürlich einmal heim, besser ausgebildet, ausgerüstet und mit Kampferfahrung. Und jetzt hat sich die Lage durch die Entwicklung in Syrien und die Offensive der Terrorgruppe Isis im Irak noch verschlimmert. Die Verbindungen der Gruppen untereinander und ihre Verwegenheit macht sie gefährlich.
Boko Haram in Nigeria hat verkündet, man wolle die USA angreifen. Wissen Sie von Anschlagsplänen auf Europa und die USA?
Auch die Al-Shabaab in Somalia hat die Absicht erklärt, das Territorium der USA, ihre Bürger und Interessen zu treffen, Bisher sind sie aber nicht über die Ankündigung ihrer Ziele hinausgegangen. Wir haben derzeit jedoch keine spezifischen Erkenntnisse über Pläne, von Afrika aus Anschläge gegen Europa oder die USA zu verüben.
Viele Ihrer Ziele sind nur langfristig zu erreichen. Da brauchen Sie viel Geduld. Bekommen Sie die denn?
Die islamistischen Extremistenorganisationen sind für mich wie die Krokodile, die das Boot umkreisen und die man erschießen muss. Aber wenn wir den Sumpf nicht trocken legen, werden wir nie das Afrika sehen, das wir alle gerne hätten. Man braucht also eine Langfristvision, wie man den Sumpf trocken legt. In einigen Fällen aber steigt der Sumpf weiter an.Dann müssen wir uns gleichzeitig um die Krokodile und um den Sumpf kümmern. Libyen ist heute so ein Fall, wo der Sumpf gerade steigt.