143 Abgeordnete gehören dem Landtag von Baden-Württemberg an Foto: dpa

Die AfD-Abgeordneten im Landtag werfen anderen gern Raffgier vor. Doch ihre Fraktion versorgt einige ihrer Mitglieder mit viel höheren Extrazahlungen als die anderen Fraktionen.

Stuttgart - „Maßlose Bereicherung“, „Selbstbedienungsmentalität“, „Raffgierige Kartellparteien“, wetterten baden-württembergische AfD-Abgeordnete, als Grüne, CDU und SPD Anfang 2017 zur staatlichen Altersversorgung der Abgeordneten zurückkehren wollten.

Solche Vorwürfe kann man allerdings auch den AfD-Abgeordneten im Landtag machen. Denn die größte Oppositionsgruppe lässt einem Teil ihrer Abgeordneten für Sonderaufgaben eine deutlich höhere Aufwandsentschädigung zukommen als die anderen Fraktionen. Das geht aus dem neuen Rechenschaftsbericht hervor, den die Fraktionen jährlich veröffentlichen müssen.

Demnach zahlte die 20-köpfige AfD-Fraktion ihren vier Vizechefs vom 1. Mai 2017 bis zum 30. April 2018 insgesamt 144 909 Euro als Aufwandsentschädigung – das sind durchschnittlich rund 36 227 Euro extra pro Person. Damit erhielten die AfD-Vizefraktionschefs neben ihren monatlichen Diäten in Höhe von damals 7776 Euro weitere 3019 Euro pro Monat. Zum Vergleich: Die fünf Vizevorsitzenden der CDU-Fraktion bekamen durchschnittlich 1860 Euro pro Person, die fünf Vizes der Grünen durchschnittlich 1208 Euro, die vier Vizes der SPD durchschnittlich 1400 Euro und die drei Vizes der FDP durchschnittlich 1000 Euro.

Über Höhe und Verteilung der Aufwandsentschädigung für Vizes entscheiden die Fraktionen. Die Vorsitzenden und die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen dagegen werden vom Landtag bezahlt und erhalten alle das gleiche Geld. Die parlamentarischen Vorsitzenden bekamen damals je 11 664 Euro, die Fraktionsvorsitzenden je 17 496 Euro.

Fraktionen entscheiden über Verwendung

Um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können, bekommen die Fraktionen monatlich Zuschüsse aus dem Landeshaushalt. Diese setzen sich zusammen aus einem Grundbedarf je Fraktion, der im vergangenen Jahr 40 863 Euro pro Monat ausmachte. Für jeden ihrer Abgeordneten erhielten die Fraktionen zusätzlich 1747 Euro. AfD, SPD und FDP bekamen außerdem einen sogenannten Oppositionszuschlag in Höhe von 302 Euro pro Abgeordneter. Die Landeszuschüsse für die größte Fraktion – die der Grünen – betrugen 1,46 Millionen Euro, die FDP als kleinste Gruppe im Landtag erhielt 778 400 Euro. Dazu kommen weitere Einnahmen.

Wie die Fraktionen diese Mittel verwenden, entscheiden sie selbst. Sie können damit Abgeordnete für zusätzliche Aufgaben extra entlohnen, Mitarbeiter einstellen, Honoraraufträge vergeben, Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit finanzieren. Nach dem Fraktionsgesetz dürfen sie eine „besondere, angemessene Aufwandsentschädigung an stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Vorsitzende von Fraktionsarbeitskreisen“ zahlen. Dabei sind ihnen seit einigen Jahren allerdings Grenzen gesetzt: Höchstens 30 Prozent ihrer Abgeordneten dürfen solche Extras erhalten.

200 Euro für Grüne, 3586 Euro für AfD-Abgeordnete

Bei der 20-köpfigen AfD-Fraktion kommen also maximal sechs Abgeordnete für Sonderzahlungen infrage – neben den vier Vize könnten das zwei Vorsitzende von Arbeitskreisen (AK) sein. Letzteren hat die AfD-Fraktion laut Rechenschaftsbericht von Anfang Mai 2017 bis Ende April 2018 insgesamt 86 067 Euro zukommen lassen – ein stattliches Plus von monatlich 3586 Euro für jeden der beiden Vorsitzenden eines Arbeitskreises. Da können die AK-Chefs von SPD und FDP nur staunen – sie erhalten überhaupt keine Zuschläge. Bei den Grünen gibt es für die Extraarbeit für acht AK-Vorsitzende jeweils 200 Euro extra pro Monat. Eine Anfrage unserer Zeitung zu den überdurchschnittlichen Zahlungen an einen Teil der Abgeordneten ließ die AfD-Fraktion unbeantwortet.

Große Unterschiede zwischen den Fraktionen gibt es auch bei der Zahl, der Qualifikation und der Bezahlung ihrer Mitarbeiter, die teilweise in Teilzeit arbeiten. Von den 25 Beschäftigten bei den Grünen erhielten zehn ein Gehalt, das mindestens der Besoldungsgruppe A 13 entsprach. Das ist die Eingangsstufe für den höheren Dienst – das Einstiegsgehalt etwa für einen Studien- oder Regierungsrat betrug damals 4137 Euro. Bei der CDU erhielten nur zwei von 18 Mitarbeitern ein so hohes Gehalt. Bei der AfD waren es vier von 20 Mitarbeitern, bei der SPD zehn von 16 und bei der FDP sechs von neun Mitarbeitern. Die meisten Aufträge auf Honorarbasis vergab die SPD-Fraktion: Sie gab 182 466 Euro für Honorare und sonstige Vergütungen aus, fast fünfmal so viel wie die Grünen, die auf Platz zwei lagen.