Es knirscht nicht in der AfD, es kracht. Die Mehrheit der Abgeordneten stellt sich gegen Fraktionschef Bernd Gögel. Ein Ende der Grabenkämpfe ist nicht in Sicht.
Stuttgart - Das Chaos in der AfD-Fraktion und der Widerstand aus den eigenen Reihen gegen Fraktionschef Bernd Gögel spitzen sich zu. Die geplante Nachwahl nach dem Rücktritt zweier Fraktionsvizes konnte am Dienstag in Stuttgart nicht wie geplant stattfinden. Der Punkt sei von der Mehrheit der Abgeordneten von der Tagesordnung abgesetzt worden, sagte Gögel der Deutschen Presse-Agentur nach der mehr als vierstündigen Sitzung. Er wollte keine Angaben zu den Gründen machen.
Die Anfang Januar zurückgetretenen Fraktionsvizes Rainer Podeswa und Emil Sänze warfen Gögel nach der Sitzung in einer Mitteilung „selbstherrlichen Führungsstil“ vor. Der Fraktionschef habe durch Falschbehauptungen übelste Stimmung gegen die Fraktion erzeugt. Es sei zu bedauern, dass die Vertreter des Vorstands nicht ebenfalls ihre Positionen freigeben würden, „um eine Änderung des Fehlverhaltens zu ermöglichen“, schrieben Sänze und Podeswa.
Mehrheit der AfD-Abgeordneten spricht Misstrauen aus
Die Mehrheit der AfD-Abgeordneten hatte dem Vorstand um Bernd Gögel Anfang Januar das Misstrauen ausgesprochen. Der Putsch scheiterte aber an der erforderlichen Zweidrittelmehrheit. Gögel weigerte sich zurückzutreten. Seine Stellvertreter Rainer Podeswa und Emil Sänze verzichteten daraufhin aus Protest auf ihre Ämter. Bei der Fraktionssitzung am Dienstag sollten die zwei vakanten Posten eigentlich nachgewählt werden. Das scheiterte nun am Widerstand der Mehrheit der Abgeordneten gegen den Vorstand.
Die AfD-Fraktion ist trotz mehrerer Austritte mit 20 Abgeordneten noch die stärkste Oppositionskraft im Landtag. In der Fraktion habe sich nichts verändert, die Mehrheit der Abgeordneten vertraue dem Vorstand nicht mehr, sagte Podeswa der Deutschen Presse-Agentur. Gögel habe die Fraktionsmehrheit unter anderem als Rassisten und Antisemiten diffamiert.
Zwei Lager
Podeswa sprach von einer Gruppe von zwölf Abgeordneten, die gegen den Vorstand sei, und acht Abgeordneten, die Gögel weiter unterstützten - inklusive der vier Vorstandsmitglieder. Es habe keinen Sinn, die Vorstandsposten nachzubesetzen, weil keine mehrheitsfähigen Kandidaten zur Verfügung stünden, um im Vorstand zu arbeiten. „Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass der Fraktionsvorstand die aktuelle Situation als nicht haltbar erkennt und Möglichkeiten zur Befriedung aufzeigt“, sagte Podeswa.
Sänze und Podeswa wollten Gögel bereits bei der Fraktionswahl im Oktober stürzen, traten als Gegenkandidaten an - allerdings ohne Erfolg. Hinter den Grabenkämpfen steckt auch der Streit um den Umgang mit Mitstreitern am rechten Rand wie dem Abgeordneten Stefan Räpple oder dem fraktionslosen AfD-Politiker Wolfgang Gedeon. Gögel wird von einigen Abgeordneten vorgeworfen, die von der Partei verfolgten Ausschlussverfahren gegen die beiden zu unterstützen.