Foto: Sebastian Steegmüller

Seit zwei Jahren gehen die Anwohner in der Badstraße auf die Barrikaden. Sie sind von einem Abschleppdienst genervt, der aus ihrer Sicht viel Lärm verursacht. In der Nachbarschaft wurden schon Unterschriften gesammelt, auch Beschwerden bei der Stadt eingereicht. Jetzt prüft das Baurechtsamt die Belastung.

Bad Cannstatt - Der Abschleppdienst in der Eisenbahnstraße erhält dieser Tage unangenehme Post. Genauer gesagt hat die Stadt dem Vermieter der Werkstatt ein Einschreiben mit Zustellungsurkunde geschickt. Darin wird mitgeteilt, dass das Unternehmen künftig nachts sowie an Sonn- und Feiertagen keine Autos mehr auf den Hof schleppen darf. „Es wurde nur teilweise eine Genehmigung erteilt“, sagt Rainer Grund, stellvertretender Leiter des Baurechtsamtes. Der Betrieb sei an Werktagen von 6 bis 22 Uhr zugelassen worden.

 

Bemerkenswert: In den vergangenen zwei Jahren waren die Mitarbeiter, wie auf der Internetseite des Abschleppdienstes beworben, rund um die Uhr im Einsatz. Streng genommen nutzten sie die Räume ohne Erlaubnis. Denn im Jahr 1955 ist auf dem Grundstück, das in einem Mischgebiet liegt, zwar bereits eine Autowerkstatt genehmigt worden. Schon damals wurde allerdings festgelegt, dass die Arbeiten an den Fahrzeugen ausschließlich in geschlossenen Räumlichkeiten – also nicht auf dem Hof – und nur zwischen 7 und 21 Uhr durchgeführt werden dürfen. Die Nachtruhe der Anwohner sei zu respektieren.

Nachträgliche Änderung beantragt

Um auf der sicheren Seite zu sein, hat der Vermieter der Werkstatt Anfang März reagiert und eine nachträgliche Änderung des Baurechts bei der Stadt beantragt. Ein Gutachter eines zugelassenen Fachunternehmens hat anschließend die Belastung der Anwohner überprüft. Er kam jedoch zu dem Schluss, dass ein 24-Stunden-Betrieb nicht genehmigt werden kann.

„Der Lärm war ausschlaggebend“,sagt Rainer Grund. Untersucht wurde, wie groß die Belastung in geschützten Aufenthaltsräumen ist. Dazu zählen das Schlaf- und Wohnzimmer, jedoch nicht das Bad, das Klo und die Küche. „Der Messpunkt liegt einen halben Meter vor dem geöffneten Fenster, also außerhalb der Wohnung“, sagt Grund. Selbstverständlich seien die zulässigen Grenzwerte, gemessen wird in Dezibel, tagsüber höher als nachts. Berücksichtigt werde aber auch, zu welchen Uhrzeiten wie viel Betrieb ist.

Harald Offenhäußer, der in der Badstraße wohnt, benötigt keine Messgeräte, um die Belastung zu messen. Der Hof, der zum Abstellen von Fahrzeugen genutzt wird, grenzt direkt an sein Grundstück und liegt nur wenige Meter von seiner Wohnung entfernt. „Es nervt. Die Abschleppwagen sind rund um die Uhr sieben Tage die Woche im Einsatz und fahren mit gelbem Blinklicht vor.“ Sobald der Rückwärtsgang eingelegt werde, komme noch ein schrill piepsender Warnton dazu. Mit seiner Einschätzung ist Offenhäußer nicht alleine. Einer seiner Nachbarn hat schon eine Gelbe Karte bei der Stadt eingereicht. Rund 50 Anwohner haben sich zudem an einer Unterschriftensammlung beteiligt. Ein Cannstatter, der ebenfalls in der Badstraße wohnt, aber namentlich nicht genannt werden will, hat weniger ein Problem mit dem Lärm. Er wohne nicht direkt an dem Hof. „Jedes Mal, wenn die Fahrzeuge jedoch in der Eisenbahnstraße rangieren, ist sie minutenlang blockiert. Für solch ein Unternehmen ist die Gegend absolut ungeeignet.“

Luftgebremste Modelle

Weiteres Problem: Das Unternehmen setzt laut städtischem Amt für Umweltschutz teilweise Lastwagen ein, bei denen es sich um luftgebremste Modelle handelt. Fahrzeuge, die erst bewegt werden können, wenn der erforderliche Mindestdruck aufgebaut wurde. Dazu muss jedoch der Motor laufen. „In diesem Fall stellt das Laufenlassen des Motors eine bestimmungsgemäße Bedienung des Fahrzeugs dar“, heißt es vonseiten des Amtes. Sehr zur Verärgerung von Offenhäuser: „Die Lastwagen verschmutzen bei laufendem Motor die Luft. Da fragt man sich schon, was das für Relationen sind: Feinstaubalarm hier und mitten im Gebiet von Wohnhäusern wird auf engstem Raum die Luft verpestet.“ Der Inhaber des Abschleppdienstes, der sich zu den Vorgängen nicht äußern wollte, muss die Einschätzung des Baurechtsamtes nicht akzeptieren. „Das Unternehmen kann einen Monat lang Widerspruch einlegen“, sagt Grund. Anschließend treffe das Regierungspräsidium eine Entscheidung. „Sollte es dazu kommen, überlegen wir uns, was wir machen.“ Ein Vollzug der Entscheidung sei möglich.