Will als Spitzenkandidat die AfD in den Landtag führen: Bernd Kölmel Foto: dpa

Die Alternative für Deutschland (AfD) will auch eine Alternative für Baden-Württemberg sein. Am kommenden Wochenende will man auf einem Parteitag die Weichen dafür stellen. Interview mit dem AfD-Landeschef Bernd Kölmel.

Stuttgart - Herr Kölmel, die AfD wirkt seit Monaten wie ein zerstrittener Haufen, dessen Stern schon wieder am Sinken ist. Haben Sie schon bereut, die CDU verlassen zu haben?
(Lacht) Nein. Wobei ich zugebe, dass ich – wie wohl die meisten von uns – das Konfliktpotenzial unterschätzt habe, das durch die Erfolge der Partei entstanden ist. Solche Erfolge ziehen alle möglichen Personen an – auch Menschen, die Konflikte bei uns ausleben wollen, nicht teamfähig sind und Mehrheitsentscheidungen nicht akzeptieren können. Aber das sind nur wenige.
In ihrem Landesverband gibt es zum Beispiel den sehr christlich orientierten Pforzheimer Kreis und die eher rechtsgerichtete und bundesweit organisierte patriotische Plattform. Sind das nicht Fliehkräfte, die Ihre Partei unweigerlich zerreißen werden?
Ich bin überzeugt, dass wir die politischen Anliegen dieser Mitglieder integrieren können. Wir sind ja in der Tat stark konservativ geprägt und verstehen uns als Partei, in der man alles ansprechen darf. Aber ich sage auch ganz offen: Ein paar wenige Mitglieder gehen sehr ideologisch an die Sache heran. Mit denen werden wir vermutlich auf Dauer nicht zusammenarbeiten können. Denn die große Mehrheit unserer Mitglieder will eine unaufgeregte Diskussion. Und dass man etwas ansprechen darf, heißt ja noch lange nicht, dass man sich durchsetzt.
Wie groß ist das Problem?
Der Pforzheimer Kreis hat bis zu 30 Mitglieder, die patriotische Plattform im Land auch nicht mehr als 40. Bei insgesamt 3200 Mitgliedern, die wir im Südwesten inzwischen haben, sind das eher Randbewegungen.
Bislang konnten Sie die Querelen nicht beenden. Auch am kommenden Wochenende auf dem Landesparteitag in Karlsruhe müssen Sie mit Ärger rechnen. Wie viele Gegenkandidaten werden Sie selbst voraussichtlich haben?
Bislang gibt es zwei Mitbewerber, die aber beide erklärt haben, dass sie sich als Ergänzung zu mir sehen, also eher den zweiten Vorstandssprecher-Posten anstreben.
Beim letzten Landesparteitag vor wenigen Monaten in Kirchheim/Teck sprachen Ihnen 65 Prozent der Mitglieder das Vertrauen aus. Das ist nicht gerade überragend. Sollten Sie in Karlsruhe nun weniger Stimmen bekommen – machen Sie dann trotzdem weiter?
Darüber will ich nicht spekulieren. Nur so viel: Wir haben in Kirchheim kein gutes Bild abgegeben. Ich habe seitdem viele Kreisverbände besucht, und wir waren uns einig, dass von dem Parteitag in Karlsruhe mit Blick auf die Landtagswahl 2016 ein Signal der Geschlossenheit ausgehen muss – auch und vor allem, was die Führung der Partei angeht. Und ich bin guter Hoffnung, dass wir das schaffen werden.
Wieso?
Ich bin überzeugt davon, dass unsere Mitglieder wissen, was die Stunde geschlagen hat. Gerade die vielen gemäßigten Mitglieder sagen: So habe ich mir das nicht vorgestellt, ich will nicht ständig über Querelen reden. Die wollen das jetzt geklärt wissen.
Stünden Sie denn, wenn Sie in Karlsruhe genug Zustimmung kriegen, als Spitzenkandidat für die Landtagswahl zur Verfügung?
