Vereint auf der Regierungsbank: Thomas Strobl (links) und Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Foto: dpa/Christian Johner

Alle Landtagsfraktionen stimmen für die Untersuchung der Vorgänge bei der baden-württembergischen Polizei. Der Begriff „Machtmissbrauch“ geht der grün-schwarzen Koalition aber zu weit. Die Ausschussbesetzung der CDU sorgt für Verwunderung.

„Grüß Gott, wie gehts?“ Innenminister Thomas Strobl (CDU) trat am Mittwochmorgen betont leutselig auf, als er ins Landtagsgebäude kam. Hier ein freundliches Wort zu den Landtagsmitarbeitern, da ein Gruß für Journalisten.

Dabei war die Plenarsitzung kein Spaziergang für den Innenminister. Einstimmig haben die fünf Fraktionen die Einsetzung eines von SPD und FDP beantragten Untersuchungsausschusses beschlossen, in dem Strobl eine wesentliche Rolle spielt. Als die Entscheidung fiel, sortierte der Minister angelegentlich seine Akten. Doch Routine dürfte der Ausschuss kaum werden.

Der Ausschuss wird sich mit dem „Handeln des Innenministers und des Innenministeriums im Fall des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen den Inspekteur der Polizei Baden-Württemberg“ befassen, ebenso mit den „Beurteilungs-, Beförderungs- und Stellenbesetzungsverfahren in der Polizei Baden-Württemberg“ und soll in der Kurzfassung „Untersuchungsausschuss IdP und Beförderungspraxis“ heißen.

„Machtmissbrauch“ zu provokant

Am von SPD und FDP vorgeschlagenen Kurztitel „Machtmissbrauch“ hatten sich Grüne und CDU gestört. Andreas Deuschle (CDU) sah darin eine Provokation. „Der Titel mutet hysterisch und aggressiv an und beinhaltet eine klare Vorverurteilung“. Grüne und CDU setzten außerdem eine Befristung der Untersuchungsdauer durch. Bis zum 30. September 2023 sollen die Vorgänge aufgearbeitet sein.

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Schon an diesem Donnerstag wird sich der Ausschuss konstituieren. 14 Abgeordnete werden als Mitglieder entsandt. Der Vorsitz steht turnusgemäß den Grünen zu. Ihn übernimmt die Freiburger Abgeordnete Daniela Evers. Fünf grüne Abgeordnete sind im Ausschuss vertreten: neben Evers sind das Petra Häffner, Thomas Hentschel, Oliver Hildenbrand und Swantje Sperling.

Erstaunen über die CDU

Die vier Ausschussmitglieder der CDU haben bei den anderen Fraktionen für Erstaunen gesorgt. Julia Goll, die künftige Obfrau der FDP im Untersuchungsausschuss, nannte es unserer Zeitung gegenüber „überraschend, dass der überwiegende Teil der Ausschussmitglieder der CDU nicht Mitglieder des Innenausschusses sind“. Der frühere Finanzminister Willi Stächele, Reinhard Löffler und Christiane Staab (Obfrau) sind lediglich stellvertretende Mitglieder des Innenausschusses. Der ausgewiesene Innenexperte in dem CDU-Quartett ist der ehemalige Polizeibeamte Christian Gehring.

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FDP und SPD entsenden je zwei Abgeordnete: Neben Julia Goll vertritt Nico Weinmann die FDP. Sascha Binder (Obmann) und Boris Weirauch sind die Abgeordneten der SPD. Weirauch ist stellvertretender Vorsitzender des Untersuchungsausschusses. Für die AfD ist Hans-Jürgen Goßner dabei.

Hagel verteidigt Ausschussbesetzung

CDU-Fraktionschef Manuel Hagel sah sich im Nachgang der Plenarsitzung veranlasst, seine Mannschaft zu würdigen: „Konstruktiv, gelassen und an der Sache orientiert“ werde die CDU im Ausschuss arbeiten und die Vorwürfe um sexuelle Belästigungen in Landesbehörden und rund um den Inspekteur der Polizei „seriös und sauber aufklären“. Klar sei, „wo es Verfehlungen gibt, werden wir nicht wegsehen. Dafür haben wir ein starkes Team für den Untersuchungsausschuss“, so Hagel.

SPD und FDP: Verantwortung liegt bei Strobl

Grüne und CDU stellen die Vorwürfe der sexuellen Belästigung und die Beförderungspraxis bei der baden-württembergischen Polizei in den Vordergrund. „Die Regierungsfraktionen wollen das Ganze wegschieben vom Innenminister“, folgert Sascha Binder (SPD). Doch Strobl sei verantwortlich dafür, dass sein „Wunschkandidat“ überhaupt als Inspekteur der Polizei ins Amt gekommen sei.

Für die FDP machen diverse Aspekte die Sache zum „Strobl-Skandal“. Hans-Ulrich Rülke listete erneut auf: Seilschaften, manipulierte Beförderungen, geschwärzte Akten. Die Weitergabe eines Anwaltsschreibens, die – wie der FDP-Fraktionschef meint – dazu dient, „den eigentlichen Skandal“ der Belästigung und den der Beförderungspraxis zu vertuschen. „Dieser Innenminister hat einiges zu verbergen. Das schreit geradezu nach einem Untersuchungsausschuss.“