Alice Weidel ist neue AfD-Landeschefin im Südwesten. Foto: dpa/Marijan Murat

Der Machtkampf in der AfD Baden-Württemberg ist entschieden – als Einzelvorsitzende führt Alice Weidel die Partei in die Landtagswahl im kommenden Jahr. Dirk Spaniel hat das Nachsehen.

Böblingen - Alice Weidel führt künftig die AfD in Baden-Württemberg. Die 41-Jährige, die auch an der Spitze der Bundestags-AfD steht, setzte sich am Samstag in einer Kampfabstimmung gegen den Bundestagsabgeordneten Dirk Spaniel durch.

Weidel erhielt am Samstag auf dem Sonderparteitag der Landes-AfD in Böblingen 547 oder 54 Prozent der Stimmen, Spaniel kam auf 419 Stimmen (41,3 Prozent). Spaniel hatte die Partei zuletzt gemeinsam mit Bernd Gögel geführt, der nicht mehr kandidierte.

Weidel führt die Partei als Einzelvorsitzende in die Landtagswahl in einem Jahr. Die Parteibasis hatte sich vor der Wahl mehrheitlich für eine Abkehr von der bisherigen Doppelspitze entschieden. Insgesamt nahmen gut 1000 AfD-Mitglieder an dem Treffen in Böblingen teil.

Die gebürtige Westfälin mit Heimatwahlkreis am Bodensee stellte nach ihrer Wahl auf Nachfrage unserer Zeitung klar, dass sie nicht als Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Landtagswahl zur Verfügung steht. Sie wolle Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl werden, sagte Weidel.

Das Wahlresultat gilt parteiintern als wichtige Richtungsentscheidung. Spaniel war als Kandidat der völkisch-nationalen Gruppierung Der Flügel angetreten. Er unterlag später ähnlich deutlich auch dem Ludwigsburger Bundestagsabgeordneten Martin Hess bei der Wahl zum ersten von drei stellvertretenden Vorsitzenden. Weidel gilt als Vertreterin der eher gemäßigten Kräfte in der AfD, Hess ebenfalls. Beide Lager hatten sich in den vergangenen Monaten einen erbitterten Machtkampf auch um die künftige Ausrichtung der Landesparteipartei geliefert.

Weidel fordert Neuanfang für die Landes-AfD

Weidel rief die AfD im Südwesten in ihrer Bewerbungsrede zur Geschlossenheit auf. Der alte Landesverband sei zuletzt nur mit sich selbst beschäftigt gewesen, kritisierte sie. Das habe die Parteiarbeit auf allen Ebenen gelähmt. Gut ein Jahr vor der Landtagswahl im Südwesten müsse die Landes-AfD nun einen Neuanfang schaffen. „Lassen sie uns den schlafenden Riesen AfD wecken“, rief Weidel. Dann seien Wahlergebnisse wie in den neuen Ländern möglich – und die übrigen Parteien würden wie jüngst im Erfurter Landtag an der AfD „zerschellen“.

Auch Spaniel sprach sich für eine einige Landes-AfD aus. Er verwies darauf, dass der Landesvorstand seine Bemühungen, die Partei im Südwesten besser aufzustellen, behindert habe. Er werde sich aber weiter gegen falsche und unrechte Richtungsentscheidungen in der Partei stellen.

Der Ex-Daimler-Manager und Bundestagsabgeordnete stand zuletzt wegen seiner mangelnden Abgrenzung insbesondere von der rechtsgerichteten Gewerkschaft Zentrum Automobil in der Kritik. Deren Vorsitzender hat eine einschlägige Vergangenheit in der Neonazi-Szene und tritt als Pegida-Redner auf.

Polizei zählt 500 Gegendemonstranten

Die moderaten Kräfte befürchten, dass es wegen der mangelnden Abgrenzung zu einer Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden kommen könnte. Bisher gelten der völkisch-nationale Flügel und die Junge Alternative als AfD-Nachwuchsorganisation bereits als Prüffall für eine Beobachtung. In diesem Frühjahr soll entschieden werden, ob dies auf die AfD als Gesamtpartei ausgeweitet wird.

Auch bei den Wahlen zum zweiten und dritten Stellvertreter Weidels brachte der Flügel seine Kandidaten nicht durch. Emil Sänze (412 Stimmen/43,6 Prozent), Vize-Fraktionschef der Landtags-AfD, unterlag gegen den Bundestagsabgeordneten und Parteivordenker Marc Jongen (509/53,9). Die Landtagsabgeordnete Christina Baum (435/46,8) hatte gegenüber Markus Frohnmaier (471/50,7) das Nachsehen.

Jongen (Karlsruhe) und Frohnmaier (Böblingen) gehören dem Bundestag an, ebenso wie Weidel und Hess. Damit stellen ausschließlich Bundespolitiker den engeren Zirkel der AfD-Führung im Land.

Rund 500 Demonstranten hatten zum Auftakt des Parteitags in der Kongresshalle Böblingen an einer Kundgebung gegen die AfD teilgenommen. Ein breites Bündnis unter anderem von Parteien und Gewerkschaften hatte dazu aufgerufen. Die Kundgebung sei „lautstark und friedlich“ verlaufen, sagte ein Polizeisprecher. Es habe zwei Eierwürfe auf anreisende AfD-Vertreter gegeben. Zudem sei die Zufahrt zur Kongresshalle am See kurzzeitig blockiert worden. Weitere nennenswerte Vorkommnisse habe es nicht gegeben.

Gegen Mittag löste sich die Kundgebung bereits allmählich auf. Zuvor hatten sich rund 150 Mitglieder der Antifa von der Kongresshalle entfernt, sich kurz darauf nach Polizeiangaben aber zerstreut.