SPD-Fraktionschef Andreas Stoch Foto: dpa/Marijan Murat

Die SPD will den CDU-Landeschef weiter in die Ecke drängen schaltet den Datenschutzbeauftragten ein. Der gibt sich trotz staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen gegen ihn gelassen.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch hat den obersten Datenschützer im Südwesten aufgefordert, die Affäre um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens durch Innenminister Thomas Strobl (CDU) zu prüfen. Die Opposition im Landtag wirft Strobl vor, mit der Weitergabe des Schreibens des Anwalts eines ranghohen Polizisten an die Presse unter anderem auch den Datenschutz verletzt zu haben. In dem Brief an den Datenschutzbeauftragten Stefan Brink, der der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart vorliegt, schreibt Stoch: „Das Schreiben des Anwalts erfolgte im Rahmen eines Disziplinarverfahrens. In diesem Schreiben zeigte der Anwalt unter anderem seine Vollmacht an und legte Widerspruch gegen bereits ergangene Verfügungen im Disziplinarverfahren ein.“ Er bitte Brink, diesen Vorgang „unter datenschutzrechtlichen Aspekten zu prüfen“.

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Der Datenschützer erklärte sich bereit zu einer Prüfung, sieht aber auch Hürden. Grundsätzlich könnten Landesregierung, Parlament oder der Betroffene selbst ihn ersuchen, „einen Sachverhalt zu prüfen und datenschutzrechtlich zu beurteilen“. Auch die Staatsanwaltschaft könne um Amtshilfe bei der Ermittlung oder Bewertung von Sachverhalten bitten, erklärte ein Sprecher von Brink. Aber: Durch die Tätigkeit dürften „allerdings andere staatliche Stellen nicht an der Erfüllung ihrer Aufgaben gehindert werden“. Das beziehe sich insbesondere auf laufende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und könne sich auch auf die Veröffentlichung der Prüfergebnisse auswirken.

Strobl steht wegen der Affäre massiv unter Druck

Stoch forderte zudem, dem Innenministerium die Zuständigkeit für das Disziplinarverfahren gegen den hochrangigen Polizisten zu entziehen, der wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung vom Dienst suspendiert ist. Das Verfahren müsse das Staatsministerium übernehmen, sagte Stoch der dpa. Er schloss sich damit einer Forderung des Landeschefs der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, an. Zudem müsse die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermächtigt werden, auch wegen des Vorwurfs der Verletzung des Dienstgeheimnisses gegen Strobl zu ermitteln.

Innenminister Strobl steht wegen der Affäre massiv unter Druck. Seit Mittwoch ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Minister wegen der Weitergabe des Schreibens an einen Journalisten. Der Reporter wird verdächtigt, aus amtlichen Dokumenten des laufenden Verfahrens gegen den Polizisten zitiert zu haben. Strobl wiederum soll ihn dazu angestiftet haben. Am Freitag durchsuchte die Anklagebehörde das Ministerium und stellte Unterlagen sicher. SPD und FDP forderten am Samstag erneut die Entlassung des Ministers und Vize-Regierungschefs der grün-schwarzen Koalition. Die FDP-Fraktion stellte zudem Strafanzeige gegen den Minister, unter anderem wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen.

Ein „vergiftetes Angebot“ gewesen

Im Zentrum der Affäre stehen eigentlich Ermittlungen gegen einen führenden Polizisten wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung. Der Mann soll eine Hauptkommissarin in einem Videochat belästigt haben. Aus Kreisen des Innenausschusses hieß es, aus der Abschrift des Videochats, die den Abgeordneten vorliegt, gehe deutlich hervor, dass der Mann der Polizistin angeboten habe, ihr bei der Karriere zu helfen, wenn sie ihm sexuell zu Diensten sei. Hier gehe es klar um Machtmissbrauch, hieß es. Was die Sache noch brisanter macht: Der Beamte war vor seiner Suspendierung bei der Landespolizei für die interne Wertekampagne gegen sexualisierte Gewalt zuständig.

Strobl hatte am Mittwoch eingeräumt, im Dezember das Schreiben des Anwalts durchgestochen zu haben. Er habe damit für „maximale Transparenz“ sorgen wollen. In dem Schreiben hatte der Anwalt des suspendierten Beamten dem Ministerium ein persönliches Gespräch angeboten, das für beide Seiten besser sei als ein juristisches Verfahren. Strobl erklärte nun, dies sei ein „vergiftetes Angebot“ gewesen.