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Auf der Suche nach der günstigstes Form: Die Aerodynamik rückt bei den Autobauern in den Fokus.

Stuttgart - Manchem Auto sieht man schon von weitem an, dass es windschlüpfig ist. Mit rundem Bug, glatter Haut und schmalem, flachem Heck nehmen sich solche Fahrzeuge den Wassertropfen als Vorbild, die günstigste Form für niedrigen Luftwiderstand. Der Tropfen schlüpft durch den Wind, daher der Name. Man liest oder hört oft auch "windschlüpfrig", doch das führt in eine ganz falsche Richtung. Perfekt windschlüpfige Fahrzeuge sieht man indes nicht auf der Straße, sondern am ehesten bei Spritsparwettbewerben von Hochschulinstituten.

Die Aerodynamiker messen die Qualität dieser Windschlüpfigkeit mit einer Zahl: 0,30 ist schon ziemlich gut, bei besonders aerodynamischen Modellen wie dem neuen E-Klasse-Coupé von Mercedes-Benz liegt der Wert sogar bei 0,24. Diese Zahl benennt den sogenannten cw- oder auch cx-Wert. Alleine sagt dieser sogenannte Luftwiderstands-Beiwert allerdings nur wenig. Denn nicht er steht für den tatsächlichen Windwiderstand, sondern das Produkt aus dem cw-Wert und F - wobei F die Querschnittsfläche ist, also die zweidimensionale Ansicht des Autos von vorn. Der Zusammenhang ist simpel: Je höher und breiter ein Auto ist, desto mehr Widerstand leistet es dem Fahrtwind. Eine Karosserie mag auf den ersten Blick aerodynamisch wirken - und doch kann das Auto strömungsungünstig sein, denn die sichtbare Form beeinflusst den Luftwiderstand nur zu etwa 40 Prozent. Für 30 Prozent sind die Räder verantwortlich, 20 entfallen auf den Unterboden und die übrigen zehn Prozent auf die Durchströmung der Karosserie - sprich die Luft, die durch die Kühlluftgitter dringt.

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Diese 60 Prozent sozusagen versteckter Luftwiderstand rücken mehr und mehr in den Fokus der Aerodynamiker - zum Beispiel beim Autobauer BMW, der jüngst einen neuen Windkanal in Betrieb genommen hat, nach eigenem Bekunden den modernsten in Europa. Er lässt Sturm bis 300 km/h brausen, und die Besonderheit ist, dass in diesem Windkanal die Fahrzeuge rollen können. Sie bewegen sich auf einem Lauf- bzw. Fahrband aus Stahl, denn der reale Luftwiderstand lässt sich nur testen, wenn sich die Räder drehen und die Fahrbahn unter der Karosserie hindurchgleitet.

Gemessen werden in diesem Labor auch Kriterien wie der Auftrieb an Vorder- und Hinterachse, die Empfindlichkeit gegen Seitenwind, Windgeräusche, der Einfluss der Verschmutzung von Scheiben, Spiegeln und Leuchten. Nicht zuletzt auch die Luftströmungen bei einem offenen Cabrio. Am relevantesten aber ist der Luftwiderstand.

Zehn Prozent weniger Luftwiderstand sparen im Gesamtverbrauch etwa 2,5 Prozent Sprit. Bei hohen Geschwindigkeiten wird der Einfluss deutlich größer: Ein Hundertstel mehr cw-Wert kostet bei 120 km/h etwa einen Viertelliter mehr Treibstoff je 100 Kilometer. Dass breite Reifen den Luftwiderstand erhöhen, ist seit langem bekannt. Auch dass eine Verkleidung der Räder ihn deutlich mindern kann, wussten unsere Großväter schon. Vom Kotflügel verkleidete Radhäuser an der Hinterachse waren in den 30er Jahren durchaus üblich. Auch das ab 1999 angebotene Hybridmodell Honda Insight hatte in der ersten Modellgeneration verkleidete Hinterräder.

Unterboden und Radhäuser belohnen schon einfache Maßnahmen. Besonders auf Sparsamkeit getrimmte Sondermodelle, etwa die Bluemotion-Versionen von Volkswagen, unterscheiden sich von der Serie durch schmalere Reifen, glatte Unterbodenverkleidungen und oft auch durch gesteuerte Kühlluftöffnungen: Sie lassen den Luftstrom nur hinein, wenn der Motor ihn wirklich braucht. Oft sind die Spritsparer etwas tiefer gelegt, was für die Hersteller leicht zu bewerkstelligen ist: Sie bauen ein Sportfahrwerk ein, das sie ohnehin meist für PS-stärkere Versionen fertigen - eines der wenigen Beispiele, wo Energiesparen und Sport nicht im Widerspruch stehen. Eine neue BMW-Entwicklung in diesem Bereich ist der sogenannte Air Curtain: Der Fahrtwind wird durch eine Düse in die vorderen Radhäuser geleitet und erzeugt einen gezielten Luftstrom, der nicht nur die Bremsen kühlt, sondern auch Verwirbelungen unter den Kotflügeln verringert.

Bis etwa 80 km/h, so die Aerodynamiker, spielt der Luftwiderstand keine nennenswerte Rolle beim Spritverbrauch. Darüber allerdings wächst der Einfluss rapide: Genügen einem üblichen Kompaktwagen für 60 km/h etwa vier PS, so braucht er für 120 km/h schon 30 PS, für 180 km/h mehr als 100 - mit entsprechendem Mehrverbrauch. Wer Sprit sparen will, sollte sich also erstens ein Auto mit möglichst niedrigem cw-Wert kaufen und zweitens seinen Gasfuß im Zaum halten. Ein Surfbrett auf dem Dach erhöht übrigens den Luftwiderstand um bis zu 40 Prozent und umgerechnet den Verbrauch um etwa zehn Prozent. Ein offenes Cabrioverdeck kostet ähnlich viel (vor allem bei Viersitzern), ein nicht beladener Dachträger erhöht den Luftwiderstand bis zu zehn Prozent. Eine heruntergelassene Seitenscheibe schlägt mit etwa fünf Prozent zu Buche, ein offenes Schiebedach dagegen erhöht den Luftwiderstand nur minimal: um etwa zwei Prozent.
 

SoAk