Ich bin ein Sohn dieses Landes, und ich habe mich durch meine Arbeit im Landesrechnungshof über viele Jahre intensiv mit der Landespolitik befasst. Ich würde mich also wohlfühlen im Landtag, und wenn die Mitglieder das wollen, werde ich als Spitzenkandidat zur Verfügung stehen.
Wie sieht da der Zeitplan aus?
Wir wollen direkt vor den Sommerferien Mitte Juli einen Landesparteitag machen, auf dem wir unser Landtagswahlprogramm beschließen. Und spätestens dann werden wir auch unseren Spitzenkandidaten küren.
Sie haben als Ziel für die Landtagswahl einen Stimmenanteil von zehn Prozent ausgegeben. Ist das wirklich noch realistisch? Im Moment liegt Ihre Partei in Umfragen bei gerade mal fünf Prozent
Ich bleibe bei meiner Zielsetzung. Im Moment sind wir – auch durch Unstimmigkeiten in der Bundespartei – in schwerem Fahrwasser. Und trotzdem stehen wir in Umfragen relativ gut da. Das zeigt doch unser Potenzial. Zugespitzt gesagt: Es kann nur besser werden.
Wofür stehen Sie?
Ich gelte als Mann der Mitte. Und jetzt muss sich zeigen, ob sich die AfD im Land als Partei der Mitte aufstellen oder sich in eine andere Richtung positionieren will.
Sie wollen ein Mann der Mitte sein. Wo aber ist dann der Unterschied zu – sagen wir mal – dem CDU-Spitzenkandidaten Guido Wolf, der ja auch als konservativ gilt?
Ich bin einen Kopf größer als er (lacht).
Und inhaltlich?
Wir sind mit der CDU nicht vergleichbar, sonst wäre ich ja dort noch Mitglied. In Sachen Euro zum Beispiel tischt uns diese Partei ein Märchen nach dem anderen auf. Die Griechen werden uns zum Beispiel übernächstes Wochenende bei ihrer Parlamentswahl zeigen, dass die Euro-Krise noch lange nicht zu Ende ist, wie uns Bundesfinanzminister Schäuble weismachen wollte.
Aber bei der Landtagswahl wird es weniger um den Euro gehen und mehr um Themen wie zum Beispiel die Flüchtlingspolitik.
Aber auch hier unterscheiden wir uns doch deutlich von der CDU. Wir fordern schon lange eine vernünftige Strategie – sowohl für Zuwanderer als auch für Asylbewerber. Wenn die CDU sich hier bewegt, dann doch nur, weil es uns gibt.
Aber eine Koalition mit der CDU wird es wohl nicht geben, oder?
Letztes Jahr hat Fraktionschef Peter Hauk ja mal zarte Signale gesandt. Aber die Linie der anderen Parteien lautet: Die von der AfD sind Schmuddelkinder, mit denen man nicht reden darf. Ich bin mir aber sicher: Wenn entsprechende Wahlergebnisse vorliegen, dann wird man mit uns reden. Das ist eigentlich auch eine demokratische Pflicht.
 

Zur Person - Bernd Kölmel

Der 56-jährige Badener war 20 Jahre lang Mitglied der CDU, ehe er im Sommer 2012 wegen der Haltung der Christdemokraten zur Euro-Krise die Partei verließ.

Im Frühjahr 2013 trat Kölmel der Alternative für Deutschland (AfD) bei, gründete gemeinsam mit anderen den AfD-Landesverband in Baden-Württemberg und wurde AfD-Landesvorsitzender.

Seit 1. Juli 2014 ist der Mann aus Ötigheim (Kreis Rastatt) EU-Abgeordneter. Er sitzt für die AfD im Straßburger EU-Parlament im Haushaltsausschuss.

Um dieses Mandat antreten zu können, ließ Kölmel sich beim Landesrechnungshof in Karlsruhe beurlauben, wo er seit 1993 tätig war – zuletzt als Referatsleiter für Haushaltsgrundsatz- und Querschnittsprüfungen. Zuvor hatte Kölmel sechs Jahre im Polizeidienst gearbeitet.

Kölmel ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Hobbys: Schach und Sport.