Beide haben über Jahrzehnte Partys und Musiktrends in Stuttgart geprägt: Uwe Hacker und DJ Hille (rechts) im Perkins Park. Foto: engelhard-photography-/A.ENGELHARD

Uwe Hacker, einst der bekannteste Kopf im Perkins Park, kehrt beim „Älternabend“ an den Ort seiner wilden Jahre zurück. DJ Hille, einst Hero im Müsli, legt auf. Party-Legende Hacker kritisiert die heutige Clubszene – und doch kehrt die Magie der 80er zurück.

Der Spruch ist weit verbreitet, denn man hört ihn sehr oft. Sollten nicht mehr ganz so blutjunge Menschen vor einem Club um Einlass bitten, werden sie angeblich gern mit folgender Bemerkung empfangen: „Jetzt kommet die schon zum Sterben!“

 

Beim Älternabend, bei einer der momentan erfolgreichsten Partyreihen im 1980 eröffneten Perkins Park, kommen die Gäste, auch wenn sie deutlich über 30, 40, 50 oder 60 sind, nicht zum Sterben – sie kommen zum Tanzen.„Feierlaune hat nichts mit dem Alter zu tun“, steht auf der Homepage der Killesberg-Location, die vor 44 Jahren als „Stuttgarter Nobeldisco“ gestartet ist.

Wer einen „Älternabend“ veranstaltet, muss Lizenzgebühr bezahlen

Der Name Älternabend ist geschützt. Quer durch Deutschland finden Partys unter diesem Titel statt, weil es wohl viele Musikfans im fortgeschrittenen Alter gibt, die in Clubs auf die Musik von früher tanzen wollen. Wer hat an der Uhr gedreht? Wer wie der Perkins Park einen Älternabend veranstaltet, muss Gebühren zahlen an die Lizenzgeber, die sich den Namen schon vor Jahren einfallen ließen.

Älternabend – das klingt ein wenig nach: Älter werden ist nicht schwer, älter sein dagegen sehr. In diesen Nächten wird aber auch klar: Mit dem Älterwerden fängt man am besten erst später an. Wer das hinkriegt, bleibt cool. Oder wie wird man mit Würde alt?

DJ Hille hat viele Fans

Cool ist der Musikpräsentator dieser Nacht. Er hat zwei Jobs: Seit 1982 ist Andreas Hillermann DJ und seit 1983 Friseurmeister. Als DJ Hille an der Rille ist er vor vier Jahrzehnten zu einem der Nachtheros von Stuttgart geworden. Beim Älternabend im Perkins Park legt der 60-Jährige nun ohne Rille auf (ein Stick ersetzt das Schleppen der schweren Plattenkisten), schafft wunderbare Übergänge von Depeche Mode zu den Pet Shop Boys. DJ Hille ist ein Grund, warum es in dieser Nacht so voll ist. Sein Name hat bei den Kindern der 80er noch immer einen guten Klang. DJ Hille hat viele Fans, wie sich an diesem Abend zeigt. Immer wieder steigen Gäste die Treppe zur DJ-Kanzel hoch und umarmen ihn.

Unter der Discokugel ist am Älternabend voll. Foto: Andreas / Engelhard

Das 1984 eröffnete Müsli hat DJ Hille geprägt

Wer weiß, wo Andreas Hillemann in jungen Jahren an der Machtposition eines DJ-Pults stand, wundert sich nicht, dass ihm immer wieder Verrücktes einfällt. DJ Hille hat die Schule des Lebens nächtens an der Reinsburgstraße besucht. Das 1984 eröffnete Musicland hat ihn geprägt. Das Müsli, wie der Ort bis zur Schließung im April 2004 genannt wurde, besaß einen hohen Coolness-Faktor und galt als Einsteiger-Disco für Nachteulen.

Die Fantas gingen hier ein und aus, zumal Andreas „Bär“ Läsker, ihr Manager, im Haus direkt darüber sein Büro hatte. Hille war dabei, als die Vier 1989 ihr allererstes Konzert im Kindergarten gaben. Eine Geschichte erzählen sich Müsli-Fans bis heute gern. Als die Fantas 1992 im Theaterhaus in Wangen ihr Album „4 gewinnt“ präsentierten, ließen sie sich danach in einer sechstürigen Stretchlimousine samt Motorrad-Eskorte zur After-Show-Party ins Müsli chauffieren. Im Auto händigte Manager „Bär“ die Umschläge aus: Es gab 4500 D-Mark für jeden Fanta.

