Bei Teilen der AfD – wie hier Björn Höcke – zweifelt manch einer an der Grundgesetz-Treue. Foto: AP

Die Diskussion, ob die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden soll, lenkt von den tatsächlichen Problemen ab, kommentiert Politik-Redakteur Christian Gottschalk. Es gäbe weit bessere Möglichkeiten, für einen richtigen Umgang mit der Partei.

Stuttgart - Immer lauter wird in der politischen Debatte der Ruf, man möge die AfD doch bitte vom Verfassungsschutz beobachten lassen. Das ist ein überaus scheinheiliger Versuch, den Blick von eigenen Fehlern abzuwenden. Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann setzt der Scheinheiligkeit noch einen drauf, wenn er so tut als würde er differenzieren. Das Zusammenwirken der AfD und der Nazis müsse beobachtet werden, sagt er. Als ob das einen Unterschied machte. Neonazis stehen jetzt schon unter Beobachtung, ihre Treffen mit der AfD werden registriert. Oppermann will also nichts anderes als eine AfD-Beobachtung, er will es nur geschickt formulieren.

Erfahren, was man längst schon weiß

Genau diese Beobachtung bringt aber in der Sache kaum einen Gewinn. Sicher, manche nicht unwichtigen Details wie die Finanzierung der Partei könnten vielleicht zu Tage befördert werden. Aber sonst? Als ob man nicht schon wüsste, dass Teile der AfD getragen sind von konservativen, aber auf dem Boden des Grundgesetzes stehenden Mitgliedern. Als ob man nicht schon wüsste, dass es eben auch andere Teile gibt. Als ob man nicht schon wüsste, dass die Mehrheiten dieser beiden Teile in den Landesverbänden sehr unterschiedlich verteilt sind. Den letzten Schritt in einer denkbaren Eskalationskette, nämlich ein Verbotsantrag gegen die AfD, verböte sich ohnehin. Es würde die Partei zum Märtyrer machen.

Mehr als nur die Flüchtlingsfrage

Um eines klar zu stellen: die AfD ist eine Partei, die dem Land und der Demokratie Schaden zufügt. Schweren Schaden sogar. Aber der einzig richtige Umgang damit ist, sie politisch zu stellen. Das heißt zweierlei. Zum einen müssen die Schwachstellen der Partei benannt und aufgezeigt werden, aber das ist nur der kleinere von zwei Punkten. Vor allem müssen es die anderen Parteien besser machen. Eine Partei politisch zu bekämpfen bedeutet, die Sorge und Nöte der Menschen so ernst zu nehmen, dass der AfD das Wasser abgegraben wird. Und das gilt bei weitem nicht nur in der Flüchtlingsfrage. Wer einen guten Job hat, und nicht um ihn fürchten muss, wer seine Kinder in Schulen schicken kann, in denen vernünftig unterrichtet wird, wer seine Lebensträume verwirklichen kann, der ist nicht anfällig gegen populistische Marktschreierei. Um das zu erreichen lohnt es, Hirnschmalz zu investieren. Bei der Frage, ob die AfD beobachtet werden soll, lohnt es nicht.