Nicht nur einzelne Grafiken sind in der Kunsthalle zu sehen, sondern auch eine ganze Reihe Künstlerbücher. Die Kuratorin Melanie Ardjah blättert in einem Exponat. Foto: Ines Rudel

In der Zeit bis Weihnachten öffnen wir an jedem Tag ein Türchen zu einem interessanten Ort in der Region Stuttgart, der sonst verschlossen ist. Am Nikolaustag blicken wir hinter die Kulissen der Göppinger Kunsthalle.

Göppingen - Verschlossen ist die Göppinger Kunsthalle dem Publikum nicht. Ganz im Gegenteil, Besucher sind stets hochwillkommen. Doch was sie zu sehen bekommen, ist das Produkt langwieriger Vorbereitungen. „Es steckt sehr viel Arbeit drin, das sieht man nicht“, sagt Werner Meyer, der Direktor der Kunsthalle. Zwei Jahre hat zum Beispiel gedauert, bis die Ausstellung „Pablo Picasso und die Literatur“ stand, die jetzt eröffnet hat.

Doch wie kommen die Kunstwerke in die Kunsthalle? Werner Meyer lächelt süffisant. Zu erzählen hätte er viel, das ist ihm anzusehen. Doch die in seinem Metier gebotene Diskretion verbietet Redseligkeit. Nur so viel verrät er: Im Fall Picasso sei es eine Detektivarbeit gewesen, an viele der Grafiken zu kommen, die nun in der n Ausstellung präsentiert würden.

Buchillustrationen Picassos sind ein fast unerforschtes Terrain

Die Kunstwerke fliegen den Ausstellungsmachern eben nicht einfach zu, schon gar nicht, wenn die Schau thematisch Neuland betritt und den Anspruch hat, einen inhaltlich fundierten Einblick in Picassos Schaffen zu bieten, wie das in Göppingen der Fall ist. Vielmehr müssen die Arbeiten, die thematisch dazu passen, aufgespürt werden – keine einfache Aufgabe, da die meisten Sammlungen im Verborgenen blühen und viele Sammler die Öffentlichkeit scheuen. Bei der Picasso-Ausstellung hatten die Kuratoren mit einer weiteren Schwierigkeit zu kämpfen: Die Buchillustrationen des spanischen Jahrhundertkünstlers sind ein weitgehend unerforschtes Terrain.

Die Namen der privaten Leihgeber will der Kunsthallenchef unter keinen Umständen preisgeben, auch nicht die Orte, an denen diese Sammler leben. Es sei Vertrauenssache, solche Kunstwerke als Leihgaben zu bekommen. Mit einer Geschichte rückt er dann doch herüber. Auf der Suche nach einem bestimmten von Picasso gestalteten Buch besuchten er und die Kuratorin Melanie Ardjah einen Sammler in seinem Haus. „Dort fanden wir eine Buchsammlung vor, total geordnet, perfekt, und der Sammler hat die auch alle gelesen“, erzählt Werner Meyer. Dies sei schon beeindruckend genug gewesen, „da zieht er, während wir in dem einen Buch blättern, noch ein zweites und drittes von Picasso gestaltetes Buch hervor“. Das Ende der Geschichte ist ganz nach Meyers Geschmack: „Wir sind mit mehr abmarschiert, als wir vorgesehen hatten.“

Das Licht muss stimmen, damit die Werke keinen Schaden nehmen

Nicht nur in Sachen Picasso wurden die Göppinger fündig. In den Regalen des Sammlers entdeckten Werner Meyer und Melanie Ardjah noch weitere Kostbarkeiten, etwa ein von dem spanischen Maler Joan Miró gestaltetes Buch. Der Sammler selbst sei ein profunder Kenner der Materie. Er wisse nicht nur über die bildende Kunst Bescheid. Er sei auch bewandert im Buchsatz und in der Literatur. Im Übrigen seien Sammler keineswegs „reiche Pensionäre“, sondern meistens Menschen, die mit beiden Beinen im Leben stünden, so Meyer.

Dass solche leidenschaftlichen Sammler Meyer und seinen Mitarbeitern ihre Türen öffnen, ist kein Zufall. Die Professionalität des Teams sei bekannt, und die Kunsthalle genieße eine internationale Reputation, sagt Meyer nicht ohne Stolz. „Wir sind Spezialisten, wir sind begeistert, wir sind aber auch Kunsthistoriker.“ So verstehe es sich auch von selbst, dass mit den Arbeiten pfleglich umgegangen werde. Eigens für die Picasso-Ausstellung habe man in der Kunsthalle einen „klassisch musealen Rahmen“ geschaffen. „Das Licht ist auf 50 Lux eingestellt, damit die wertvollen Blätter keinen Schaden nehmen.“