Bernd Gruber kann nicht verstehen, dass seine Gewächshäuser nicht wie landwirtschaftliche Flächen behandelt werden. Foto: Avanti/Ralf Poller

Bei den Gewächshäusern von Bernd Gruber aus Erdmannhausen (Kreis Ludwigsburg) ist ein höherer Bodenrichtwert als in Gewerbegebieten angesetzt worden. Er sieht seinen Betrieb gefährdet. Rund 20 Mitarbeiter könnten auf der Straße stehen.

Ein früherer Lehrer war stinksauer, als Bernd Gruber nach dem Abitur partout nicht studieren wollte. Doch Gruber war mehr daran gelegen, direkt etwas zu bewegen, blieb wie sein Vater in der Landwirtschaft, stellte jedoch auf Direktvermarktung um und machte sich mit seiner Gärtnerei im Raum Marbach einen Namen. Nun sieht er allerdings die Existenz seines Betriebs gefährdet.

Wert ist höher als in Gewerbegebieten

Grund ist der Steuermessbescheid, der ihm vor einiger Zeit ins Haus geflattert ist. Maßgeblich dafür ist im Land neuerdings insbesondere der Bodenrichtwert der Grundstücke. Die Kommunen werden dazu in einzelne Zonen unterteilt, für die die Gutachterausschüsse je nach Lage Pauschalwerte bestimmen. Seine Gewächshäuser, die außerhalb von Erdmannhausen in der Nähe des Häckselplatzes stehen, seien auf 135 Euro pro Quadratmeter taxiert worden, sagt Bernd Gruber. Das entspricht dem Betrag, der in Erdmannhausen für eine Wohnbebauung auf einem Aussiedlerhof angesetzt wurde. Firmengelände im Gewerbegebiet wurde mit 125 Euro bewertet. Selbst die Betriebe im benachbarten Affalterbach, wo die Mercedes-Edelschmiede AMG beheimatet ist, kommen größtenteils besser weg. „Das ist doch paradox, dass AMG weniger bezahlen soll als ich. Das ist fernab jeglicher Realität. Es kann doch nicht sein, dass ich das teuerste Gewerbegrundstück der ganzen Umgebung habe“, sagt Bernd Gruber.

Der 48-jährige Familienvater hat sich auch mit Kollegen ausgetauscht. „Die stehen alle mit offenen Mündern da und können es nicht fassen“, erklärt er. Bei niemandem aus seinem Metier würden auch nur annähernd ähnliche Beträge aufgerufen. Auch dem Gärtnereiverband seien keine vergleichbaren Fälle bekannt. Natürlich müsse die Gemeinde erst noch die Hebesätze für die Grundsteuer bestimmen, woraus sich schließlich der endgültige Betrag ergibt, den er ans Finanzamt überweisen wird. Doch für Gruber ist angesichts der immensen Fläche, um die es beim ihm geht, klar, dass er das nicht verkraften wird. „Das sind ja Zusatzsteuern, die seither so nicht angefallen sind. Ich weiß nicht, wie ich das erwirtschaften soll. Dann ist es fertig, dann drehe ich den Schlüssel rum“, sagt er. Würde er den Betrieb aufgeben, stünden rund 20 Mitarbeiter fürs Erste ohne Job da.

In der Gärtnerei darf verkauft werden, aber nicht zu jeder Zeit. Foto: A/vanti/Ralf Poller

Der Gärtnermeister kann nicht nachvollziehen, warum die Verantwortlichen seine Gewächshäuser mit einer derartigen Summe taxiert haben, wie er sagt. Bei Kollegen sei der Quadratmeter wie bei landwirtschaftlichen Flächen üblich mit um die fünf Euro angesetzt worden. Vielleicht hänge es mit dem Antrag auf eine Verkaufserlaubnis zusammen, den er einst für die Gärtnerei eingereicht habe, vermutet er. Die Behörden hätten daraus womöglich geschlossen, dass es sich um eine dauerhafte Siedlungsstelle handele. Aber die Gärtnerei sei nur temporär genehmigt, müsse nach einer Betriebsaufgabe rückgebaut werden. Die Verkaufszeit sei beschränkt. Ein Haus dürfe er gar nicht auf den Grundstücken errichten, er habe weder Strom- noch Wasseranschluss.

