Gegen die Affenpocken können Menschen sich impfen lassen. Foto: IMAGO/Christian Ohde

Das Affenpockenvirus breitet sich weltweit langsam, aber kontinuierlich aus. Bisher ist das Virus eher harmlos. Aber das kann sich ändern, wie ein Virologe aus Freiburg betont.

Die Ausbreitung der Affenpocken wird aus Sicht des Freiburger Virologen Hartmut Hengel „im Moment deutlich unterschätzt“. Sie hätten mindestens das Potenzial, „uns in Zukunft Kopfzerbrechen zu bereiten“, sagte der Ärztliche Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Freiburg der „Badischen Zeitung“ (Samstag). Weltweit seien bisher nur etliche tausend Affenpocken-Fälle gemeldet worden. „Aber daraus abzuleiten, dass das Geschehen harmlos ist, ist falsch – denn man muss ja in die Zukunft blicken.“ Das Virus sei in 70 Ländern verbreitet. „Es hat in einigen Ländern Formen dauerhafter Zirkulation angenommen, auch in Europa.“

Betroffen sind bislang vor allem Männer, die mit Männern Sex haben. Nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums von Mittwoch waren in Baden-Württemberg bis dato 87 Infektionen bestätigt. Fast 3000 Impfdosen würden an Apotheken der Unikliniken ausgeliefert, hieß es.

Kann sich das Virus aus seiner Verbreitungsnische befreien?

„Wenn man die Sache einfangen wollte, würde das bedeuten, dass man weltweit überall, wo das Virus auftritt, konsequente Impfprogramme organisieren müsste“, erklärte Mediziner Hengel in dem Interview. „Das ist natürlich eine enorme Herausforderung.“ Unklar sei aber, ob das Affenpocken-Virus weiter vorrangig unter Männern, die mit Männern Sex haben, grassiere - oder sich aus dieser Nische befreien könne.

Die Affenpocken sind eine in der Regel mild verlaufende Virusinfektion. Zu den Symptomen gehören Fieber, Kopfschmerzen und Hautausschläge, die meist im Gesicht beginnen und sich auf den Rest des Körpers ausbreiten. Die Krankheit hat sich seit Anfang Mai weltweit ausgebreitet. Im laufenden Jahr wurden mehr als 16.000 Fälle aus mehr als 75 Ländern gemeldet. In der Vergangenheit trat die Erkrankung hauptsächlich in West- und Zentralafrika auf und nur sehr selten andernorts. Zuletzt wurden die Affenpocken jedoch auch verstärkt aus Europa gemeldet.

Am Samstagnachmittag - also nach Veröffentlichung des Interviews - erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Affenpocken-Ausbruch zu einer „Notlage von internationaler Tragweite“. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus rief damit die höchste Alarmstufe aus, die die Organisation bei einer Gesundheitsbedrohung verhängen kann. Tedros sprach von weltweit mehr als 16 000 bestätigten Fällen. Ein von ihm einberufener Ausschuss aus unabhängigen Fachleuten hatte sich zuvor nicht auf eine gemeinsame Empfehlung einigen können, ob eine Notlage ausgerufen werden sollte.