Was darf wie privat abgerechnet werden? Foto: dpa

Die privatärztliche Gebührenordnung soll reformiert werden. Vielen Medizinern passt die Richtung nicht, die ihre Funktionäre eingeschlagen haben.

Stuttgart/Berlin - Wenn sich die Vertreter der in 17 Kammern organisierten 481 000 deutschen Ärzte außer der Reihe zu ihrem Parlament, dem Ärztetag, versammeln, geht es stets um ernste Dinge. Vorzugsweise also ums liebe Geld. An diesem Samstag in Berlin stehen allerdings keine wütenden Proteste gegen neue Spargesetze der Regierung auf dem Programm. Vielmehr richtet sich der Zorn der Ärzte gegen die eigenen Funktionäre – und die unter Federführung der Bundesärztekammer ausgehandelte neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ).

Die GOÄ, die 1982 zuletzt runderneuert wurde, regelt die Abrechnung zwischen Arzt und Privatpatient. Ihre Reformgeschichte hat einen langen Bart, immer wieder wurden vergebliche Anläufe unternommen. Inzwischen gilt das Regelwerk als hoffnungslos veraltet. Es kann die kräftigen gestiegenen Behandlungskosten nicht mehr richtig abbilden und die Behandlungen selbst auch nicht. Viele Diagnose- und Therapieformen, die längst medizinischer Standard sind, gab es vor Jahr und Tag einfach noch nicht.

Um den Missstand zu beheben, hat die Bundesärztekammer (BÄK) auf Geheiß von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mit der Privaten Krankenversicherung (PKV) über eine GOÄ-Novelle verhandelt. Inzwischen liegt ein Entwurf vor, der die Ärzteschaft jedoch spaltet. Zuletzt haben drei Kammern den Sonderärztetag erzwungen, darunter auch die baden-württembergische, deren Präsident Ulrich Clever dazu wiederum von der Ärztebasis im Südwesten gezwungen wurde.

Ärzte wollten ursprünglich 32 Prozent mehr

Besonders groß ist die Enttäuschung vieler Ärzte über die ihrer Ansicht nach unzureichende Honorarsteigerung. Ursprünglich hatten sie zurückgerechnet und einen Inflationsausgleich von 32 Prozent bezogen auf den PKV-Honorartopf gefordert. Der umfasste 2014 rund 24 Milliarden Euro. Als BÄK-Verhandlungsführer Theodor Windhorst im letzten Sommer ein niedriges zweistelliges Plus verkündete, dann aber nach einem Dementi der PKV zurückrudern musste, gab es eine Welle des Protests.

Inzwischen kursiert unter Medizinern ein Gutachten, dass die Honorarsteigerung insgesamt nur bei 0,1 Prozent sieht. Was die Novelle den Ärzten wirklich bringt, weiß aber keiner genau. Angeblich soll es eine deutliche Aufwertung für die sprechende Medizin geben. Das könnte zu Lasten von Ärzten gehen, die vor allem teure Apparate sprechen lassen. Doch zu Details schweigen die Verhandlungspartner eisern.

Strittig sind auch die Pläne für die Rechnungsstellung. Bisher ermitteln Ärzte ihr Privathonorar, indem sie Leistungsziffern je nach Aufwand mit einem Faktor zwischen 1 und 3,5 oder mehr multiplizieren. Die PKV beklagt schon lange, dass Ärzte das ausnutzen. Künftig soll eine Steigerung um den Faktor 2,3 die Regel werden. Über Ausnahmen müsste ein Gremium aus zwei Ärzten und vier PKV-Vertretern entscheiden, das auch Ausschlusslisten erstellt. Manche Ärzte sehen darin das Ende ihres freien Berufs.

SPD signalisert Ablehnung

Für hitzige Debatten beim Ärztetreffen ist also gesorgt. Landeskammerpräsident Clever erwartet, dass die Unterhändler der BÄK den Auftrag bekommen nachzuverhandeln. Zugleich hofft er, dass ihnen der Rücken gestärkt wird. Wenn die Ärzte die GOÄ-Novelle torpedierten, könne sich das Zeitfenster für eine Reform schließen. Diese brauche die Zustimmung der Regierung. Schon jetzt aber signalisiere die SPD Ablehnung.