Der scheidende Parteichef Alexander Gauland redete seinen Parteikollegen ins Gewissen. Foto: AFP/RONNY HARTMANN

In Braunschweig findet derzeit der 10. AfD-Parteitag statt. In seiner Abschiedsrede appelliert der Chef der Alternativen an seine Partei, revolutionäre Träume zu begraben. Das Gerangel um die Nachfolge dürfte spannend werden.

Braunschweig - Mit einer Mahnung zur Mäßigung hat der scheidende Parteichef Alexander Gauland am Samstag in Braunschweig den 10. AfD-Parteitag eröffnet. Gauland warb unmittelbar vor den für Samstagnachmittag anstehenden Vorstandswahlen mit Blick auf das völlig offene Rennen um seine Nachfolge für einen „solidarischen Generationswechsel“. Anders als von der Parteispitze geplant war das Bewerberfeld in der letzten Woche enorm gewachsen. Es wurde ein langer Wahlabend erwartet. Der Wunschnachfolger Gaulands, Tino Chrupalla, tritt gegen mehrere Gegenkandidaten an, darunter den an der Basis als scharfer Redner bekannte Bundestagsabgeordneten Gottfried Curio.

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Ihn treibe die Sorge um, „den Mantel der Geschichte“ zu verfehlen, so Gauland. „Die Chance, die wir mit der AfD haben, kommt nicht zurück, wenn sie vertan ist.“ Gauland nannte den Parteitag in diesem Zusammenhang einen Meilenstein. Der AfD attestierte er, sie habe „vielen Mut gemacht, die uns heute schon wählen und wir sind anderen eine Hoffnung, die heute noch zweifeln“.

Gleich an zwei Stellen seiner Rede sah sich der 78-jährige dazu veranlasst, seine Partei zur Demokratie zu mahnen. Die Partei müsse „den Weg einer patriotischen, demokratischen und bürgerlichen Volkspartei“ weitergehen. Er wisse, dass es einige gebe, die den Traum einer „kleinen, sozialrevolutionären Partei“ träumten, und adressierte damit indirekt den „Flügel“ am rechten Rand. Dieser Traum sei jedoch irreal. „Wir stürmen keine Bastille und wir sind auch nicht gut in Revolution.“

Partei als „Kampfgemeinschaft“

Der Parteichef griff den innerparteilichen Streit um Meinungsfreiheit und Denkverbote und die in Teilen der Partei herrschende Sorge vor zu großer Anpassung auf. Eine Partei sei eine Kampfgemeinschaft, daher sei die Meinungstoleranz nicht so weit wie die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes: „Es ist von der Meinungsfreiheit im Grundgesetz gedeckt, Stauffenberg einen Verräter und Feigling zu nennen, aber das Ethos unserer Partei verbietet eine solche Meinung, weil sie moralisch falsch und verwerflich ist.“

Gauland zeichnete in seiner Rede seine Vorstellung vom künftigen Kurs der Partei als Mitglied in einer Koalition mit der Union. „Damit plädiere ich nicht für die Anpassung an eine verrottete CDU, aber für einen realistischen, demokratischen Weg“, so Gauland. Mit Blick auf die Debatten in Thüringen und Sachsen sagte Gauland, se sei damit zu rechnen, dass einfache CDU-Mitglieder in naher Zukunft ihrer Führung die Frage nach bürgerlichen Mehrheiten stellten. „Wenn Grüne, Rote und Dunkelrote zusammengehen, wird der Tag kommen, an dem eine geschwächte CDU nur noch eine Option hat: uns.“ Er lobte in diesem Zusammenhang das Angebot der Zusammenarbeit, das der thüringische Landeschef Björn Höcke an den CDU-Chef Mike Mohring gemacht habe als „klugen Eröffnungsschachzug“.

Indirekt übte Gauland auch Selbstkritik: er appellierte an die Partei, „manche historische Auseinandersetzungen, zu denen auch ich manchmal neige, in den Hintergrund zu stellen“. Er selbst hatte Empörung im In- und Ausland hervorgerufen, als er bei einer Versammlung der Jungen Alternative den Nationalsozialismus als „Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte bezeichnet hatte. Über Auschwitz hatte er nach einem Besuch in dem NS-Vernichtungslager in einem Interview gesagt, dies sei für ihn nur noch „gefrorener Schrecken“.