Martin Schäfer Foto: Andreas Hennings

Bienen kommen mit einer ausgefeilten Technik durch den Winter. Deutlich wird das in Oberstenfeld.

Oberstenfeld - Sie ist eine emsige Arbeiterin, und sie ist unabdingbar, um an Pflanzen und Bäumen Früchte heranreifen zu lassen: die Biene. Von ihrem Bienenstock aus fliegt sie in der warmen Jahreszeit von Blüte zu Blüte, um Nektar einzusammeln. Jeder Honigliebhaber weiß das umso mehr zu schätzen. Doch was spielt sich in einem Bienenvolk eigentlich im Winter ab? Der Blick hinter die Türe eines Bienenstocks von Hobbyimker Martin Schäfer aus Oberstenfeld gibt Aufschluss darüber.

Zunächst die Enttäuschung: Allzu viel ist nicht zu sehen, sobald der Deckel des Bienenstocks geöffnet ist. Nur wenige Bienen klettern langsam auf den Waben umher. Erst der Blick hinunter an den Fuß des Bienenstocks verrät das Geheimnis, wie die Tiere überwintern: Sie bilden eine große Wintertraube, um die Königin im Zentrum zu wärmen. Ein Akt der weihnachtlichen und winterlichen Nächstenliebe? Bedingt. Denn für die Tiere geht es ums Überleben. Oder besser gesagt: Um das Überleben der Königin. Denn sie ist mit 2000 bis 3500 Eiern, die sie im Sommer täglich legt, die Voraussetzung für den Fortbestand des Bienenvolks. Dieses besteht im Sommer aus rund 50 000 – im Winter gerade einmal aus 5000 bis 10 000 Tieren. Dennoch beschreibt Martin Schäfer die Königin als „die eigentlich ärmste Kreatur im Volk. Sie ist nur da, um Eier zu legen.“

Dabei wird unterschieden zwischen der Sommer- und der Winterbiene. Denn während die Sommerbiene immer fleißig umherfliegt, mit sechs Wochen aber eine vergleichsweise kurze Lebensdauer hat, sind die Winterbienen kaum in Bewegung. Sie leben dafür aber den ganzen Winter. Allein ihr Stoffwechsel und das Zittern ihrer Brustmuskeln lassen im Zentrum der Wintertraube eine Temperatur von 20 Grad Celsius entstehen. Genug, um die Königin am Leben zu halten. Da es am äußeren Rand der Handball-großen Traube deutlich kälter ist, wechseln sich die Bienen in ihrer Position ab – wenn auch im langsamen Tempo. „Das hat die Natur clever eingerichtet. Bienen sind in der Hinsicht aber keine einzelnen Tiere. Vielmehr bildet ein Volk einen Organismus“, schwärmt Hobbyimker Martin Schäfer, der rund um Oberstenfeld etwa 20 Bienenvölker besitzt.

Jedem dieser Völker gibt er als Ersatz für den entnommenen Honig rund 16 Kilogramm Zuckersirup als Wintervorrat. Um gut durch den Winter zu kommen, bedarf es aber noch einer weiteren Zutat: Ruhe. Denn jede Unruhe erhöht den Stoffwechsel der Tiere und verkürzt somit die Lebensdauer. Und da die Bienen im Winter nicht aus dem Bienenstock können, um ihren Kot loszuwerden, besteht bei Unruhe die Gefahr von Darmkrankheiten. Entsprechend hat Martin Schäfer an der unteren Öffnung des Bienenstocks Maschendrahtzaun befestigt, damit zum Beispiel Spitzmäuse vom Volk abgehalten werden.

So darf der Winter aus Sicht des Imkers auch gerne frostig kalt werden. „Viel schlimmer ist es für den Stoffwechsel der Bienen, wenn die Temperaturen zwischenzeitlich deutlich steigen, um dann wieder zu sinken. So wie vor zwei Jahren, als die Bienen an Weihnachten geflogen sind.“

Und die geheimnisvolle Tür des Bienenstocks? „Die bleibt im Winter geschlossen“, meint Martin Schäfer. Für unsere Adventsserie wirft auch er einen letzten Blick in den Bienenstock – erst im Frühjahr wird er sehen, wie gut das Bienenvolk die kalte Jahreszeit überstanden hat. Sobald dann die Temperaturen steigen, beginnt die Königin wieder zu brüten, die Arbeiterinnen pflegen die Eier, und die Zahl der Tiere nimmt zu – ein neues Bienenjahr beginnt.