Erst ein erfolgreicher Europapokal-Abend mit dem VfB, dann Ärger bei der Heimfahrt mit dem Zug. Erneut sind Bahngäste nachts gestrandet und kamen nicht nach Hause.
Erneut haben Reisende eine Nacht auf einem baden-württembergischen Bahnhof verbringen müssen. Diesmal traf es Fahrgäste, die am vergangenen Donnerstag von Stuttgart in Richtung Crailsheim unterwegs waren. Demnach fuhr der Regionalexpress schon mit einer Verspätung von mehr als einer halben Stunde in Stuttgart los. In Schwäbisch Hall-Hessental ging es dann gar nicht mehr weiter. „Wir wurden aus dem Zug geworfen“, berichtete ein Reisender gegenüber unserer Zeitung. Wegen des kurz zuvor zu Ende gegangenen Europa-League-Spiels des VfB Stuttgart war das Fahrgastaufkommen in dieser Nacht besonders hoch.
„Ich kann bestätigen, dass dieser Zug mit großer Verspätung in Stuttgart gestartet und dann in Schwäbisch Hall-Hessental geendet hat“, sagte ein Sprecher der zuständigen Zuggesellschaft Arverio. Demnach hätte der Regionalexpress um 23.27 Uhr den Stuttgarter Hauptbahnhof verlassen sollen. Tatsächlich tat er dies erst um 0.08 Uhr. In Bad Cannstatt, wo viele Fans vermutlich lieber noch etwas im und um das Stadion gefeiert hätten, als auf dem Bahnsteig zu warten, betrug die Verspätung schon eine Dreiviertelstunde.
Verweis an das Videoreisezentrum
Zu den Gründen konnte der Sprecher keine Angaben machen. Die entsprechende Verbindung sei in dieser Nacht von dem Bahndienstleister TRI bedient worden. Das Privatunternehmen fährt im Auftrag und mit älterem Zugmaterial Ersatzverkehre. Für die Umrüstung auf die digitale Leittechnik ETCS im Zuge des Projekts Stuttgart 21 muss Arverio, wie andere Bahngesellschaften, die etatmäßigen Züge im Landesdesign nach und nach vorübergehend abgeben. Die Garnituren müssen umgerüstet und neu zugelassen werden, sagte der Arverio-Sprecher. Eine Anfrage bei TRI wurde bisher nicht beantwortet.
Als der Zug in Schwäbisch Hall-Hessental um 1.21 Uhr vorzeitig endete, betrug die Verspätung laut Fahrplananzeige schon eine knappe Stunde. Das Bahnpersonal habe erklärt, man solle sich für die Weiterreise nach Eckartshausen-Ilshofen und ins rund 30 Kilometer entfernte Crailsheim an das Videoreisezentrum am Haller Bahnhof wenden, berichtete der Fahrgast. Dort würden Taxi- und gegebenenfalls auch Hotelgutscheine ausgegeben.
Die drei wartenden Taxen sind sofort voll
Doch wie sich herausstellte, war das Videoreisezentrum, bei dem man einen Bahnmitarbeiter über einen Bildschirm erreicht, um diese Uhrzeit längst geschlossen. Die drei Taxen, die am Bahnhofsvorplatz standen, seien schnell gefüllt gewesen. Die Fahrgäste hätten die Kosten zunächst selbst tragen müssen. Nach den Europäischen Fahrgastrechten werden ihnen aber bis zu 120 Euro Taxigeld auf Antrag ersetzt.
Immerhin sei einem Bekannten beim Ausfüllen des Formulars am nächsten Tag vom Personal im DB-Reisezentrum im Crailsheim geduldig geholfen worden, sagte der Fahrgast. Er selber habe, wie andere auch, die Nacht allerdings im Bahnhof Hessental verbringen müssen. Der nächste Zug nach Crailsheim fuhr fahrplanmäßig erst um 5.37 Uhr. Hotels gibt es in unmittelbarer Bahnhofsnähe nicht, das nächste Hotel ist etwa zwei Kilometer Fußmarsch entfernt.
Nur die DB gibt bisher Taxigutscheine aus
Schon vor knapp zwei Wochen waren mehrere Dutzend Fahrgäste bei ihrer nächtlichen Fahrt von Würzburg nach Stuttgart in Heilbronn gestrandet. Auch dort war ein Zug von Arverio betroffen gewesen. Der Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kritisierte daraufhin das Krisenmanagement und forderte die Bahngesellschaften dazu auf, ihre Fahrgäste in solchen Situationen nicht allein zu lassen.
Die von ihm verfügte Ausgabe von Taxi- und Hotelgutscheinen wird aber bisher offenbar nur von der Deutschen Bahn umgesetzt. Arverio fehlt es dafür bisher nach eigenen Angaben an Personal. Auch bei der DB laufe vieles nicht gut, sagte der Fahrgast. Wenn er höre, dass Arverio demnächst noch mehr Strecken übernehmen solle, sei er aber alles andere als begeistert.