Mit dem Null-Euro-Monatsticket wird der Fahrscheinkauf für Mitarbeitende bei der Landeshauptstadt überflüssig. Foto: Imago/Arnulf Hettrich

Die Stadt will bis zu 18 Millionen Euro für ein kostenfreies Ticket für ihre Beschäftigten aufwenden. Freie Träger schauen dagegen in die Röhre.

Die Entscheidung des Gemeinderates für ein Null-Euro-Ticket der Landeshauptstadt wird vom Caritasverband Stuttgart scharf kritisiert. Die kostenfreie Fahrkarte soll es von Mai an mit der Einführung des Deutschlandtickets geben. Die Stadt will die Kosten von 49 Euro im Monat komplett übernehmen, und zwar nicht nur für die eigenen Mitarbeitenden in Verwaltung, Eigenbetrieben und Klinikum, sondern auch zu 95 Prozent für Personal der freien Träger von Kindertagesstätten. Städtische Beteiligungsunternehmen sollen dem Beispiel folgen. Bisher gibt die Stadt einen Fixzuschuss von 28,30. Das Null-Euro-Ticket könnte die Stadt jährlich 18 Millionen Euro kosten.

Caritas: Skandalöse Entscheidung

Der Caritasverband reagiert auf die Entscheidung mit scharfer Kritik. Sie sei „nahezu skandalös, untragbar und änderungsbedürftig“, sagt Caritasdirektor Uwe Hardt. OB Frank Nopper (CDU) will das Null-Euro-Ticket vor allem im Werben um neue Arbeitskräfte einsetzen. Das befördere den „Kannibalismus auf dem Arbeitsmarkt“, so Hardt. Zwar zählten nach der Korrektur von Noppers Beschlusspapier nun auch Klinik- und Kita-Mitarbeitende zu den Begünstigten, in vielen Beriechen werde aber eine Zwei-Klassen-Gesellschaft geschaffen. Der einstimmig gefaste Beschluss für das Ticket sei daher „extrem kurzsichtig und schlicht falsch“.

Freie Träger übernehmen Aufgaben der Stadt

Hardt verweist auf den Fachkräftemangel im sozialen Bereich. Trägerübergreifend gelinge es mittlerweile kaum mehr, Personal zu akquirieren und zu halten, um pflegebedürftige Menschen in Stuttgart angemessen unterstützen zu können. Mit ihrem Vorstoß nehme die Stadt eine Spaltung vor „zwischen denjenigen, die eine Unterstützung verdienen und denjenigen, bei denen dies offensichtlich nicht der Fall ist.“ Hardt nennt in seinem Schreiben an Nopper, die Verwaltungs- und Finanzbürgermeister Fabian Mayer und Thomas Fuhrmann (alle CDU) sowie Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann (Grüne) und alle Fraktionsvorsitzenden Beschäftigte in der Pflege, Suchtberatung, Ganztagesschulen, der Begleitung Geflüchteter oder Wohnsitzloser sowie Ehrenamtliche. Die Gruppen unterstützten hilfsbedürftige Menschen in Stuttgart, „was die Aufgabe von Kommunen ist“, so Hardt. Für diese sie die Subvention „ein Schlag ins Gesicht“.

Caritas spricht von „Selbstbedienung“

Der Caritasdirektor wirft der Stadt mangelnde Bereitschaft vor, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Die freien Träger würden mit ihren Problemen alleingelassen. Nun greife der Arbeitgeber Stadt in die Steuer-Schatulle, um sich einen Vorteil zu verschaffen. „Das ist Selbstbedienung“, so Hardt. Der Beschluss für das Null-Euro-Ticket bedürfte daher dringend einer Korrektur. Seine Forderung: Die Mitarbeitenden und ehrenamtlich Tätigen in sozialen Arbeitsfeldern sollten das 49-Euro-Ticket ebenfalls kostenfrei beziehen können.