Rotfeuerfische gelten unter erfahrenen Tauchern wegen ihrer Bevölkerungszahl als „Pest des Roten Meeres“. Schön anzuschauen sind sie trotzdem. Foto: Sinai Divers

Scharm el Scheich ist mit vier Stunden Flugzeit ein nah gelegenes Ziel für aktive Taucher.

Scharm el Scheich - Das für den Tauchanfänger so beängstigende Geräusch des Luftholens unter Wasser - das bei jedem Atemzug klingt, als sei „Star Wars“-Bösewicht Darth Vader persönlich hinter einem her - ist für den erfahreneren Taucher das entspannendste Geräusch der Welt. Wobei der erste Atemzug unter Wasser jedes Mal wieder eine Überwindung ist. Ist er aber getan, steigen wie zur Bestätigung Tausende Luftblasen an die Wasseroberfläche - man fühlt sich sofort wieder heimisch: im Unterwasserland, einer Welt für sich.

Diese Welt befindet sich bei diesem Tauchgang in der Na’ama Bay vor Scharm el Scheich am südlichen Rand der ägyptischen Sinai-Wüste. Das Hausriff der Tauchbasis der Sinai Divers wirkt auf die ersten paar Meter unter Wasser allerdings etwas karg: Nur wenige Seegrasbüschel recken ihre Hälse aus dem sandigen Boden. Ein paar Meter weiter deutet Tauchführer Kahim jedoch plötzlich in die blauen Weiten: Zwei Adlerrochen kreuzen den Weg der Taucher. Und schon kommt man aus dem Schauen und Staunen nicht mehr heraus: Drei Korallenblöcke lassen sich in 10, 12 und 18 Meter Tiefe in der Na’ama Bay erkunden. Bei der Begegnung mit Rotfeuerfisch und Blaupunktrochen hält der Tauchanfänger ehrfürchtig inne - wobei die beiden Fischarten unter erfahreneren Tauchern wegen ihrer Bevölkerungszahl als „Pest des Roten Meeres“ gelten. Zu den kleinen bunten Anemonenfischen, die in den Korallenblöcken heimisch sind, gesellt sich ein Napoleonfisch in einer derart stattlichen Größe, die selbst eingefleischte Taucher beeindruckt.

Mit einem erfahrenen Tauchführer sieht nicht nur der Neuling mehr. Kahim kennt die Bucht in- und auswendig. Er weiß, in welchen Höhlen die Muränen hausen und wo George, der riesige riffeigene Malabar-Zackenbarsch, seinen Mittagsschlaf hält.

12 bis 24 Stunden vor dem Heimflug darf nicht mehr getaucht werden

Für die richtig faszinierende Artenvielfalt und Farbenpracht muss man allerdings mit dem Boot rausfahren. Denn die Tauchplätze in den Buchten sind durch die Baustellen der vielen Hotels stark geschädigt, wie Georg Heiss vom Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung der Humboldt-Universität Berlin weiß: „Die größte Belastung der Unterwasserwelt durch den Tauchtourismus sind meines Erachtens die Baumaßnahmen an Land“, so der Experte. Während des Baus von neuen Hotels, die oft nah am Strand entstehen, werde der meiste Bauschutt, Müll, Zement und der Sand, der abgegraben wird, direkt ins Meer geleitet. „Da gibt es leider wenig Kontrollen“, sagt Heiss.

Für das Tauchen vom Boot aus muss man seinen Reisepass dabei und darin ein spezielles Visum haben. Dieses bekommt man nach der Landung am Flughafen oder vom Reiseveranstalter. Da es in Scharm el Scheich seit einigen Jahren ein Ankerverbot für Tauchboote gibt, sind durch diese keine größeren Schäden mehr an den Korallen zu befürchten. Manche Tauchplätze sind aber nicht für alle Taucher geeignet. Im Nationalpark Ras Mohammed gibt es schon mal die eine oder andere starke Strömung, mit der man umzugehen wissen sollte. Belohnt wird man dafür mit einer atemberaubenden Artenvielfalt.

Die Zeit vor dem Rückflug, die der Taucher wegen des Stickstoffgehalts in seinem Blut an Land statt in den Tiefen des Meeres verbringen muss, vertreibt er sich ungern nur am Strand liegend. Das Wasser nur zu beobachten, ohne es zu erkunden, ist für ihn mehr Strafe als Erholung. Für die Zwangspause bietet sich zum Beispiel ein Ausflug zum Katharinenkloster an. Wobei auch hier zuvor gerechnet werden muss. Das Kloster, das als Pilgerstätte der drei großen Weltreligionen gilt, liegt immerhin auf 1570 Meter Höhe - nicht dass es in den Gliedmaßen zu kribbeln beginnt. Empfohlen wird, den Ausflug frühestens 24 Stunden nach dem letzten Tauchgang zu machen.

Wer nur die allernötigste Zeit vor dem Rückflug tauchfrei verbringen möchte, kann die, je nach Tauchzeitsumme 12 bis 24 Stunden, für einen Besuch in Dahab nutzen. Das ehemalige Fischerdorf liegt etwa 80 Kilometer nordöstlich von Scharm el Scheich. Das Flair der ehemaligen Hippie-Enklave ist bis heute auf der Uferpromenade mit ihren kleinen Läden zu spüren: Von Shisha-Tabak über Hippie-Taschen, -Tücher und -Schmuck ist hier nahezu alles zu haben. Und das ganz ohne Gefahr für das Taucherblut.

Ein Vorteil von Ägypten als Reiseziel für Taucher ist, dass es in nur wenigen Flugstunden zu erreichen ist. Einziger Nachteil: Daher ist man selten unter sich, die schönen Tauchplätze sind oft überfüllt. Man begegnet mitunter mehr Taucher- als Fischflossen.

Infos zu Scharm el Scheich

Reisewarnung
Das Auswärtige Amt rät wegen der unübersichtlichen Sicherheitslage nach der Revolution von Überlandfahrten ab. Auf dem Sinai kam es in letzter Zeit zu kurzen Entführungen und Geiselnahmen. Ein Aufenthalt in den Touristenzentren wird aber als ungefährlich eingeschätzt. Aktuelle Reisewarnungen gibt es im Internet unter www.auswaertiges-amt.de oder unter Telefon 0 30 18 / 17 20 00.

Anreise
Es ist oft günstiger, Pauschalreisen zu buchen als Flug und Hotel einzeln. Eine Woche gibt es bei ETI oder L’Tur inklusive Flug ab Stuttgart oder München ab 360 Euro (www.eti.de, www.ltur.com).

Tauchen
In Scharm el Scheich gibt es rund 60 Tauchbasen. Zu den bekanntesten zählen der Camel Dive Club (www.cameldive.com), Divers International (www.diversintl.com), Diving World Red Sea (www.divingworldredsea.com) und die Sinai Divers (www.sinaidivers.com). Ein Tauchgang kostet etwa 40 Euro. Eine medizinische Tauchtauglichkeitsbescheinigung ist Voraussetzung - die meisten Hausärzte führen diese durch (Kosten rund 100 Euro).