Beim Streitgespräch zwischen Palmer und Frohnmaier waren am 5. September 485 Polizeibeamte im Einsatz. Foto: IMAGO/Ulmer II

Einen Monat nach der Diskussion von Tübingens OB Boris Palmer mit AfD-Landeschef Markus Frohnmaier gibt es nun Zahlen vom Innenminister. Für die Kosten gibt es Kritik aus der SPD.

485 Polizisten und Polizistinnen waren am 5. September in Tübingen im Einsatz, als sich in der Hermann-Hepper-Halle der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer ein Streitgespräch mit AfD-Landeschef Markus Frohnmaier lieferte.

 

Das geht aus einer Antwort von Innenminister Thomas Strobl an die Tübinger SPD-Landtagsabgeordnete Dorothea Kliche-Behnke auf deren kleine Anfrage von Mitte September hervor. Wie das „Tagblatt“ berichtet, fielen demnach nach den Berechnungsmodalitäten des Finanzministeriums für Verwaltungskosten und Gebühren der Landesverwaltung in Tübingen 5480 Stunden und somit Polizei-Einsatzkosten in Höhe von 404.369 Euro an.

Dem liege ein Pauschalsatz pro Arbeitsstunde für Beamtinnen und Beamten der verschiedenen Laufbahngruppen inklusive Raum- und Ausstattungskosten sowie Verwaltungsaufwand zugrunde.

So begründet Strobl das hohe Polizeiaufkommen

Konkret waren am 5. September laut Strobl 46 Einsatzkräfte vom Polizeipräsidium (PP) Reutlingen, 434 vom PP Einsatz, drei weitere vom PP Pforzheim, eine vom PP Heilbronn und eine vom Landeskriminalamt (LKA) in Tübingen. 422 Einsatzkräfte des PP Einsatz kamen von den „stehenden geschlossenen Einheiten“, besser bekannt als Bereitschaftspolizei, die bei Massenveranstaltungen wie Fußballspielen die Polizei vor Ort unterstützt.

Sechs Beamte des PP Einsatz gehörten zur Reiterstaffel und sechs zur Technischen Einsatzeinheit. Vom PP Reutlingen kamen zudem vier Einsatzkräfte der Polizeihundeführerstaffel. „Der hohe Kräfteeinsatz war der Tatsache geschuldet, dass es sich bei der Veranstaltung um eine Podiumsdiskussion handelte, die in dieser Konstellation erstmals stattfand“, so Strobl in seiner Antwort, die dem „Tagblatt“ vorliegt.

Auf Kliche-Behnkes Frage nach den durch den Tübinger Großeinsatz angefallenen Überstunden bei der Polizei bleibt der Minister eine Antwort schuldig: Eine statistische Erhebung entstandener Mehrarbeit anlässlich bestimmter Einsatzanlässe finde nicht statt. „Eine solche Erhebung wäre mit unverhältnismäßig großem Aufwand verbunden und würde zu einer erheblichen Mehrbelastung der Polizeidienststellen und Einrichtungen für den Polizeivollzugsdienst führen.“

Kritik von SPD-Landtagsabgeordneter: „Ohne Not herbeigeführt“

Es gehöre zum Auftrag der Polizei, Veranstaltungen und Versammlungen, gerade auch von politischen Parteien, zu schützen. Die Polizei bewerte als „neutraler Garant der Versammlungsfreiheit“ Sicherheitsrisiken und treffe auf dieser Basis die erforderlichen polizeilichen Maßnahmen. Beim Ressourceneinsatz würden die regionalen Polizeipräsidien die Umstände vor Ort berücksichtigen: Lage- und Mobilisierungserkenntnisse, örtliche Gegebenheiten, Erfahrungen aus den Vorjahren.

Das LKA sei bei der Gefährdungsbewertung eingebunden. Erfahrungsgemäß müsse bei solchen Veranstaltungen mit Störaktionen wie der Blockade von Gebäudezugängen oder mit dem Aufeinandertreffen rivalisierender Personengruppen gerechnet werden. „Es lagen gleichwohl keine konkreten Gefährdungserkenntnisse vor, aus welchen eine konkrete Gefährdung abgeleitet werden konnte“, so Strobl zur Situation in Tübingen.

Diese Situation und die hohen Kosten seien „ohne Not herbeigeführt“ worden, kommentiert Kliche-Behnke die Antwort des Ministers. „Ein Finanzbürgermeister, der sonst gerne über durch Bund und Land verursachte vermeintlich unnötige Kosten klagt, kostet die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler jetzt über 400.000 Euro. Dieses Geld hätte man sich sparen können, wenn Boris Palmer der AfD nicht diese Bühne geboten hätte“, so die Landtagsabgeordnete. Dennoch dankt sie „allen Polizistinnen und Polizisten, die an diesem Tag im Einsatz waren, sowie den friedlichen Gegendemonstrantinnen und -demonstranten“.

Palmer: „Aber die Demokratie ist das wert“

„Es ist traurig, dass man eine politische Diskussion nur mit fünf Hundertschaften Polizei durchführen kann“, so das Resümee Boris Palmers. „Aber die Demokratie ist das wert.“ Darüber, wer den Aufwand verursacht hat, lasse sich diskutieren, meint der OB: „Man könnte sagen, ohne mich hätte es die Veranstaltung nicht gegeben. Man könnte sagen, wenn die AfD nicht so wäre, wie sie ist, bräuchte sie keinen Polizeischutz. Man könnte sagen, wenn es keine Störer und Blockierer gäbe, bräuchte man keinen Polizeischutz.“ Für Palmer jedenfalls gibt es „keinen Alleinschuldigen“.

Der Polizeieinsatz in Tübingen habe keine „zusätzlichen Kosten“ verursacht, meint Palmer, denn: „Das PP Einsatz ist mit einer Mannstärke ausgestattet, die jederzeit im Land solche Einsätze ermöglicht.“ Zum anderen sei es verwunderlich, „wenn die Kosten der Demokratie und des Demonstrationsrechts kritisiert werden, während gleichzeitig eine unnötige Vergrößerung des Landtags mit Millionenkosten von Frau Kliche-Behnke mitgetragen wird“, so der Kosten-Konter des OB.