Hochdekorierter US-Marine: General Thomas Waldhauser führt jetzt das US-Afrika-Kommando. Foto: dpa

Das Chaos in Nordafrika zählt zu den ersten großen Herausforderungen des neuen Africom-Kommandeurs. Doch auf den US-Marine warten noch jede Menge andere Regionalkonflikte mit Extremisten.

Stuttgart - Bei seiner Anhörung vor dem US-Senat nahm US-General Thomas Waldhauser kein Blatt vor den Mund. Die USA verfolgten im Krisenstaat Libyen keine klare Strategie: „Von irgendeiner Gesamtstrategie ist mir derzeit nichts bekannt“, sagte der Marineinfanterist Ende Juni auf Nachfragen des republikanischen Senators John McCain. Das wurde weithin als Kritik an der Libyen-Politik von Präsident Barack Obama verstanden.

Am Montag, keine 48 Stunden in seinem Stuttgarter Hauptquartier des US-Afrika-Kommandos (Africom), äußerte sich der neue Africom-Befehlshaber deutlich vorsichtiger: „Unsere Ziele in Libyen sind seit einiger Zeit konstant“, sagte Waldhauser nachdem er im Beisein von US-Generalstabschef Joseph Dunford das Kommando von seinem Vorgänger, Heeresgeneral David Rodriguez übernommen hatte. Africom ist für militärische Operationen und Übungen der USA auf dem afrikanischen Kontinent verantwortlich. In der Zentrale in Stuttgart arbeiten rund 1500 Menschen für Africom. Auf dem afrikanischen Kontinent unterstehen dem Kommando rund 5000 US-Soldaten.

„IS in Libyen heute schwächer“

Washington unterstützt die neue libysche Einheitsregierung, die aber die politische Spaltung des Landes in Ost und West mit unterschiedlichen Milizen und Stämmen bisher nicht überwinden konnte. Zudem hilft eine kleine Zahl von US-Spezialkräften im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Als Voraussetzung für ein stärkeres militärisches Engagement in Libyen nennen US-Regierung und Nato stets eine stabilere Regierung in Libyen. Dunford machte in diesem Punkt einen positiven Trend aus: Rivalisierende Regierungsgruppen hätten sich zuletzt einander angenähert. Und: „Der IS ist heute schwächer als noch vor einigen Monaten“, betonte der ranhöchste US-Soldat. Das zerfallene Libyen bleibt aber eines der Haupttransitländer für Flüchtlinge aus Afrika nach Europa.

Jetzt zählt dieses Chaos in Nordafrika zu Waldhausers ersten Bewährungsproben. Doch auf den ersten Marineinfanteristen an der Africom-Spitze wartet noch eine Reihe anderer Regionalkonflikte mit Extremisten. Der Bogen der Instabilität reicht von Somalia und der al-Shabaab-Miliz im Osten über Libyen im Norden bis nach Nigeria, wo Islamisten von Boko Haram weite Teile Westafrikas destabilisieren.

Hauptsache: Ausbildung afrikanischer Soldaten

Als Africom 2007 als jüngstes von sechs weltumspannenden US-Regionalkommandos gegründet wurde, sollte es einen neuen Ansatz verfolgen: Der Schwerpunkt lag auf Ausbildungsmissionen, humanitären Einsätzen, und weniger auf Kampfeinsätzen. Das änderte sich 2011, als Africom die ersten Luftangriffe auf Libyen befehligte. Zudem führt Africom die Drohnenschläge gegen Extremisten von Somalia bis Libyen aus. Doch diese völkerrechtlich umstrittenen Schläge bilden nur „einen kleinen Teil“ von Africoms Aktivitäten, betonte der öffentlichkeitsscheue Kommandeur Rodriguez wiederholt. In der Hauptsache bilde man afrikanische Soldaten aus, damit diese in Afrika selbst für Sicherheit sorgen können.

Der 62-jährige Waldhauser, der aus South St. Paul in Minnesota stammt, war zuletzt als Direktor für Streitkräfteentwicklung beim Generalstab tätig. Er verfügt über reichlich Kampferfahrung: So kämpfte er im Golfkrieg 1991, führte Truppen in Afghanistan und im Irak. Schon in der Hymne der Marines ist aber von Libyen – „den Küsten von Tripolis“ – die Rede. Vor zwei Jahrhunderten ging es um den Kampf gegen Seeräuber. Der Sieg über den IS ist schwieriger.