Rückmeldung vom Finanzamt

Das Finanzamt habe ihm dennoch rückgespiegelt, dass er bei seiner Grundsteuererklärung die 135 Euro pro Quadratmeter veranschlagen müsse. Also ganz so, wie es die Bodenrichtwertkarte vorsieht, in deren Legende aber ausdrücklich vermerkt ist, dass dieser Betrag für Aussiedlerhöfe mit Wohnbebauung gilt.

Die Finanzverwaltung sei an die Richtwerte gebunden, hatte die Pressestelle des Finanzministeriums erst unlängst in einem anderen strittigen Fall in Erdmannhausen betont. Wer mit den Werten der Gutachterausschüsse nicht einverstanden sei, könne sich aber direkt an diese wenden. Die Gremien könnten bei einer Fehleinschätzung gegebenenfalls neue Werte beschließen. Möglich sei auch, über einen Sachverständigen nachzuweisen, dass der Ausschuss mit seiner Evaluation eklatant danebenlag.

Die Gewächshäuser liegen im Außenbereich am Steinweg. Foto: Christian Kempf

Letzteres hat Bernd Gruber nun vor. „Ich habe Widerspruch gegen den Bescheid des Finanzamts eingelegt, der wurde aber abgelehnt“, sagt der Gärtnermeister. An den Gutachterausschuss Bottwartal und Umgebung habe er sich nicht formal gewandt, weil er gehört habe, dass dieser für den Außenbereich gar nicht zuständig sei.

Gutachterausschuss sagt: An uns liegt es nicht

„Wir sind auch für den Außenbereich zuständig“, stellt allerdings Florian Petschl, ehrenamtliches Mitglied des Ausschusses, klar. Der Marbacher Landwirt bestätigt, dass bei Grubers Gewächshäusern die Zahl von 135 Euro pro Quadratmeter hinterlegt sei. „Aber das gilt nur für den Fall, dass dort eine Wohnbebauung realisiert wurde oder möglich ist“, betont Petschl. Falls nicht, müssten nur 4 Euro angesetzt werden. Eine Zahl, die ebenfalls über solchen landwirtschaftlichen Flächen aufblitze, wenn man über die Bodenrichtwertkarte im Internet scrolle. „Das ist auch bei anderen Zonen im Außenbereich so. Welcher der beiden Werte für welche Parzelle zutrifft, können aber nicht wir entscheiden“, sagt Petschl. Das müssten die Eigentümer selbst in der Steuererklärung vermerken. „Ob Bernd Gruber das also falsch eingetragen hat oder das Finanzamt einen Fehler bei der Bewertung oder Beratung gemacht hat, kann ich nicht beurteilen. An uns liegt es jedenfalls nicht“, erklärt der Mann vom Gutachterausschuss.

Im Internet die Bodenrichtwerte abfragen

Berechnung
Die Grundsteuer wird zum 1. Januar 2025 auf einer anderen Basis als bislang berechnet. Maßgeblich ist nun vor allem der Bodenrichtwert, den Gutachterausschüsse für vergleichbare Zonen einer Kommune ermitteln. Dieser wird mit der Grundstücksfläche und einer gesetzlich vorgegebenen Steuermesszahl sowie am Ende mit dem Hebesatz multipliziert.

Durchklicken
Wer wissen will, wie sein eigenes Grundstück kategorisiert ist oder wo nach Ansicht der Gutachter die teuersten Quartiere liegen, kann sich im Internet durch die Anwendung Boris-BW klicken. Und zwar unter https://www.gutachterausschuesse-bw.de/borisbw/?lang=de.