Gespielt wurde im Müsli nahezu alles – von AC/DC bis Techno. Wer besonders cool war, kam nur zum Abhängen. In seinem Buch „Lokalhelden“ schreibt Jörg Harlan Rohleder: „Hier wird nicht getanzt, das ist die goldene Regel. Die einzigen, die sich nicht dranhalten,sind Menschen aus Landkreisen mit den Autokennzeichen LB, WN, RT, TÜ, CW und BB und natürlich die Rich Kids von der Merz-Schule.“

DJ Hille hat auch im Oz, in der Boa und im Lichtblick aufgelegt. Und nun gehört der DJ-Pult im Perkins Park ihm – vor ihm sitzt Marc an der Lichtmaschine, versetzt die vollbetanzte Großraumdisco in aufregende Farben, die dem Rhythmus folgen. Hinter der Empore befindet sich ein Zimmer für die DJs, in das früher angeblich nur Groupies zwecks amouröser Angelegenheiten hereingelassen wurden.

Uwe Hacker fing in den 70ern im Ufo an

Wie amourös war das dort? Die Frage richtet sich an Uwe Hacker, der beim Älternabend den 65. Geburtstag eines Freundes feiert. In 16 Jahren ist er als Resident-DJ mit seinen langen Lockenschopf zum bekanntesten Kopf des Parks geworden.

So sah Uwe Hacker zu seinen Perkins-Park-Zeiten aus. /privat

„Da hinten war mein Büro“, antwortet der einstige Trendmacher, der nun kurze Haare trägt. Wenn es was im DJ-Kämmerlein zu besprechen gab, legte er einen 19-Minuten-Song auf. Froh ist er, dass es damals keine Handys gab. Die Beweis-Selfies fehlen. Bereits in den 70ern hat Uwe Hacker im Ufo in Bernhausen als DJ begonnen. Heute gilt er als Ur-Vater der Techno-Szene. Man nennt ihn den Sven Väth von Stuttgart, weil er immer als erstes neue Wege ging.

1992 gelang ihm der internationale Durchbruch

Zu seinen Höhepunkten zählt Hacker im Rückblick seine Produktion „D-Sign – Tequierro“, mit der er 1992 fast Goldstatus erreicht hat und die ihm zum internationalen Durchbruch verhalf. Im Jahr 2000 verließ er den Perkins Park und Stuttgart. Der Star-DJ zog nach Ungarn, wo er in Siófok, der Partyhauptstadt am Balatonstrand, im größten und bekanntesten Club dieser Region, dem Fört the Club, für die Musik verantwortlich war. Bis 2016 hatte er dort eine schöne Zeit.

Dann ging es zurück nach Stuttgart. Heute arbeitet Uwe Hacker als Manager bei einem großen ADAC-Abschleppservice. Zurück in die Clubs als DJ zieht ihn nichts mehr. „Du verdienst als DJ nur noch wenig“, sagt er. Allenfalls bei Vip-Events oder besonderen Geburtstagsfeiern legt er gelegentlich noch auf.

„Die Musik ist bei vielen zweitrangig geworden“

Die heutige Clubszene findet er „schlimm“. Sie macht ihm „keinen Spaß“ mehr. Fast überall werde nur noch dieselbe Musik gespielt, es gebe kaum noch Clubs, „die sich wie früher durch ihren eigenen Style auszeichnen“. Die Musik sei bei vielen obendrein zweitrangig geworden, lästert er. Das sei zu seiner Zeit ganz anders gewesen. „Früher ist man wegen der Musik in die Clubs gegangen“, erinnert sich Hacker, „und nicht, um seine Getränke zu fotografieren und bei Instagram zu posten.“

Und doch kehrt die Magie zurück

Am Älternabend hat Uwe Hacker noch mal Spaß. Im Perkins Park wird er oft erkannt, der Kollege Hille sorgt für gute Stimmung. Bei dieser Party mit den Hits von früher, aber auch mit etlichen von heute, fühlen sich die Älteren jung – und die Jungen staunen über die Alten. Der Laden brummt wie zu seinen besten Zeiten, als man Baggern und Flirten noch nicht via Tinder von daheim aus erledigte. „Barship ist besser als Parship“, sagt ein Gast und holt sich gleich noch einen Drink.

Über 40 – und still alive! In dieser Nacht beobachtet man tatsächlich Gäste, die ihr Handy vergessen, keine Selfies machen und beim Tanzen total in der Musik versinken. Die Magie von früher ist zurückgekehrt.

Info

Silvester
Der Perkins Park feiert zum Jahreswechsel einen weiteren Älternabend. Um 19 Uhr geht’s mit einem Büffet los. Wer nicht das Essen buchen will, kommt um 21 Uhr. Karten auf der Homepage des Perkins Park.