Innerhalb der Satire-Partei „Die Partei“ hat sich ein Aktionsbündnis gegründet – das Ziel: Der Sturz des „Größten Vorsitzenden aller Zeiten“.
Hamburg/Brüssel - Vorbilder braucht es, auch in der Politik. Wieder einmal wandelt „Die Partei“ auf den Spuren der Alternativen für Deutschland (AfD). Dem Beispiel des „Weckruf 2015“ der Eurokritiker folgend, hat sich nun auch innerhalb der Satire-Partei ein politisches Aktionsbündnis gegründet. Der Name: „Chance5000“. Der Initiator: Leo Fischer, Mitglied des Parteivorstands und wie Sonneborn Ex-Chefredakteur der Satirezeitschrift „Titanic“. Fischer will das schaffen, woran keiner glaubt: Er will ihn stürzen. Ihn, Martin Sonneborn, Gründer der „Partei“ und deren „Größter Vorsitzende aller Zeiten“, wie er intern respekt- und liebevoll zugleich genannte wird.
Vor elf Jahren entstand „Die Partei“ als Persiflage auf alle real existierenden Parteien. Mit der Gründung der internen Gegenbewegung nimmt sie jetzt wieder einmal die AfD aufs Korn. Und inszeniert einen Machtkampf, der an Unterhaltungswert dem der Alternative für Deutschland in nichts nachsteht.
Sogar frisurentechnisch hat sich Leo Fischer seinem Vorbild Frauke Petry, der neuen Vorsitzenden der AfD, angepasst: Bei seiner Rede auf der Feier zum zehnten Geburtstag der „Partei“ in Hamburg – der in der Dildofabrik, einem Club auf St.Pauli, gefeiert wurde – tritt der sonst in seriösem Kurzhaarschnitt auftretende Fischer mit frechem Petry-Fransenponny vor die Parteimitglieder. Und wettert, was das Zeug hält. In einer elfminütigen Rede rechnet Fischer dort mit Parteichef Sonneborn ab. Dieser sitzt nun schon seit mehr als einem Jahr im Europäischen Parlament. Wie Ex-AfD-Chef Bernd Lucke.
Jedem Parteimitglied stünden rein rechnerisch 5000 Euro zur Verfügung
Ursprünglich hatte er vor, sein Mandat jeden Monat an einen anderen Parteifreund weiterzugeben und so die EU finanziell zu schröpfen. Dieses Vorhaben hat Sonneborn wegen juristischer Bedenken allerdings rasch wieder verworfen. Und sich so anscheinend den Unmut der eigenen Parteimitglieder zugezogen. Auch der großmundig angekündigte Plan, möglichst vielen Leuten lukrative Jobs auf EU-Kosten zu verschaffen, ist nicht so aufgegangen, wie sich das manche Parteiler erhofft hatten.
„Hunderte Verbände warten auf Geld, Tausende Mitglieder leben in Armut“, heißt es auf der Internetseite des Bündnisses „Chance5000“. „Der bisherige Bundesvorsitzende M. Sonneborn ist leider vor kurzem verrückt geworden (wg. Europa) und rückt das Geld nicht raus.“ Nach Fischers Berechnungen – und damit erklärte sich auch der Name der Initiative – stünden für jedes Parteimitglied rein rechnerisch 5000 Euro zur Verfügung. „Genaue Beträge können abweichen“, heißt es allerdings in einer besonders klein gedruckten Fußnote. Aber das nur am Rande.
In der Dildofabrik wird Fischer deutlich: Der große Vorsitzende habe sich verändert. „Es ist kein schöner Anblick“, so Fischer. „Er wirkt reizbar und nervös.“ Selbst enge Freunde und Mitbegründer der Partei würden den Mann nicht wiedererkennen. Sein Verhalten sei völlig rätselhaft. Zu den Gründen gäbe es lediglich Spekulationen „Vielleicht haben die endlosen Brüsseler Sektempfänge seinen Wertekompass zerbröselt“, wirft Fischer eine davon in den rotbelichteten Raum.
Sonneborn gibt sich gelassen
Und Sonneborn? Der gibt sich gelassen. In einem Interview mit „Spiegel online“ sagte er: „Wir sind eine extrem führerzentrierte Partei“. Innerparteiliche Demokratie sei mit ihm nicht zu machen. „Ich halte es eher mit dem Erfolgsrezept von Altkanzler Helmut Kohl, Kanzlerin Angela Merkel und Nordkoreas Diktator Kim Jong Un.“ Wohin Transparenz und Mitsprache führen, könne man bei Piraten, Grünen, Linken sehen, „und am besten bei den ehemaligen Sozialdemokraten.“
Wie ernst der angebliche Putsch gegen Sonneborn gemeint ist, wird sich möglicherweise erst am 3. Oktober aufklären. An diesem Tag steigt der Bundesparteitag der „Partei“ in Frankfurt, wo Fischer gegen den bisherigen Vorsitzenden kandidieren will. Dass ihn das selbe Schicksal ereilen wird wie Ex-AfD-Chef Bernd Lucke, der letztendlich wegen parteiinterner Querelen aus der selbst gegründeten Partei ausgetreten ist, daran glaubt Sonneborn nicht. „Ich werde Leo Fischer ein Angebot machen, dass er nicht ausschlagen kann“, sagte er unserer Zeitung. Im Gegensatz zu Lucke habe er seinen Laden im Griff. „Ich bin aber auch schon seit über zehn Jahren in der Politik, vielleicht macht das den Unterschied.“