Der Ärger um den Gewa-Tower nimmt kein Ende. Foto: Hans-Dieter Wolz

Der monatelange Baustopp beim Gewa-Tower in Fellbach wirkt sich negativ auf die ganze Umgebung aus. Eine Straße kann nicht wegen der Gewa-Verträge mit der Stadtverwaltung nicht fertiggebaut werden, obwohl in diesem Abschnitt 150 Wohnungen vermietet worden sind.

Fellbach - Von der Eberhardstraße in Fellbach ist zwischen der Friedrich-List- und der Bühlstraße nur noch ein bisschen Untergrund übrig. Fahrbahnunterbau und -decke fehlen. Gut 15 Zentimeter liegen zwischen der aufgrissenen Straße und den fertiggestellten Parkplätzen vor dem Wohnbau-Projekt Turrealis in der Eberhardstraße. Weil sie die Straße vom Ausgang der Tiefgarage nicht erreichen können, fahren die Bewohner der etwa 150 Wohnungen zig Meter über den Gehweg, um sich in den Straßenverkehr der Bühlstraße einreihen zu können. Monatelang war fast kein Bauarbeiter mehr dort zu sehen.

Dass die Straße nicht fertig ist, obwohl fast alle Mieter hinter den Klinkerfassaden längst eingezogen sind, empört diese. Die Firma Weisenburger Projekt, die das Turrealis erfolgreich errichtet und an einen institutionellen Geldanleger verkauft hat, trifft allerdings keine Schuld. Die Firma hat nach eigenen Angaben ihren Teil der Bauarbeiten, darunter eben den Gehweg und die Parkplätze in der Eberhardstraße, abgeschlossen und sogar schon abgerechnet. Nur Restarbeiten sind in diesen Tagen noch vorgenommen worden. „Mich ärgert’s auch“, sagt der Geschäftsführer von Weisenburger Projekt, Sven Müller, „aber wir haben unseren Teil erledigt“.

Wegen ihrer Verträge kann die Stadt nicht fertig bauen

Doch für den Bau der öffentlichen Straße verweist die Stadtverwaltung Fellbach auf den insolventen Gewa-Tower in der Nähe. Durch die Insolvenz und die vertraglichen Verpflichtungen könne die Stadt die angefangenen Projekte nicht selbst fertigstellen, sagt Bürgermeisterin Beatrice Soltys. Die Stadt hat sich demnach durch ihren Vertrag auf der Grundlage des vorhabenbezogenen Bebauungsplans auf dem ehemaligen Fromm-Gelände selbst gebunden. Die Infrastrukturmaßnahmen, so sagt Bürgermeisterin Beatrice Soltys, habe die Stadt an die Gewa 5 to 1 GmbH und Co. KG vergeben, die ihrerseits die Arbeiten in Auftrag gegeben hat.

Bezahlen kann die insolvente Gewa nicht mehr. Die Baufirmen sind deswegen abgezogen. Außer der Fahrbahn in der Eberhardstraße müssen auch Straßenumbauten, Gehwege, Parkierungen und Zufahrten in der Friedrich-List-Straße, der Schorndorfer Straße und der Bühlstraße – soweit noch nicht abgeschlossen – wegen der Insolvenz ruhen. „Uns sind die Hände gebunden, dies gilt für alle Maßnahmen rund um den Tower – auch in der Eberhardstraße“, sagt die Baubürgermeisterin.

Neue Turminvestoren müssen auch den Straßenbau zahlen

Der vorläufige Insolvenzverwalter Ilkin Bananyarli bestätigt, dass die Infrastrukturmaßnahmen bei der Suche nach einer Rettung für den Towerbau eine Rolle spielen: „Die beiden Interessenten für den Tower sind sich bewusst, dass auch der Straßenbau in die noch zu leistenden Arbeiten eingeschlossen ist“, sagt der Sprecher des Insolvenzverwalters auf Anfrage unserer Zeitung. „Die Verpflichtung gegenüber der Stadt, die Straßen fertigzustellen, geht auf einen Käufer über und muss von ihm erfüllt werden.“ Diese Kosten dürften nur einen kleinen Teil dessen darstellen, was der Turm noch verschlingt, bis er fertig ist. Vor kurzem wurden in der Anleihegläubigerversammlung 26 Millionen Euro dafür genannt, berichtete ein Teilnehmer. Der Generalunternehmer Baresel GmbH soll sogar fast 30 Millionen Euro für diese Aufgabe verlangt haben, berichtet der „Immobilienbrief Stuttgart“.

Bürgermeisterin Soltys will jetzt den Brandschutz verbessern und Sicherheit erhöhen

Dass den Bauherren aus der Gewa 5 to 1 GmbH und Co. KG, Mark und Michael Warbanoff, das Geld für den 107 Meter hohen Wohnturm ausgegangen ist, ist also auch am Schlamassel in der Eberhardstraße schuld. Obwohl das Tower-Grundstück gar nicht an die Eberhardstraße angrenzt. Der städtebauliche Vertrag stammt ursprünglich aus einer Zeit, als das gesamte Areal zwischen den genannten Straßen noch in der Hand der Familie Warbanoff lag. Erst später haben Mark und Michael Warbanoff das Grundstück geteilt und das später Turrealis genannte Wohnbauvorhaben an die Firma Weisenburger Projekt übergeben.

Der Stand der Straßenbauten rund um den ganzen Gewa-Tower sei unbefriedigend, gibt die Fellbacher Baubürgermeisterin Beatrice Soltys zu. „Die Sicherheit muss aber gewährleistet sein“, sagt sie jetzt, nachdem sie zuvor monatelang untätig geblieben ist. Sie kündigt „geeignete Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit und der Gewährleistung des Brandschutzes“ an.

Dabei geht es um die Feuerwehrzufahrt, die Parkplätze und noch zu erledigende Aufräumarbeiten. In den kommenden Tagen werden Vertreter der Stadtverwaltung die Sicherheit vor Ort überprüfen, veraltete Bauschilder entfernen, Abschrankungen kontrollieren und auf Einhaltung der Verkehrssicherheit achten.