Vorsitzende unter sich: Jörg Meuthen (l.) führt die Bundespartei, Dirk Spaniel die Landes-AfD Foto: dpa

Die AfD Baden-Württemberg hat eine neue Doppelspitze: Bernd Gögel und Dirk Spaniel bilden das Führungsduo in den kommenden beiden Jahren. Können sie die tief zerstrittene Landespartei befrieden?

Heidenheim - Am Morgen danach sitzen die beiden neuen Vormänner der Landes-AfD einträglich auf der Parteitagsbühne zusammen und plaudern. Die Chemie zwischen Bernd Gögel (64) und Dirk Spaniel (47) scheint zu stimmen. Aber vielleicht trügt das sonntägliche Idyll auch. Am Vortag waren im Heidenheimer Kongresszentrum ja noch fleißig die Messer gewetzt worden. Feindselig, geradezu vergiftet war die Stimmung. Gemäßigte und radikalere Kräfte schenkten sich in einem offenen Schlagabtausch nichts. Wäre es zu Handgreiflichkeiten gekommen, so hätte dies wohl niemanden der rund 750 Parteitagsteilnehmer überrascht.

Der gemäßigte Gögel, der schon die Landtagsfraktion führt und dem nicht so gemäßigte Kräfte dort einen nervigen Kleinkrieg aufnötigen, riskierte am Samstag viel. Er hielt eine äußerst scharfe Rede gegen die freien Radikalen in der AfD. „Einige Schädlinge haben sich in den Gliederungen der Partei niedergelassen“, sagte der Fuhrunternehmer aus Niefern. Da könne es nicht verwundern, wenn der Vermieter den Kammerjäger rufe. Eine Anspielung auf die drohende Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden.

In Gögels eigenem Lager zeigen sich am Sonntag viele entsetzt über das Ungezieferbild. Er habe maßlos überzogen und damit den eigenen Wahlerfolg gefährdet, ist zu hören. Doch belohnt wurde Gögel trotzdem. Mit 380 zu 320 Stimmen behielt er gegen Emil Sänze (68), seinen schärfsten Widersacher auch in der Fraktion, deutlich die Oberhand im Kampf um den Vorsitz.

Doppelte Schlappe für Sänze

Ex-Banker Sänze scheitert schließlich am Sonntag auch mit seinem Versuch, einen von zwei Vizeposten zu erringen. Dieses Mal unterliegt er Thilo Rieger (49), bisher schon Vorstandsmitglied und ebenfalls ein Vertreter des gemäßigt-pragmatischen Lagers, das Sänzes erneute Niederlage sogleich überschwänglich feiert. Auch Christina Baum (62), Landtagsabgeordnete und Mitglied der völkisch-nationalen Gruppierung „Der Flügel“, fällt bei den Vorstandswahlen durch.

Neben Rieger wird Marc Jongen (50) zum Landesvize gewählt. Jongen, von Haus aus Philosoph und Bundestagsabgeordneter, gilt als AfD-Vordenker. Er unterstützt das laufende Ausschlussverfahren gegen den AfD-Landtagsabgeordneten Stefan Räpple, zeigt aber keine Berührungsängste im Umgang mit rechten Splittergruppen und Intellektuellenzirkeln. Deshalb taucht sein Name im Verfassungsschutzbericht zu den Aktivitäten der AfD vergleichsweise häufig auf. Jongen war bisher AfD-Landeschef, wollte aber nicht noch einmal für das Amt kandidieren.

Für seinen Nachfolger Spaniel führte der Weg ins Spitzenamt, das er künftig als gleichberechtigte Nummer zwei neben Gögel ausübt, ebenfalls über eine Kampfkandidatur. Geschickt appellierte der frühere Daimler-Manager aus Stuttgart an den Zusammenhalt in der Partei, präsentierte sich als Mann des Ausgleichs. Dagegen polarisierte sein Kontrahent, der Ex-Polizist Martin Hess (48), der wie Spaniel Bundestagsmitglied ist, ähnlich stark wie Gögel – und verlor. Er kam auf 341 Stimmen, Spaniel erhielt 371.

Lob vom „Flügel“ für Spaniel

Geschickt hatte der Verkehrspolitiker Spaniel, der in der Abstimmung am Samstag auch mit seinem Eintreten gegen Fahrverbote punktete und auf seine rege Teilnahme an den Dieseldemos in Stuttgart verwies, seine Kandidatur vorbereitet. Obwohl er sich selbst als unabhängig und keinem der verfeindeten Lager zugehörig sieht, hatte er sich zuletzt spürbar auf das Lager um Sänze zubewegt, das Kontakte zum „Flügel“ unterhält. Das brachte offenbar Stimmen. Am Sonntag bekräftigt er, zwischen den Lagern ausgleichen und den rechten Rand einbinden zu wollen.

Entsprechend zufrieden mit dem Abschneiden des Stuttgarters zeigt sich am Sonntag Eugen Ciresa (62), einer der führenden Köpfe des „Flügels“ im Südwesten. „Wir können mit Herrn Spaniel sehr gut leben, auch wenn er nicht dem ‚Flügel‘ angehört“, erklärt Ciresa. Es gehe darum, die „Gründungsideale“ der AfD nicht zu verraten. Die Partei müsse abweichende Meinungen und Mitglieder wie Stefan Räpple aushalten. Denk- und Sprechverbote dürfe es nicht geben. Ciresa räumt aber auch ein, dass Räpples Auftritte am Samstag „uns mehr geschadet als genutzt haben“. Das habe man ihm am Abend auch deutlich gesagt.

Räpple hatte sich gleich zu Beginn des Treffens hervorgetan. Der vom Landesvorstand als Versammlungsleiter engagierte Christoph Basedow, ein Rechtsanwalt aus Brandenburg, sei „befangen“, da er vom Vorstand bezahlt werde. Räpple äußerte den Verdacht, dass Basedow den Antrag auf seinen Parteiausschluss maßgeblich im Auftrag des Landesvorstands ausgearbeitet habe. Sein Antrag, Basedow abzulehnen, scheiterte jäh. Später versuchte Räpple es noch einmal, scheiterte aber wiederum krachend und erntete nunmehr lautstarke „Räpple-raus“-Rufe.