An der Strecke von Bad Cannstatt nach Stuttgart steht ein Blitzer und in die umgekehrte Richtung auch Foto: Leif Piechowski

In Stuttgart gibt es zu viele Blitzer, mit denen die Autofahrer abgezockt werden: Diesen alten Vorwurf hat die rechtspopulistische AfD aus dem Sommerloch geholt und verbreitet. Das Ordnungsamt winkt ab, korrigiert die Zahlen und verteidigt die Anlagen.

Stuttgart - Bei ihrer Observierung des Stadtgebiets will die AfD ermittelt haben, dass es „nicht weniger als 39 stationäre Anlagen“ gebe – Tendenz steigend. Dazu kämen noch mobile Messungen an ständig wechselnden Stellen des Stuttgarter Straßennetzes, heißt es in einer Pressemitteilung.

Die AfD-Gemeinderatsfraktion hat die Länge des Stuttgarter Straßennetzes und die stationären Messanlagen auch noch zueinander ins Verhältnis gesetzt und ist zum Schluss gekommen, dass es in Stuttgart pro 5,32 Quadratkilometer einen Blitzer gebe. Stärker besetzt sei nur noch Wuppertal (4,2 Quadratkilometer pro Blitzer). Deutlich entspannter ist laut AfD die Lage für die Autofahrer in Hamburg (25,17 Quadratkilometer), Nürnberg (37,27) und Braunschweig (96,08). Auch im Ländervergleich sieht es nach Meinung der AfD düster aus: In Baden-Württemberg gebe es 1102 fest installierte Blitzer, ganz Bayern komme mit lediglich 89 aus.

Aus diesen Zahlen folgerte die AfD, dass Stuttgarts Autofahrer entweder die undiszipliniertesten der ganzen Republik sein müssten und scharf überwacht werden müssten oder dass die Stadtverwaltung die Blitzer als sprudelnde Einnahmequelle schätze. Die Partei glaubt an Letzteres. Je deutlicher aber der Zweck des Geldabschöpfens in den Vordergrund trete, desto geringer sei die Akzeptanz für dieses Vorgehen der Verwaltung bei den Menschen, meint Fraktionschef Lothar Maier. Dadurch könne auch Politikverdrossenheit bei den Bürgern befördert werden.

Mobile Kontrollen sind der AfD lieber

Wenn man mit den Blitzern an den zum Schnellfahren einladenden innerstädtischen Verkehrsschneisen wie der B 14 oder der Auswärtsfahrbahn der Neuen Weinsteige kontrolliere, sei das ja völlig in Ordnung, sagte Maier auf Nachfrage. Aber damit habe es ja längst kein Bewenden mehr. Den stationären Messungen seien mobile Messungen in den meisten Fällen auch vorzuziehen. Denn vor bekannten Blitzern würden die Autofahrer oft nur kurz bremsen und dann wieder umso stärker beschleunigen.

Das städtische Amt für öffentliche Ordnung korrigiert auf Anfrage nicht nur die angebliche Zahl der Blitzer nach unten, sondern beanstandet auch den Städtevergleich. „Das ist, wie wenn man Äpfel mit Birnen vergleicht“, sagt Joachim Elser, Chef der städtischen Verkehrsüberwachung. Die Kessellage von Stuttgart und die durch das Zentrum führenden Bundesstraßen gebe es in dieser Art in anderen Städten nicht. Außerdem müsse man bedenken, dass in anderen Bundesländern die Polizei viel mehr mobile Kontrollen vornehme.

In Stuttgart muss die AfD wohl Blitzerkästen mitgezählt haben, in denen schon lang nichts mehr blitzte und die nur noch rein zur Abschreckung hängen. Tatsächlich gebe es 32 Messeinrichtungen an 19 Standorten, sagt Elser. Sprich: An etlichen Stellen werden sowohl stadteinwärts wie auch stadtauswärts fahrende Autos kontrolliert.

Verwaltung fühlt sich richtig aufgestellt

Davon gingen 13 Messplätze an sechs Standorten aufs Konto Luftreinhaltung und Kampf gegen den Feinstaub. Elser: „Und ein Feinstaubproblem gibt es derart in Hamburg meines Wissens nach nicht.“ 19 Messeinrichtungen seien installiert worden, um an Unfallschwerpunkten mehr Sicherheit zu schaffen. Wie an der Neckartalstraße bei Münster. Da habe es öfters heftig gekracht. Bis der Blitzer kam. „Dann war ruck, zuck Ruhe“, sagt Elser. Um Abzocke gehe es dem Amt nicht. Das werde nur von den fünf Prozent Autofahrern gern angeführt, die an den Blitzern in Stuttgart zu schnell unterwegs sind.

Gemessen an der Notwendigkeit, für mehr Sicherheit und bessere Luft zu sorgen, sei der Blitzerbesatz in Stuttgart mit den derzeit 32 stationären Anlagen und sechs Messfahrzeugen für mobile Einsätze keinesfalls überdimensioniert, meint Elser: „Damit sind wir unterm Strich recht gut aufgestellt.“ In nächster Zeit sei nur eine weitere Anlage im Schwanentunnel geplant. Dort ließen manche Autofahrer die Motoren mächtig röhren und kämen dann viel zu schnell auf der König-Karls-Brücke an, wo sich in der Vergangenheit schwerste Unfälle ereignet hätten. Und überhaupt: In der Regel sei auch nur jede zweite Anlage scharfgestellt, weil man nur für die Hälfte der Blitzergehäuse Einsätze habe und beim Betrieb abwechsle.