Jörg Meuthen, Fraktionschef der Partei im Stuttgarter Landtag, versuchte, den den Ausschluss der Öffentlichkeit vom AfD-Parteitag in Kehl zu rechtfertigen. Foto: dpa

Die Alternative für Deutschland fordert von andern Parteien Transparenz. Für die eigenen Reihen gilt das aber offensichtlich nicht: beim Parteitag in Kehl werden die Medien ausgeschlossen. Der Ausschluss der Öffentlichkeit lässt allerdings die Gerüchteküche brodeln.

Kehl - Es ist kein schöner Tag in Kehl. Der kalte Wind peitscht den Regen über den Platz vor der Stadthalle. Trotzdem ist einiges los auf dem Vorplatz. Wo an anderen Tagen die Busse ins nahegelegene Straßburg losfahren, stehen am Samstag knapp zwei Dutzend Mannschaftswagen der Polizei. Die Beamten sollen den Parteitag der AfD schützen, eine Veranstaltung mit erhöhtem Sicherheitsbedarf. Knapp 700 Parteimitglieder sind nach Kehl gekommen, um die Kandidaten für die Landesliste zur Bundestagswahl 2017 zu wählen. Empfangen wurden sie von rund 300 Demonstranten, die gegen die Veranstaltungen friedlich protestieren. Zu der Kundgebung hatte ein breites Bündnis aus Gewerkschaft Verdi, Sozialdemokraten, Linkspartei, Antifa und linken Gruppierungen aus Straßburg aufgerufen.

Doch nicht nur wegen des hohen Polizeiaufkommens und der Demo war der Parteitag keine normale Versammlung. Im Vorfeld hatte es Auseinandersetzungen gegeben, ob die Vertreter der Medien überhaupt zugelassen werden, um über das Auswahlverfahren der Kandidaten zu berichten. Am frühen Vormittag steht dann fest: die Mehrheit der Delegierten hat beschlossen, die Presse auszuschließen.

Lesen Sie hier unseren Kommentar zum Ausschluss der Presse vom AfD-Parteitag.

Normaler, demokratischer Akt

Der Vorsitzende des AfD-Landesverbandes, Lothar Maier, und Jörg Meuthen, Fraktionschef der Partei im Stuttgarter Landtag, geben schließlich nach mehreren Aufforderungen der wartenden Journalisten eine improvisierte Presskonferenz vor der Tür der Stadthalle. Maier versucht, den Ausschluss der Medienvertreter als normalen, demokratischen Akt darzustellen. Dass dies ein in Deutschland ziemlich einmaliger Vorgang ist, versucht er mit dem Hinweis aus Österreich zu entkräften, wo die rechtspopulistische FPÖ ebenfalls nicht öffentlich ihre Kandidaten küre. Jörg Meuthen sprang seinem Parteikollegen bei und erklärte, dass der gleichzeitig stattfindende Parteitag der Baden-Württembergischen Grünen in Schwäbisch-Gmünd ebenfalls eine geschlossene Veranstaltung sei. Was er nicht wusste: die Grünen übertragen ihre Versammlung live im Internet und sorgen auf diese Weise für die nötige Transparenz der Beschlüsse.

Schon im Vorfeld des AfD-Parteitages hatte der Ausschluss der Presse für einiges Erstaunen gesorgt, zumal die AfD den als von ihnen immer wieder verspotteten „Systemparteien“ Intransparenz und Kungelei bei der Postenvergabe vorwerfen. Bei der Alternative für Deutschland sei das aber alles ganz anders, versicherte Lothar Maier, es gebe keine Kungelei und auch keine Intransparenz. Die Partei habe das Recht, hinter verschlossenen Türen zu streiten, dann aber die Kandidaten auf einer Pressekonferenz am Sonntag zu präsentieren. Im selben Atemzug beklagte er sich über seiner Meinung nach unfaire Berichterstattung der Medien über die AfD, was ein Grund für den Presseboykott sei.

Gerüchteküche brodelt

Der Ausschluss der Öffentlichkeit lässt allerdings die Gerüchteküche brodeln. Denn in der AfD tobt im Moment ein Machtkampf zwischen einem liberal-konservativen und einem völkisch-nationlen Flügel. Vermutet wird, dass diese Auseinandersetzung auf dem Parteitag in Kehl eskalieren könnte. Meuthen und Maier dementierte in Kehl allerdings vehement, dass es in der AfD überhaupt einen Machtkampf gebe. „Es gibt Strömung in der AfD wie in jeder Partei, aber von einem Machtkampf merke ich nichts“, versuchte der Chef des Landesverbandes die offensichtlichen politischen Verwerfungen zu erklären. Und Meuthen ergänzte, es tue der „Freundschaft und der guten Zusammenarbeit“ auch keinen Abbruch, dass er selbst gegen den Ausschluss der Medien vom Parteitag gewesen sei – sich aber nicht durchsetzen konnte.