Mit diesem Wahlplakat wirbt die AfD derzeit in Brandenburg. Foto: dpa

Die AfD wirbt in Brandenburg mit dem früheren SPD-Politiker Willy Brandt um Stimmen zur Landtagswahl. Die Sozialdemokraten verbitten sich das. Es ist nicht die einzige Kritik an der Kampagne der Partei.

Potsdam - Wieder Aufregung um AfD-Wahlwerbung: Ein Plakat der Partei in Brandenburg mit dem Konterfei des früheren sozialdemokratischen Kanzlers Willy Brandt (1913-1992) sorgt für Empörung. „Die Berufung auf Willy Brandt ist ein grober Missbrauch und schlicht obszön“, sagte der langjährige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse dem „Tagesspiegel“ (Donnerstag).

Die Partei verwendet vor der Landtagswahl am 1. September ein Wahlplakat mit einem Foto Brandts und dessen Spruch „Mehr Demokratie wagen“. Brandt war von 1969 bis 1974 Regierungschef einer sozialliberalen Koalition aus SPD und FDP. Er war mehr als zwanzig Jahre SPD-Parteichef.

Er verbitte sich den Missbrauch der Person Brandts, sagte der Generalsekretär der Brandenburger Sozialdemokraten, Erik Stohn am Donnerstag auf Anfrage. „Ich fordere die AfD auf, diese Vergewaltigung seines Erbes zu beenden.“ Brandt würde sich heute „aktiv gegen die AfD engagieren“, so Stohn.

„Abgrundtiefe Verachtung“

Die Aktion mit 400 Wahlplakaten laufe nur im Landkreis Potsdam-Mittelmark, sagte AfD-Landesgeschäftsführer Lars Hünich, Spitzenkandidat für den Wahlkreis 16 in dem Landkreis. Brandt stehe für das, was die Partei wolle, begründete er das gewählte Motiv.

„Willy Brandt hätte für Rechtspopulisten nur eines übrig gehabt: abgrundtiefe Verachtung“, twitterte dagegen Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). „Wenn Spalter und Hetzer ihn heute missbrauchen, ist das einfach widerlich.“

Brandt bleibe ein Versöhner und Friedensstifter, so Maas. Er verwies auf eine berühmte Geste Brandts in Polen: Am 7. Dezember 1970 hatte der damalige Bundeskanzler sich am Denkmal für die Helden des jüdischen Ghettos in Warschau niedergekniet, um aller Opfer der Nazi-Herrschaft zu gedenken. Ein Foto davon hängte Maas an seinen Tweet an.

Die kommissarische SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig bezeichnete die AfD-Kampagne auf Twitter als schäbig. „Es ist unsäglich, dass die #AfD das Erbe von #Willy Brandt benutzt und beschmutzt“, schrieb die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern.

Brandenburg wählt am 1. September

Bereits am Mittwoch hatten führende Sozialdemokraten die AfD wegen Wahlkampfslogans in Anlehnung an die Zeit der DDR-Bürgerrechtsbewegung kritisiert. Mit Slogans wie „Wir sind das Volk!“ oder „Vollende die Wende“ wirbt die AfD unter dem Motto „Wende 2.0“. Viele Hoffnungen der Ostdeutschen in die „erste Wende“ hätten sich nicht erfüllt, heißt es aus der Partei.

Neben Brandenburg wird auch in Sachsen am 1. September ein neuer Landtag gewählt, in Thüringen am 27. Oktober. Die AfD-Landesvorsitzenden von Brandenburg und Thüringen, Andreas Kalbitz und Björn Höcke, stammen allerdings aus Westdeutschland und hatten mit der friedlichen Revolution von 1989 nichts zu tun.

Thierse kritisierte am Donnerstag erneut die Berufung der rechtspopulistischen Partei auf die DDR-Bürgerrechtsbewegung. „Die Gleichsetzung der Bundesrepublik von heute mit der DDR von damals ist eine unglaubliche Verharmlosung der DDR.“