Der Blick vom Spielplatz aus auf den Weidenzaun, der mit rankendem Pflanzwerk noch begrünt werden soll. Foto: Sandra Brock

In der Altstadt sind im Bereich der Torgasse lediglich Zäune mit einer Maximalhöhe von 1,20 Meter erlaubt. Ein in diesem Jahr errichteter Weidenzaun hat für Diskussionen im Technikausschuss gesorgt – ist am Ende aber genehmigt worden

Marbach - Ein aus Weiden gefertigter Zaun in der Torgasse sorgt hinter den Kulissen offenbar schon seit ein paar Monaten für Ärger. Puls-Rat Hendrik Lüdke machte den Zwist im Ausschuss für Umwelt und Technik jetzt öffentlich und trat in der Sitzung eine längere Diskussion los. Am Ende genehmigte die Mehrheit des Ausschusses die bereits errichtete Zaunanlage jedoch nachträglich. Lediglich Martin Mistele von den Freien Wählern, der die Genehmigung wie auch Hendrik Lüdke nicht nachträglich durchwinken wollte, votierte dagegen. Die beiden FW-Räte Claus Lillich und Peter Schick enthielten sich.

Der Zaun, holte Lüdke aus, habe eine Geschichte. Denn der Grünstreifen, auf dem er gebaut wurde, habe bis vor einem Jahr noch der Stadt gehört. Die Kommune habe besagte Fläche schließlich verpachtet, „und die Pächterin hat nichts anderes zu tun, als besagten Zaun gegen die Festsetzungen des dort gültigen Bebauungsplanes zu bauen“, wetterte Lüdke in der Sitzung. Eine Anwohnerin beschwere sich seit Monaten wegen des illegalen Zauns bei der Stadtverwaltung, doch die sei gegen den Schwarzbau nicht eingeschritten. Der seiner Ansicht nach „hässliche“ Zaun sei besonders für dort spielende Kinder nicht ungefährlich, da die Zweige spitz endeten. Zudem stelle er eine erhebliche Brandgefahr dar – besonders, wenn die Zweige ausgetrocknet seien. Darüber hinaus versperre er mit seinen 1,80 Meter die Sicht auf die Alexanderkirche. „Die Zaunhöhe wurde im Bebauungsplan doch gerade deshalb mit maximal 1,20 Meter bestimmt, um die schöne Aussicht nicht zu behindern.“ Zu guter Letzt sieht der Puls-Rat mit Blick auf die Wegbiegung um 90 Grad vom Postweg kommend auch eine erhöhte Unfallgefahr für Jogger und Radfahrer. „Ich finde es vollkommen unmöglich, hier nachträglich einen Schwarzbau zu legalisieren, der auf öffentlichem Grund errichtet wurde“, kritisierte Lüdke und legte sogar noch einen Vorwurf beziehungsweise eine Unterstellung drauf: Die Bauherrin dürfe wegen ihrer Stellung im öffentlichen Leben der Stadt keinen Vorteil gegenüber Otto Normalbürger haben. „Insoweit geht es nicht nur um den illegal errichten Sicht– und Lärmschutz, sondern um viel mehr. Gefragt sind Gleichheit vor dem Gesetz, gerechte Abwägung von privaten und öffentlichen Interessen und Verhinderung von Vitamin-B-Entscheidungen. Eine vermeintliche Elite der Stadt darf keine Vorteile bei städtischen Entscheidungen haben.“

Ein Vorwurf, den Stefanie Grams, die im Juni nach dem Rücktritt des Stadtmarketing-Vorsitzenden Simon Wurm in die Presche gesprungen war und kommissarisch die Führung des Vereins übernommen hatte, besonders trifft. 2013 zogen sie und ihr Mann nach Marbach. Der Zaun der Vorbesitzer, der wie viele andere in dem Gebiet höher als 1,20 Meter war, sei am Zusammenbrechen gewesen, erinnert sie sich, deshalb habe man ihn ersetzt. Der an das Grundstück angrenzende Grünstreifen sei ständig als Hundeklo benutzt worden und irgendwann einmal habe man bei der Stadt nachgefragt, ob man diesen nicht pachten und einen zweiten Zaun an die Grenze zum Weg setzen könne. Auch als Sichtschutz zum Spielplatz hin, wo sich lange Zeit abends Jugendliche zum Trinken getroffen hätten. „Wir haben sogar mit dem Bauhof geredet und gefragt, ob die Fläche zum Manövrieren gebraucht wird“, ergänzt Grams und betont, dass man stets in enger Absprache mit der Verwaltung ebenso wie mit den direkten Nachbarn gewesen sei. Was der Leiter des Bauamtes, Dieter Wanner, in der Sitzung bestätigte.

Bürgermeister Jan Trost verwies darauf, dass die AUT-Mitglieder bereits vor der Sommerpause nichtöffentlich informiert wurden und angekündigt war, dass in der ersten Sitzung nach der Pause die Thematik als Baugesuch komme. Lüdkes Vorwurf sei also falsch.

Doch zurück zur Entstehungsgeschichte des Zauns: Als der BUND Marbach und der Albverein Marbach Anfang des Jahres zu einer Pflegemaßnahme im Sulzbachtal aufriefen, habe man geholfen und in Absprache mit den Verantwortlichen die geschnittenen Weiden dann für den Zaun verwendet. In den Faschingsferien erreichte sie dann die Nachricht, dass sich eine Anwohnerin bei der Stadt beschwert hat. „Das Bauamt hat uns gebeten, den Zaun erst einmal nicht weiter zu bauen“, erinnert sich Grams. Nach fünf, sechs Wochen habe man dann – wiederum in Kenntnis der Verwaltung – weitergebaut, weil sich die geschnittenen Weiden sonst nicht mehr verarbeiten hätten lassen. Sie habe sich keine Gedanken darüber gemacht, ob der Zaun in der Höhe gebaut werden kann oder nicht, weil nicht nur der Zaun des Vorbesitzers, sondern auch umliegende Zäune ebenfalls so hoch seien. Langfristig soll das Weidengeflecht mit wildrankendem Grün und Blumen zuwachsen, die Grams zu ihrem Grundstück hin einpflanzt. „Das Ganze ist im Grunde nur ein Träger.“

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